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Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln

Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln

Titel: Engelskuss und Weihnachtstraum - eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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saharatrocken. Kann garantiert nicht singen! Bekomme einen Schluckauf. Und Magendrücken.
    Der Junge aus der Zehnten, Nick, schminkt mich. Sagt, er fasse eine Laufbahn als Visagist ins Auge. Was’n das?
    Jemand schreit: »Der Saal ist knallvoll! Die Leute schleppen Extrastühle ran!«
    Noch zehn Minuten. Blick in den Spiegel. Schock – bin das ich, die Mumie?
    Und dann … dann…



Es war später Abend, als wir um den Tisch herum saßen, auf dem die vier Kerzen am Adventskranz leise flackerten: Vater, Mutter, zwei Töchter in Schlafanzügen. Ma hatte mir einen Kakao gekocht – zum Runterkommen, wie sie sagte – und wie immer passte ich auf, dass sich keine Haut bildete.
    Â»Großes Ehrenwort«, sagte ich und rührte den Kakao um. »Niemand wusste davon.«
    Paps legte den Arm um mich und zog mich an sich. »Du hast das ganz, ganz toll hingekriegt. Ich bin stolz auf dich, Mirja. So geistesgegenwärtig, wie du reagiert hast – alle Achtung. Hut ab.«
    Â»Na ja … danke.«
    Meine Ma hielt ein Tannenzweiglein in eine Flamme; es prasselte ein bisschen, dann stieg mir der würzige Duft der glimmenden Nadeln in die Nase. »Aber warum?«, wollte sie wissen. »Warum hat er ausgerechnet bei der Aufführung das Script geändert? Tollkühn war das; er hat den totalen Flopp riskiert.«
    Wo Ma recht hatte, hatte sie recht. »Stimmt. Hat er.«
    Â»Wenigstens dich hätte er einweihen sollen«, meinte sie dann.
    Als wir heimgekommen waren, war ich furchtbar aufgedreht gewesen; inzwischen fühlte ich eine Lässigkeit, die sehr angenehm war. »Ich wäre ausgeflippt«, sagte ich. »Ich hätte nicht singen und nicht schauspielern können; dazu wäre ich viel zu … nervös gewesen. Ne, er hat das einfach gut gemacht.«
    Â»Oh Mann.« Meine kleine Schwester verdrehte sehnsuchtsvoll die Augen. »Ich wünschte, er wäre mein Freund. Warum bist du älter als ich? Meinst du, es gibt auf der ganzen Welt noch einen zweiten Jungen, der so ist wie er? Weil – dann warte ich auf den.«
    Â»Okay. Mach das. Die Frage ist nur, wie du ihn findest.« Ich lächelte Leonie an. »Da fällt mir ein: Er hat einen jüngeren Bruder. Wie wär’s mit dem? Er heißt Murat.«
    Â»Blödsinn«, sagte unser Paps. »Leonie ist erst neun Jahre alt. Sie ist noch ein KIND !«
    Leonie schlug die Augen nieder. »Och, Paps. Was weißt du schon von Liebe?!«
    Darauf lachte Ma so sehr, dass sie sich verschluckte und Pa hastig zum Thema Weihnachtsmusical zurückkehrte. »Wer war denn der Junge am Klavier? Er konnte vorzüglich spielen.«
    Â»Das war Linus; er will Musiker werden. Aber bevor du mich über die Leute aus dem Chor und Orchester ausfragst – es war ein Gemeinschaftsprojekt aller Schulen.«
    Â»Aha. Tolle Leistung von diesem Musiklehrer. Wie hieß er noch?«
    Â»Chris Löwenfeld.« Ich gähnte. Auf einmal war ich sehr müde. »Ich muss ins Bett. Paps, feierst du Heilig Abend mit uns?«
    Er zögerte. »Wenn deine Mutter nichts dagegen hat …?«
    Ich musste schon wieder gähnen. »Okay. Macht das unter euch aus. Gute Nacht.«
    Als würden Sandsäcke daran hängen, so schwer fühlten sich meine Beine an, als ich die Treppe hochging. Ich kroch ins Bett, streckte mich wohlig aus, zog die Decke hoch bis zur Nasenspitze, machte die Augen zu – und im Nu war ich hellwach und erinnerte mich an jede Einzelheit: an den rappelvollen Saal. An die Leute, die nur noch einen Stehplatz bekamen. An die kleinen Fünfer und Sechser, die ihren Familien zuwinkten. An Pa, der fast zu spät gekommen war und sich ganz selbstverständlich zwischen Ma und Leonie setzte. An Nick aus der Zehnten, der ständig mit seinen Schminkpinseln unser Make-up nachbesserte und uns schrecklich damit nervte. An unseren Kaiser Augustus, dem der Lorbeerkranz immer über die Augen rutschte, bis Nick auf den genialen Einfall kam, ihn mit etlichen Streifen Tesafilm aufs Haar zu kleben. An die Wimmelbildleute, die noch nervöser waren als wir, die Solisten. An den Leiterwagen, bei dem sich kurz vor Beginn der Aufführung ein Rad löste. An Lilli, Amanda und Mareike, die, wir konnten’s nicht fassen, in der Behelfsgarderobe ihre Stimmen schmierten, indem sie Tonleitern rauf und runter sangen. An Jonas, der mich hinter der Bühne abpasste. »Bist du das wirklich,
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