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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes
Autoren: Jo Zybell
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Tigern …?«
    »Und jetzt du, Mann!« Plutejo streifte den Ärmel seiner grobgewebten schwarzen Kunstfaserjacke hinunter und stemmte sich auf Fäuste und Knie. Seine Zunge war noch schwer, aber in seiner Stimme schwang schon wieder eine Menge Zorn. »Wer sagt uns denn, daß du nicht ein verdammter Verbrecher bist, he? Ein mieser, dreckiger Frauenhändler oder sowas? Irgendeinen Grund mußt du doch gehabt haben für deinen halsbrecherischen Blitzstart!« Er richtete sich auf den Knien auf und wischte sich den letzten Speichel aus dem Bartflaum. Obwohl er jung und kräftig war, sah er zum Erbarmen aus mit seiner blauen Haut, seinem blutverkrusteten Gesicht, seinen hohlen Wangen, seinen fiebrigen Augen und seinen grauen Lippen. »Die Scheißkerle waren doch auch hinter dir her, oder, Mann?«
    »Ja, das waren sie.« Yaku entkorkte die Flasche und nahm einen Schluck.
    Moses stieß ein zeterndes »Chrjakuchrjaku« aus und hackte mit dem Schnabel nach Yakus Elfenbeinohrring. »Ich habe die Einladung in den Ruhepark ausgeschlagen.« Mit einer Handbewegung verscheuchte er den Raben von seiner Schulter. Der flatterte auf die Sessellehne. »Ich bin einfach nicht hingegangen …« Wieder setzte er die Flasche an, wieder schimpfte der Vogel.
    »Was trinkst du da, und was beim grauen Eis von Genna ist ein ›Ruhepark‹?« rief Plutejo. Venus legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter, packte das Spritzenbesteck in den Rucksack und stand auf.
    »Das ist Whisky. Ein Schnaps der besonderen Sorte, falls dir das was sagt, mein Sohn. Und der Ruhepark ist eine Art Sterbeklinik. Wenn man seinen Siebzigsten gefeiert hat, wird man schriftlich aufgefordert, sich dort einzufinden und das Geburtstagsgeschenk der Republik in Empfang zu nehmen; eine Spritze. Manchmal auch früher, manchmal auch später.« Yaku lachte bitter. »Das hat euch euer Vater also nicht erzählt?«
    »Nein«, sagte Venus. »Aber er erwähnte mal, daß Alkohol in der Republik verboten ist.«
    »Das findet dieser vorwitzige Geier auch.« Yaku zeigte mit der Flasche auf Moses und grinste. »Aber seit gestern, fünfzehn Uhr, ist es mir sogar verboten, zu leben.«
    Yaku drehte sich nach der Zeitangabe auf seinem Arbeitssichtfeld um – 54-01-29 0.32.56. »Seit neuneinhalb Stunden, um genau zu sein. Wer dieses Verbot übertreten hat, für den gilt auch sonst kein Verbot mehr. Ja, so sehe ich das.«
    Er hob die Flasche. »Wollen Sie?« Sie schüttelte stumm den Kopf. Dafür nahm Yaku noch einen Schluck.
    »Du hattest einen Termin zum Sterben und bist nicht hingegangen?« Der Junge kicherte; die Vorstellung schien ihn zu erheitern. »Du bist einfach nicht hingegangen?« Plutejo schlug sich auf die Schenkel. »Einfach nicht hingegangen!« Sein Lachen klang gut. »Einfach einen Frachter geklaut und abgehauen! Fast wie wir …!«
    »Ich hab's nicht nötig, ein Schiff zu klauen, du Wichser!« Yaku ärgerte sich, weil der Junge den Spieß herumdrehen und ihn ausfragen wollte. »Ich habe … ich hatte eine Reederei! Die JERUSALEM ist mein Eigentum.«
    »Wichser?« Plutejos breites Gesicht verzog sich zu einer mißtrauischen Miene. »Was ist das?« Er sprang auf.
    Venus ging zu Yaku. Nahe bei ihm blieb sie stehen und sah zu ihm hinauf. Er konnte die Wärme ihres Körpers spüren. Und Himmel – welche Augen! Allerdings stank sie; sie stank sogar bestialisch.
    »Ich will wissen, was ein Wichser ist, verdammt noch mal!« Breitbeinig und mit geballten Fäusten ging Plutejo auf Yaku zu. »Weg da, Schwester!«
    »Hüten Sie Ihre Zunge, Yakumann!« zischte Venus. »Ich habe ihm gerade die letzte Dosis gespritzt. In etwa neun Stunden braucht er wieder Stoff. Und da er keinen kriegen wird, wird er hier alles kurz und klein hauen …«
    »Scheiße …« Yaku nahm noch einen Schluck.
    »Da! Sie kommen!« Der junge Hüne blieb zwei Schritte vor ihnen stehen. Er deutete auf das Viquafeld. »Sie haben uns gefunden!«
    Ein akustischer Alarm ertönte. Das Bordhirn hatte die Daten der Aufklärung auf das Hauptsichtfeld geschickt. »O heiliger Eiswurm von Genna! Die Drecksäcke haben uns gefunden …!«
    Yaku trat nahe an die Frontkuppel und starrte in das Quantenfeld. Ein stacheliger Kloß schwoll in seiner Kehle: Drei Omegaraumer nahmen Kurs auf die JERUSALEM. Ein vierter tauchte eben aus dem Hyperuniversum auf …
     
    *
     
    Töne wie Molekülstrukturen – exakt, rein, in strenger Ökonomie gebaut, und dennoch pulsierend vor Lebenskraft. Wunderbar!
    Er schloß nicht gerade die Augen – das
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