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Engel der Schatten - 03 - Sandra Henke

Engel der Schatten - 03 - Sandra Henke

Titel: Engel der Schatten - 03 - Sandra Henke
Autoren: Herrin von Vandalis
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faltete ich die Hände vor meiner Scham, als könnte ich somit eine Blöße bedecken, doch meine Seele war vor dem Henker enthüllt und nicht mein Körper. Ich hätte erschreckt sein sollen und ein wenig war ich es auch. Trotzdem fühlte ich auch eine mir bisher unbekannte Nähe.
    Magolat beschimpfte den Mann aufs Übelste, doch der Schinderjaan wich seinem Blick nicht aus. Im Gegenteil! Er starrte den Zauberer der hohen Kunst an, nicht
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Sandra Henke
    Herrin von Vandalis
    demütig, wie es die Rangordnung vorschrieb, sondern hochmütig und zornig. Fast unmerklich festigte sich sein Griff um die Peitsche, die er immer noch in den Händen hielt.
    Ich hielt den Atem an, weil ich befürchtete, dass der Schinderjaan mit dem Lederriemen Magolat geradewegs ins Gesicht schlagen würde. Doch er stand stumm und bewegungslos auf seinem Platz. Er verteidigte sich nicht einmal. Es schien mir, als hätte er gelernt gehorsam zu dienen. Aber wem diente er? Mein Vater konnte unmöglich mit diesem Reich des bittersüßen Leids in Verbindung stehen!
    Ich war mir sicher, dass die Dämonenwelt außerhalb Vandalis, vor der mich Magolat so eindringlich warnte, nicht furchterregender sein konnte als die Katakomben. Der heimliche Wunsch, die geheimnisvolle Welt der Geister und Schattenwesen kennen zu lernen war ungebrochen.
    Magolat rang nach Luft. Sein Gesicht lief hochrot an vor Aufregung. "Du wirst es auf grausame Art büßen, dass du Hand an die Tochter deines Herrn und Meisters gelegt hast!"
    Das Gesicht des Barbaren flog zu mir herum. Erstaunen milderte seine harten Gesichtszüge. Er runzelte fragend die Stirn. Die dünnen Lippen formten kein erhabenes Lächeln und auch sein Blick hatte nichts Grausames mehr. Ungläubig sah er auf mich herab. Und trotz der Tatsache, dass die Mauern seines Reichs bröckelten und er seine Macht verlor, machte er immer noch nicht den Eindruck eines gebrochenen Mannes.
    Ich genoss diesen heroischen Moment. Mein Kinn ragte in die Luft und meine Augen funkelten ihn überheblich an. Ich wollte ihm ein hämisches Grinsen ins Gesicht schleudern, doch ich wagte es nicht. Der Schinderjaan mit seiner stattlichen Erscheinung und den tellergroßen Händen, die immer noch die Peitsche fest umschlungen hielten, flößte mir Respekt ein.
    "Es ist Zeit, dich bei ihr zu entschuldigen. Knie nieder!" Ich hatte Magolat noch nie in einer derartigen Weise reden hören. Mit dem Zeigefinger deutete er ihm an, sich vor mir auf den Boden zu werfen.
    Fassungslos schaute ich zuerst den Zauberer und dann den Schinderjaan an. Ich konnte mir den breitschultrigen Mann nicht vorstellen, wie er auf den Steinen vor mir
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    herumrutschte und um Verzeihung bettelte.
    "Nein!" Die tiefe Stimme des Hünen erschütterte die Gruft.
    Was würde Magolat nun machen? Er konnte nicht im Ernst geglaubt haben, dass dieser beinharte Mann sich wie ein Wurm auf dem Boden krümmte!
    Die Luft im Gewölbe wurde stickiger. Es gab keine Fenster. Hier unten lüftete man nicht. Dadurch wurde verhindert, dass Schreie hinaus drangen. Dies war eine eigene kleine Welt, die Welt des Schinderjaans, der dabei war, entthront zu werden. Magolat wandte sich mir zu. "Morgana, geh in dein Schlafgemach. Und diesmal folgst du meinen Anweisungen!"
    Unsicher schaute ich beide Männer an. Was hatte die rechte Hand meines Vaters vor? Er war ein Zauberer der großen Kunst. Sicherlich würde er den Henker nun bestrafen. Alles in mir wehrte sich gegen den Gedanken. Ja, er hatte mir Unrecht
    getan. Er war mir zu nahe getreten, aber ich hatte es genossen. Noch bevor ich meinen Widerspruch formulieren konnte, deutete er auf den Ausgang. "Geh!"
    Meine Füße trugen mich in Richtung der Treppe, die aus den Katakomben
    hinausführte. Der Blick des Schinderjaans haftete an mir, bis ich in die Dunkelheit eintauchte. Ich beachtete die Folterinstrumente im Zwischenraum nicht, sondern stapfte die Stufen hoch und blieb im Gang dahinter stehen.
    Als seine Schmerzensschreie zu mir drangen, fuhr ich erschrocken herum. Ich schaute die Treppe hinunter, konnte jedoch nichts erkennen. Die Schreie klangen nicht lustvoll wie bei dem Mann, den der Barbar ausgepeitscht hatte um ihn zu erregen, sondern leidvoll. Meine Vorstellungskraft versuchte sich auszumalen, was dort unten geschah, was Magolat dem Schinderjaan Grausames antat, aber ich konnte die markerschütternden Schreie nicht deuten. Der Zauberer hatte natürlich auch unerschöpfliche Möglichkeiten. Mir
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