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Engelsleid (German Edition)

Engelsleid (German Edition)

Titel: Engelsleid (German Edition)
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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Sonne so grell, dass Laura eine Hand über die Augen hob, um sie vor der extremen Helli g keit zu schützen. Es sah beinahe so aus, als würde die Sonne diese Wolkenballung auseinander drängen, um sich Platz zu verscha f fen . Ob die Automatik der Digitalkamera mit diesen außerg e wöhnlichen Lichtverhältnissen klarkam? Am besten, sie machte Bilder mit verschiedenen Einstellungen. Laura begann zu fotogr a fieren. Die Sichtung der Bilder auf dem Kameradi s play ergab extrem kontrastreiche Aufnahmen, fast so, als wäre Nacht und die Sonne auf den Bildern der Mond. Als ein Donner zu hören war und Bli t ze zwischen den Wolken hin und her zuckten, zog Laura instin k tiv den Kopf ein. Zugleich war sie Profi genug und immer auf der Jagd nach dem Besonderen, nicht nur redaktionell, so n dern auch fotogr a fisch.
    Noch während sie verschiedene Einstellungen ausprobierte, änderte sich das Himmelsbild und nur wenige Minuten später war alles vorbei. Die Wolken hatten sich zu einem gleic h mäßigen Schleier auseinandergezogen, der sich nach und nach auflöste. Wie in einem Science - Fiction, schoss es ihr durch den Kopf.
    Unschlüssig , was sie mit dem angebrochenen Tag anfangen sollte, stieg sie in ihren Wagen, der völlig überhitzt war. Die Kl i maanlage hatte einige Mühe, die Temperatur auf ein erträgl i ches Maß herunterzukühlen. Das Mineralwasser aus der Flasche, die seit der Abreise von zu H ause im Auto gelegen hatte, schmeckte abgestanden. Etwas anderes hatte Laura jedoch nicht dabei und ihre Zunge klebte bereits am Gaumen fest.
    Als sie die staubige Zubringerstraße zurückfuhr, hatte sie noch keinen Plan, wohin sie nun fahren sollte. Ach, sie würde sich einfach treiben lassen und weiter über das n ac h denken, was in der vergangenen Nacht passiert war.
    So plötzlich , wie Azaradeel erschienen war, so unvermittelt hatte er sich kurz vor Morgengrauen verabschi e det . Wie er das mit dem Licht gemacht hatte, wusste sie nach wie vor nicht. Sie hatte vergessen ihn zu fragen und hakte es als eine der mystischen Fähigkeiten ab, über die ein Engel offenbar ve r fügte. Hatte sie bis zuletzt Zweifel an seiner Identität gehabt, so schwanden diese, als er sich auf das Fenstersims schwang, sich in die Luft erhob und davonflog.
    Merkwürdig. Engel sahen in ihrer Vorstellung so aus, wie sie von Malern und Bildhauern über die Jahrhunderte dargestellt worden waren. Azaradeel jedoch hatte damit nichts gemein. Sie fühlte sich hilflos, nachdem er gegangen war, und zu akzeptieren, dass er ihr Vater sein sollte, fiel ihr auch jetzt noch schwer, und vor allem, welche Aufgabe ihr zugeteilt worden war. Hätte sie eine Wahl, würde sie sich ihr gewiss nicht stellen. Es war für sie ganz und gar undenkbar, dass sie es alleine mit Giuseppe aufne h men sollte.
    Kurz bevor er gegangen war, hatte Azaradeel ihr gesagt, dass er unter der Kante des Altars einen Dolch verstecken würde, und diesen solle sie Giuseppe in den Hals rammen. Wie stellte er sich das vor? Er erwartete ganz selbstverständlich, dass sie kampfb e reit und entschlossen einem Dämon trotzte, von dem sie bis vor wenigen Stunden geglaubt hatte, er wäre ein Mensch wie sie. Nein, falsch. Sie hatte geglaubt, Engel und Dämonen seien nur Fantasiegestalten, und nun musste sie sich ganz schnell damit abfinden, dass dem nicht so war.
    Ziellos folgte Laura der Hauptstraße, bis irgendwann ein Landgasthof auftauchte. Etwas Kühles zu trinken und ein Schuss Alkoholisches, das wäre jetzt ganz in ihrem Sinne und würde sie aufmuntern, und selbst wenn ihr n ichts zu tun einfiele, würde sie einfach den ganzen Nachmittag sitzen bleiben, die Bilder von der Kamera auf ihren Laptop laden und an Theo mailen. Dann konnte er schon mal einen Teil ihrer Texte auf den Heftse i ten verplanen – falls dieses jemals herauskommen würde. Und was Giuseppe von ihrem Alleingang hielt, war ihr im Moment egal. Sollte er doch glauben, sie wäre launisch oder bräuchte A b stand von seinen sexuellen Annäherungen, was im Grunde genommen der Wah r heit nahekam.

30
    Verkannte Gefahr
     
    Dreimal hatte das Telefon vibriert, das Laura auf den Tisch vor sich gelegt hatte. Zweimal war die Rufnummer nicht angezeigt worden. Da sie jedoch vermutete, dass dies Giuseppes Anrufve r suche waren, hatte sie darauf verzichtet, abzunehmen.
    Obwohl sie kaum Appetit hatte, hatte ihr die Pizza Carbonara, die sie sich bestellte, dann doch sehr gut geschmeckt. Vielleicht wunderte sich der Ober, dass sie so lange
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