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Engel der Verdammten (German Edition)

Engel der Verdammten (German Edition)

Titel: Engel der Verdammten (German Edition)
Autoren: Ulrike Schweikert
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meldete sie sich wieder zu Wort.
    »Nein, wir fahren nicht nach St. Georg. Bieg dort vorne links ab.«
    Sabine begriff, was ihr Ziel sein würde. Der Parkfriedhof Ohlsdorf! Doch dieses Mal würde er für sie kein Ort der Geborgenheit und des Friedens sein.
    Aletta dirigierte sie bis zu dem verschlossenen Eingang und Sabine folgte widerstandslos. Weder ein Fluchtversuch noch ein Angriff konnten gegen solch ein Wesen gelingen. Das Einzige, was sie vielleicht damit erreichte, war, Alettas Zorn zu schüren.
    Doch wollte sie sich einfach in ihr Schicksal ergeben? Irgendetwas in ihr klammerte sich an die Hoffnung, dass diese Nacht gut ausgehen konnte. Dass Aletta sie verschonen würde.
    »Komm!«
    Aletta öffnete die Gittertür und ließ Sabine eintreten. Obgleich sie nur zu schlendern schien, war Sabine schon bald außer Atem, so schnell eilten sie zwischen den Gräbern hindurch. Der Nachtwind rauschte in den Bäumen. Eine Eule schrie. Sie steuerten Alettas Grab an.
    Welche Hoffnung Sabine bis dahin auch gehegt haben mochte, sie fiel in sich zusammen, als sie an dem Grab anlangten, das sie im ersten Augenblick nicht wiedererkannte. Statt auf bunte Herbstblumen starrte sie in ein finsteres Loch. Dahinter erkannte sie jedoch den steinernen Engel.
    »Komm näher«, forderte die Vampirin sie auf. »Siehst du den Sarg dort unten?«
    Sabine konnte gar nicht anders, als auf den etwas nachgedunkelten Holzdeckel zu starren, der ihren Blick mit grausiger Faszination anzog.
    »Es ist mein Sarg«, sagte Aletta versonnen. »Doch er war nun lange genug leer. Gefällt er dir? Das will ich hoffen. Du sollst dich dort schließlich wohlfühlen«, fügte sie spöttisch hinzu.
    »Warum?«, stieß Sabine hervor. Ihr Herz schlug so schnell, dass es jeden Moment zu bersten drohte. »Ich habe dir nichts getan. Ich habe dir die Zeit gewährt, die du verlangt hast. Es ist nicht meine Schuld, dass es so gelaufen ist.«
    Aletta schüttelte den Kopf. »Oh nein! Denk bloß nicht, dass ich mich für irgendetwas rächen will, das zu meinen Lebzeiten geschehen ist. Das liegt so weit hinter mir, dass ich mich kaum mehr erinnere. Es ist nichts Persönliches, doch ich kann nicht zulassen, dass sich Peter von mir abwendet. Er hat mich erschaffen und ist mein Gefährte. Aber solange du am Leben bist, stehst du zwischen uns.«
    »Aletta, begreif doch, du kannst ihn nicht zwingen. Er wird meinen Tod nicht einfach so hinnehmen. Glaubst du wirklich, er wird dich lieben, wenn du mich ermordest und in deinem eigenen Grab verscharrst? Dann kennst du ihn schlecht. Er wird dich jagen und vernichten!«
    Aletta hob die Schultern. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Er ist ein Vampir. Die Gesetze der Nacht sind stark. Stärker als ein flüchtiges Gefühl für eine Sterbliche. Wenn dein Duft erst einmal verweht ist und die Fäulnis deinen Körper zerstört hat, wird er dich schnell vergessen.«
    Sabine suchte verzweifelt nach weiteren Argumenten, die sie aufhalten würden, doch Aletta wollte nicht mehr reden. Ganz unvermittelt sprang sie vor und zog Sabine an sich. Obwohl sie sich mit aller Kraft wehrte, konnte sie gegen die übernatürliche Stärke der Vampirin nichts ausrichten.
    »Hör auf zu zappeln!«, sagte Aletta, und es klang amüsiert. »Das nützt dir doch nichts.«
    Sabine spürte, wie der Blick der Vampirin sie erfasste. Sie wandte den Kopf ab, um ihr nicht in die Augen zu sehen, doch ihr Wille erlahmte rasch. Der Widerstand erlosch.
    »So ist es brav«, murmelte Aletta. Dann fuhren ihre Reißzähne in Sabines Hals.
    Das war also das Ende. Der Tod schlich auf leisen Sohlen näher. Der sanfte, süße Tod. Sie würde in diesem Grab, das nicht das ihre war, verrotten, und man würde sie vergessen. Vielleicht hätte sie doch dem Drängen des Vampirs nachgeben sollen, dann wäre sie jetzt an Peters Seite eine unsterbliche Jägerin der Nacht und nicht die Beute.
    Sie fühlte, wie ganz langsam mit ihrem Blut das Leben davonfloss. Sabine ahnte, dass sich Aletta absichtlich viel Zeit ließ. Genoss sie es? Oder war es als Strafe gedacht? Dass Peter sie liebte und nicht Aletta?
    Falls er lieben konnte. Falls Aletta nicht recht behielt und der Vampir sie vergaß, sobald ihr Blut und ihr Duft vergangen waren.
    Sie würde es nicht mehr erfahren.
    Vielleicht war das gut so.
    Plötzlich hielt Aletta inne. Und zog die Zähne aus Sabines Hals. Sie fiel ins Gras.
    Ich bin noch nicht tot, dachte Sabine verwirrt, doch es dauerte eine Ewigkeit, bis sie die Lähmung abschütteln
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