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Engelsfluch

Engelsfluch

Titel: Engelsfluch
Autoren: Joerg Kastner
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wusste ich nichts! Als ich bei ihm vorsprach, um seine Hilfe bei meinen Recherchen zu erbitten, verwickelte er mich geschickt in ein Gespräch über meinen Glauben. Vielleicht hat er gespürt, dass ich schon lange schwankend war in der Auffassung, ob die Kirche noch für Gott steht. Vielleicht hatte er auch Erkundigungen über mich eingeholt, ich weiß es nicht.
    Aber er brachte mich dazu, ihm zu vertrauen und zu glauben, dass er nur das Beste für die Kirche und für die Gläubigen wollte. Deshalb habe ich ihm Informationen gegeben. Aber ich ahnte nicht, wofür er sie missbrauchen wollte. Als die Killer in Marino auftauchten und Leone Carlini quasi vor meinen Augen umbrachten, wurde ich zum ersten Mal stutzig. Aber die volle Wahrheit wurde mir erst klar, als Lavagnino seine Taten offen zugab.« Sie schwieg eine Sekunde, bevor sie fragte: »Seit wann weißt du davon, Enrico?«
    »Ich ahnte die Wahrheit viel zu spät. Erst vorgestern, als du fast zusammengeklappt bist, während Lavagnino so freimütig seine Machenschaften eingestand. Da wurde mir klar, dass du immer in der Nähe warst, wenn etwas Entscheidendes passierte.
    Dein geheimnisvoller Informant im Vatikan, von dem du mir erzählt hast, ist niemand anderes als der Kardinalpräfekt.
    Wirklich ein gut informierter Mann! Wusste Lavagnino von dir, dass ihn beim Besuch im Landhaus meines Vaters eine Falle erwartete?«

    Vanessa wich Enricos anklagendem Blick aus und nickte nur.
    »Vanessas Schuld ist nicht größer als meine«, sagte Tomás Salvati. »Du magst dich zu Recht verletzt und verraten fühlen, Enrico, aber bedenke, dass Vanessa nicht aus bösem Willen handelte, sondern selbst eine Verführte war, eine Verratene.«
    Enrico wollte das nur zu gern glauben. Er fühlte sich nach wie vor zu Vanessa hingezogen. Aber gerade deshalb wog ihr Verrat so schwer. In den letzten Tagen waren sie wie Liebende gewesen, aber jetzt musste er sich fragen, ob sie ihm auch das nur vorgespielt hatte. Er suchte die Antwort in ihren Augen, aber sie wandte den Blick von ihm ab.
    Die Stahltür vor der unterirdischen Zelle wurde geöffnet, und das metallische Geräusch fand ein hohles Echo. Enrico sah einen Wachtposten mit umgehängter Uzi-Maschinenpistole und einen Mann in der Kleidung eines Kardinals, der die Zelle betrat. Es war Lavagninos rechte Hand, Araldo Ferrio. Er blieb mitten im Raum stehen, rückte seine randlose Brille zurecht und sah Enrico an.
    »Schön, dass Sie wieder bei Kräften sind. Der gute Dr.
    Brusio zweifelte schon an seiner ärztlichen Kunst und dachte, er habe Ihnen eine zu hohe Dosis des Schlafmittels gespritzt.«
    Tomás Salvati ergriff das Wort: »Ausschlaggebend war nicht das Schlafmittel, sondern dieser Ort. Die Kraft des Sees hat meinen Sohn in ihren Bann gezogen. Aber er war stark genug, um ihr zu widerstehen.«
    Ferrio sah zufrieden aus. »Er reagiert also auf die Engelsmacht, sehr schön. Dann wird sie auch auf ihn ansprechen. Alles andere hätte mich auch gewundert, schließlich ist er Ihr Sohn.«
    »Die Engelsmacht?«, wiederholte Salvati. »Das habe ich bis vor kurzem auch geglaubt, aber jetzt kenne ich die Wahrheit: Es ist der Engelsfluch, der das Verderben über die Welt bringen kann!«
    »Nicht das Verderben, sondern die Rückkehr der himmlischen Kraft«, widersprach Ferrio. »Seine Eminenz, Kardinalpräfekt Lavagnino, ist sich da sicher.«
    »Er täuscht sich«, erwiderte Enricos Vater und schlug einen beschwörenden Ton an. »Oder er führt Sie absichtlich in die Irre, so wie er uns alle hinters Licht geführt hat. Er bringt die gesamte Christenheit, die Menschheit, in Gefahr. Der Engelsfluch darf nicht entfesselt werden!«
    Ferrio blickte Salvati unbeeindruckt an. »Es ist schade, dass Sie uns nicht weiter unterstützen, Salvati. Sie wären ein guter Papst gewesen. Bleiben Sie also ruhig noch eine Weile hier bei Ihrem Sohn und dem anderen verräterischen Papst! Wir lassen Sie holen, wenn wir Sie brauchen.«
    Er ging hinaus, und der Wachtposten verschloss die Tür wieder.
    »Was ist dieser Engelsfluch?«, fragte Enrico. Custos setzte sich auf den einzigen Schemel im Raum und verzog kurz das Gesicht. Offenbar hatte er Schmerzen, wohl aufgrund seiner Verletzungen. »Erinnern Sie sich an unser Gespräch über die gefallenen Engel?«
    »Ja, sehr genau.«
    »Wie Sie wissen, habe ich auch die Schriften des Henoch erwähnt, die nicht in unsere Bibel Eingang gefunden haben.«
    Enrico nickte. »Mit Ausnahme von Äthiopien.«
    Custos lächelte.
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