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Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Titel: Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ein Lächeln im Gesicht, das nur schwer zu deuten war. »Kann
mir denken, worum es … sieh an, eine Dominikanerin – und das mitten in der Nacht.
Dann sind die Gerüchte, welche über die lockeren Sitten im Konvent kursieren, also
wahr.«
    »Sind sie nicht!«, fuhr Schwester Scholastika,
sonst eher betuliche Leiterin der Krankenstation, der Baderstochter über den Mund,
steuerte keuchend und am ganzen Leibe zitternd auf Berengar zu und flehte: »Ihr
… Ihr müsst mit mir kommen, Vogt, sonst … sonst …«
    Berengar erbleichte. »Ist es wegen …«, begann
er, behielt den Rest der Frage jedoch für sich, als sein Blick auf denjenigen seines
Gefährten traf.
    »Kein Grund, dich zu rechtfertigen, alter Freund«,
kam Bruder Hilpert einer Erklärung des Gefährten zuvor, ließ die Hand auf seiner
Schulter ruhen und imitierte den Tonfall seines Freundes: »Tja, wie pflegte Ovid
doch zu sagen: ›Amor vincit omnia.‹ [90] Oder war es Vergil? Einerlei!«
    »Dann bist du mir also nicht böse, wenn ich
mich jetzt um Irmingardis …«
     »Nein, bin ich nicht. Und jetzt sieh zu, dass
zu du ihr kommst. Sie braucht dich jetzt nötiger als ich dich.«
    »Und der …«
    »Der Kasus ist gelöst – jedenfalls so gut wie.
Keine Sorge: Ich werde mich um alles kümmern.« Bruder Hilpert sah Berengar aufmunternd
an. »So, und jetzt mach, dass du wegkommst, sonst mache ich dir Beine. Und nimm
unsere Gefährtin mit, damit auch ja nichts schiefgehen kann!«

30
     
    Franziskanerkloster,
kurz nach Sonnenaufgang │ [05.30 h]
     
    »Na dann mal los, Bruder Clemens!«, forderte Bruder Hilpert den Kustos
nach dem Ende des Morgengebetes heraus, während der Rest seiner Brüder im Gehen
begriffen und mit Ausnahme von Bruder Alban niemand mehr in Hörweite war. Die Schwalbennestorgel,
deren Spiel aus dem Langhaus herüberhallte, war gerade am Verklingen, und nachdem
die Tür zum Kreuzgang ins Schloss gefallen war, breitete sich eine durchdringende
Stille aus. »Wie ist es denn nun in Wahrheit gewesen?«
    Im Gegensatz zu sonstigen Gewohnheiten kam der
hünenhafte Kustos gleich zur Sache. »Am Ende der zwölften Stunde, vielleicht auch
ein wenig später, habe ich draußen auf dem Gang Schritte gehört. Da stimmt doch
was nicht, denke ich mir, springe auf, renne zur Tür, mache sie leise auf – und
wen sehe ich da?«
    »Bruder Alban auf dem
Weg in die Kirche.«
    »Genau.« Die Kulleraugen
des Kustos sprangen beinahe aus den Höhlen. »Ich also nichts wie hinterher, klammheimlich,
auf leisen Sohlen. Durch die Tür auf den Lettner, über die Wendeltreppe in den Ostchor
und von dort aus …«
    »Auf direktem Weg ins
Langhaus. Und Bruder Alban –«, ließ Bruder Hilpert nicht locker und warf dem Lektor,
der unweit von ihm im Chorgestühl saß, einen raschen Seitenblick zu, »hat er bemerkt,
dass Ihr ihm auf den Fersen wart?«
    »Nein.«
    »Und dann?«
    »Hat er die hintere Tür aufgeschlossen.«
    »Die Tür, vor der wir uns gestern Abend unterhalten
haben?«
    »Genau. Und sich anschließend wieder ins Dormitorium
geschlichen.«
    »Ohne zu bemerken, dass Ihr in der Nähe wart?«
    Bruder Clemens nickte. »Hab mich versteckt!«,
trumpfte er auf und freute sich wie ein kleines Kind. »Hinter der Tür, die zum Kreuzgang
führt.«
    »Das heißt, Ihr seid Bruder Alban nicht gefolgt.«
    »Nein, Bruder. Ich hab mich hinter dem Lettner
auf die Lauer gelegt. Heiliger Franziskus, verzeih! Jetzt, wo ich schon mal da war,
wollte ich natürlich wissen, was passiert.«
    »Eine lässliche Sünde, Bruder. Sie sei dir vergeben.
Und was dann?«
    »Etwa eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang
ist es dann passiert. Da … da …«
    »Sind wie aus dem Nichts Deodatus und Melusine
Aschenbrenner aufgetaucht. Der Rest ist bekannt.« Bruder Hilpert atmete befreit
auf. »Wenn wir gerade dabei sind, Bruder: Tut mir leid, dass ich Euch in die Quere
gekommen bin.«
    »In die Quere – wieso?«
    »Nun, weil ihr offenbar vorhattet, Bruder Alban
zur Rede zu stellen. Was, wie ich mit Bedauern feststellen muss, durch meinen abendlichen
Besuch verhindert worden ist. Nette Lügengeschichte, die Ihr mir aufgetischt habt
– Kompliment.«
    Der Kustos errötete bis in die Haarspitzen.
»Passiert mir nie wieder, Bruder!«, gelobte er mit erhobener Hand. »Der heilige
Franziskus sei mein Zeuge.«
    »Amen!«, vollendete Bruder Hilpert mit einem
Schmunzeln, bevor er den Hünen mit einem aufmunternden Klaps entließ und sich Bruder
Alban zuwandte, der mit betretener Miene im Chorgestühl
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