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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sagte Stephan, als sie sich auf den Balkon gesetzt hatten. Die Hotelanlage lag in nächtlicher Ruhe. Auch die Leuchtstäbe an der Kathedrale waren erloschen. »Es ist klar, dass sie misstrauisch geworden sind. Sie hatten dich in Tasarte entdeckt und mussten schließen, dass wir ihnen nachspionieren. Außerdem wussten sie vom stellvertretenden Geschäftsführer der Rosell GmbH, dass Löffke die Geschäftsunterlagen nach Schriftstücken durchsucht hatte.«
    »Aber es erklärt nicht ihr Handeln«, entgegnete Marie. »Die Suche nach der Vollmacht hat doch nur Sinn, wenn Julita Rosell und Jens Hobbeling konkret befürchteten, dass du für Justus den Scheidungsantrag stellst und dieser in der Konsequenz dazu führt, dass das Erbrecht Julitas und ihr Bezugsrecht aus der Lebensversicherung erlöschen. Aber aus welchem Grund sollten Julita und ihr Liebhaber diese Furcht haben?«
    »Schürmann sagte, dass sie von diesen – wie er sagte – Feinheiten wussten. Und das kann ich mir auch sehr gut vorstellen.«
    »Aber sie wussten doch nichts Genaues«, hielt Marie dagegen. »Es ist doch ein gedanklicher Weitsprung, aus meinem Auftritt in Tasarte und dem Durchsuchen der Geschäftsunterlagen auf einen Scheidungsantrag zu schließen, oder nicht?«
    »Julita hat uns den Tod ihres Mannes vorgeschwindelt, um uns nach Tasarte locken zu können. So hatte sie einen plausiblen Grund für ihre Forderung, dass wir die Akte und alle Unterlagen mitbringen. Sie hatte natürlich erwartet, dass sich die Vollmacht in der Akte befindet. Sie wollte, dass wir ihr die Vollmacht förmlich ins Haus tragen.«
    »Es passt nicht richtig, Stephan. Die Frage bleibt: Warum hat Julita Rosell Angst vor einem Scheidungsantrag? – Ist dir eigentlich aufgefallen, dass die beiden gar nicht so überrascht waren, als sie die Telefonlisten in der Akte fanden?«
    »Ich nehme an, dass sie das vom stellvertretenden Geschäftsführer wussten, der Löffke an die Unterlagen gelassen hat«, meinte Stephan.
    »Glaube ich nicht«, erwiderte Marie, »Frau Rosell sagte nur, dass Löffke Einblick in die Geschäftsunterlagen nehmen wollte. Und Löffke selbst wird nichts Weiteres gesagt haben. – Nein, es war eher so, dass Julita bei Durchsicht der Akte bestätigt sah, was sie schon vorher wusste. Verstehst du, was ich meine?«
    »Es war dumm von Frau Rosell, die Telefonlisten in den Geschäftsunterlagen zu lassen«, sagte Stephan. »Aber sie wird sich ihrer Sache sehr sicher gewesen sein, weil sich ihr Mann nie um die geschäftlichen Belange kümmerte.«
    »Du verstehst nicht, was ich meine«, schloss Marie.

35
    Am nächsten Morgen versuchten sie, Julita Rosell über Handy zu erreichen. Der Ruf ging raus, doch sie nahm nicht ab. Stephan versuchte es nochmals mit unterdrückter Nummer, aber er hatte keinen Erfolg. Dann rief er Schürmann an. Er war bereits am Flughafen. In knapp einer Stunde fliege die Maschine nach Düsseldorf, verkündete er.Von Julita Rosell oder Jens Hobbeling hatte auch er nichts mehr gehört.
    »Wundern Sie sich nicht, Herr Knobel«, schloss er. »Die beiden haben allen Grund, abzutauchen.«
     
    Marie und Stephan gingen zu Rosells Haus. Ein Flatterband der Polizei war über das schmiedeeiserne Tor gespannt. Man hatte es vermutlich gewaltsam geöffnet, als Justus Rosell ins Krankenhaus gebracht worden war. Durch das Tor hindurch sahen sie rechts neben der Haustür das von Schürmann eingeworfene Fenster. Ohne Zweifel, Schürmann hatte geschickt reagiert.
     
    Stephan stieg den Hang zu der Palme hinauf, hinter deren Stamm sich Schürmann häufig versteckt hatte. Marie folgte ihm vorsichtig. Die trockene Erde staubte unter ihren Schuhen und gab schnell nach. Sie tasteten sich behutsam vorwärts. Endlich fanden sie an der Palme Halt.
    »Es stinkt nach Urin«, stellte Marie fest.
    »Wundert dich das bei Schürmanns Bierkonsum?«, lächelte Stephan.
    Sie setzten sich abseits auf einen kleinen Felsvorsprung.
    »Meinst du, Julita Rosell und Jens Hobbeling hätten Justus tatsächlich umgebracht?«, fragte Marie.
    Stephan betrachtete das Anwesen der Rosells. Es lag friedlich da. Man sah über die karminrote Mauer auf das Haus und einen Teil des gepflegten Gartens.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er schließlich.
    »Dich beschäftigen dieselben Fragen, das merke ich.« Sie streichelte seinen Arm. »Schürmann rechnete offensichtlich damit, dass Justus Rosell in Lebensgefahr ist. Das macht allerdings nur Sinn, wenn Julita aus Angst vor dem drohenden
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