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Engelsstern

Engelsstern

Titel: Engelsstern
Autoren: Jennifer Murgia
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konnte, dann warf sie mir noch einen kurzen Blick zu. »Bin gleich wieder da. Mach die Augen zu und ruh dich aus.« Weg war sie.
    Weil mir nichts Besseres einfiel, tat ich wie befohlen, bereute das aber sofort. In der sterilen Stille des Zimmers machten sich meine Gedanken selbstständig und suchten nach Spuren von Garreth. Ich hatte mich nochnie so einsam gefühlt. Ich versuchte, Flattergeräusche in den Ecken des kleinen Zimmers oder von hinter der Gardine heraufzubeschwören, aber ohne Erfolg.
    Beinahe hatte ich mich schon damit abgefunden, da hörte ich was. Nur schwach, aber immerhin. Ich spürte ihn in meiner Nähe. Ich roch ihn, auch wenn es nicht rein sein Geruch war. Er mischte sich mit dem Geruch des Feuers in der Kapelle, würzig, beißend, rauchig – aber immer noch sein Geruch. Ich war versucht, die Augen aufzumachen, um nachzusehen, ob er wirklich da war. Aber ich wusste ja, dass er das nicht war. Nicht hier. Um die Illusion nicht zu zerstören, hielt ich die Augen fest geschlossen.
    »Du kannst sie aufmachen, Dummerchen.« Seine Stimme klang wunderschön, heiser.
    »Ich will nicht. Du bist nicht wirklich da, und wenn ich dich nicht sehe, geht’s mir furchtbar.«
    »Mach sie auf«, sagte er sanft. Er hob meine verbundene Hand an und legte sie vorsichtig an meine Seite.
    Ich machte die Augen auf und sah nichts als grelles Licht vor mir. Ihn sah ich nicht. Warum hatte ich auf ihn gehört? So würde es von jetzt an immer sein, bis meine Zeit kam, ihm zu folgen. Besser, ich gewöhnte mich gleich dran. Aber dann verschwand die Sonne hinter einer Wolke und nahm ihr Licht mit, und ich schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Du bist hier? Wirklich und wahrhaftig? Wie?«
    Ich muss total bescheuert ausgesehen haben, wie ich da in meinem weiß-blauen Krankenhaushemd saß undüber beide Ohren grinste. Dann begriff ich und war noch verblüffter. Garreth saß ebenfalls mit einem weiß-blauen Krankenhaushemd bekleidet auf meiner Bettkante, nur sah er darin im Gegensatz zu mir unglaublich gut aus. Wir fingen beide an zu lachen, und er beugte sich vor und küsste mich.
    »Du bist real?« Das war mehr an mich selbst gerichtet, aber die Frage flutschte laut heraus.
    »Du hast vielleicht eine Macht. Das hab nicht mal ich geahnt.«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich wusste nicht, was ich sagen oder fragen sollte.
    Garreth fuhr fort. »Es lief alles auf eins hinaus. Wahrheit.« Wieder hob er meine bandagierte Hand hoch. »Es ist schwer, mit sich selbst in Einklang zu sein, aber du hast es geschafft. Du hast an dem festgehalten, was dein Herz glaubt, und dich nicht davon abbringen lassen. Du hast dich nie selbst verloren. Obwohl du sogar zugibst, dass in dir eine dunkle Seite lauert, hast du nicht nachgegeben. Es war fast unmöglich, Hadrian zu durchschauen, Mathur und die anderen Schutzengel sind sehr stolz auf dich.«
    »Aber wie kannst du hier bei mir sein? Ich dachte, du wärst für immer weg. Das Feuer …«
    Sein Kuss beendete mein Gebrabbel. »W ie es aussieht, bleibe ich hier.«
    »Du meinst …?« Ich stolperte über meine Worte. »Du bist …?«
    »Nein, nicht ganz, nicht wie du. Als du mir gefolgtbist, hat mir das gezeigt, dass man Risiken eingehen muss für das, an das man glaubt, auch das Risiko zu scheitern. Verstehst du, ich muss bleiben.«
    Ich traute meinen Augen und Ohren nicht. Er sah vollkommen menschlich aus, so zerzaust und erschöpft, wie er war. Und für mich hätte er gar nicht schöner sein können.
    »V ersteh mich nicht falsch, ich finde schon noch Wege, dich zu beschützen.« Er kicherte. »V ielleicht bitte ich dich auch ab und an um Schutz. Deinetwegen werde ich noch arbeitslos.«
    Ich hatte keine Ahnung, was er meinte.
    » Du hast mich vor dem Feuer gerettet.« Seine blauen Augen ließen mich dahinschmelzen.
    »Ich hab dich gerettet? Wie denn?«
    Hatte der Arzt das gemeint?
    »Du hast mich im Wald gefunden. Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, aber du hast mich da rausgeschleppt. An der Straße hast du dann ein Auto angehalten. Jetzt sind wir hier.«
    Er lächelte und küsste mich wieder. Ich schloss die Augen, stellte mir das Ganze bildlich vor und fand es surreal.
    Nur ihn nicht. Er war real. Er war hier, und ich würde ihn nie wieder verlieren.
    Dann zog ein kalter Hauch durch mich hindurch. Die Wahrheit. Ich hatte die Wahrheit freigesetzt.
    Hadrian.
    Ich zog Garreth fester an mich und wollte um alles in der Welt die Fragen vertreiben, die mir durch den Kopfschwirrten. Aber ich war es
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