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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht
Autoren: Sara Paretsky
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Darraugh. »MacKenzie, Vic, würdet ihr bitte noch dableiben? Ich komm' dann später zu dir runter, Charlie, um den Fall Netherlands zu besprechen. Ach ja, Luke, wir sehen uns um drei, oder? Wir müssen noch über die Anlage in Bloomington reden.«
    Alle anderen verdrückten sich artig. Ken ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken, die Hände tief in den Taschen seiner Jeans vergraben, und stieß einen Seufzer aus, den die Linguisten weltweit als Zeichen der Verachtung für die gesamte Erwachsenenwelt deuten.
    Darraugh hob die Hand, um seinen Krawattenknoten zurechtzurücken. »Darf ich vorstellen? MacKenzie Graham, mein Sohn. - Victoria Warshawski.« »Dein Vertreter«, murmelte Ken in Richtung seiner Brust.
    Darraugh tat so, als habe er ihn nicht gehört. »MacKenzie hat gerade Pause am College. Nur vorübergehend, wie wir hoffen.«
    »Kann ich nachvollziehen«, rutschte es mir heraus.
    Mein Klient machte ein finsteres Gesicht, aber Ken hob, plötzlich interessiert, den Kopf.
    »Er studiert in Harvard. Das ist in unserer Familie seit zweihundert Jahren Tradition«, preßte Darraugh hervor.
    »Wenn ich mit der Tradition gebrochen hätte und nach Yale gegangen wäre, sähe es jetzt auch nicht anders aus«, meinte Ken.
    »Soll ich jetzt so was wie ein Frage- und Antwortspiel mit euch spielen oder was? Hätt's denn einen Unterschied gemacht, wenn er nach Berkeley gegangen wäre?«
    »Na klar«, herrschte Darraugh mich an. »Wenn er nach Yale oder Berkeley gegangen wäre, hätte er keine Bewährung - dann müßte er jetzt selber sehen, wie er sich sein Geld verdient. Aber die in Harvard geben ihm ein Jahr frei. Nächstes Jahr im Januar kann er dann wieder zurück, wenn er sich ordentlich aufführt ... «
    »Soll heißen, wenn ich in Gedanken, Worten und Werken rein wie ein Lämmchen bleibe«, fiel sein Sohn ihm ins Wort. »Man hat mich beim Hacken erwischt. Das machen alle, aber bestraft werden nur die, die man erwischt.«
    »Was du nicht sagst. Und die anderen tausend Sachen verschweigst du einfach, nach dem Motto: Unterschlagen tut doch jeder, nur Iwan Boeski hat sich erwischen lassen.«
    Ken wurde rot und starrte wieder seine Gürtelschnalle an. »Es ist nämlich so«, meinte Darraugh, »daß der junge Mann auch beim Staat Bewährung hat. Er hat sich einige geheime Akten des Energieministeriums angeschaut. Wenn ich nicht ein paar Leute in Washington kennen würde, müßte er jetzt fünf bis zehn Jahre in Leavenworth absitzen.«
    »Dann hat es sich wenigstens gelohnt, daß du Alec Gantner die ganzen Jahre über soviel Geld hast zukommen lassen. Eine deiner besten Investitionen«, murmelte Ken. »Freut mich, daß alles so glimpflich verlaufen ist«, sagte ich, so höflich ich konnte. »Ich hoffe, daß Sie Ihren Abschluß schaffen. Sie studieren doch Informatik, oder?« »Nein, russische Literatur. Computer sind bloß mein Hobby.« »Ich erzähle Ihnen das alles nicht, damit Sie sich drüber lustig machen können, Warshawski. Ich brauche Ihre Hilfe. Ken muß zweihundert Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten. Ich möchte, daß Sie das arrangieren.«
    Ich schluckte ein paarmal. »Aber Sie sitzen doch in den ganzen Ausschüssen, oder? Im Förderkreis für die Symphoniker und so. Sie kennen doch sicher Dutzende von gemeinnützigen Einrichtungen, die ihn nehmen.«
    »Um solche Sachen hat sich immer meine Frau gekümmert«, meinte Darraugh steif, als gestehe er eine Schwäche ein. »Und das Art Institute akzeptieren sie nicht als gemeinnützige Einrichtung. Ich zahle Ihnen natürlich Ihr übliches Honorar.« Darraugh war seit fast zehn Jahren Witwer. Nach dem Tod seiner Frau hatte er sich in die Arbeit gestürzt, und irgendwann war das zur Gewohnheit geworden, er konnte nicht mehr anders.
    »Ich wollte Schulkindern zeigen, wie man Hacker sein kann, ohne sich erwischen zu lassen, aber mein Bewährungshelfer hält das nicht für eine gute Idee.« Ken schaute mich so vielsagend an, als habe er mich eben auf eine Probe gestellt, die ich ohnehin nicht bestehen könne.
    »Wie einfallslos. Tja, Darraugh, ich kenne eine ganze Reihe von Einrichtungen, die jemanden mit Computerkenntnissen brauchen könnten, aber ein Typ mit einem so lockeren Mundwerk kommt nicht gut an.«
    »Die Sache ist mir wirklich wichtig, Vic.« Darraugh betonte seine Worte gerade genug, daß sie nicht nach einer Drohung klangen. »Ich möchte, daß ihr zwei auf einen Kaffee nach unten geht, um euch ein bißchen kennenzulernen. Uberlegt mal, was euch
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