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Endlich

Endlich

Titel: Endlich
Autoren: Christopher Hitchens
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folgt:
    Lungenentzündung? Welcher Typ?
    Kein Krebs?
    Schwierig, sich jetzt gerade an den Schmerz zu erinnern, von 4 bis 5.
    Er erkundigte sich nach den Kindern und nach meinem Vater.
    Wie geht’s Edwin? Sag ihm, ich hab gefragt.
    Mach mir Sorgen um ihn.
    Weil ich ihn gern habe.
    Ich möchte ihn hören.
    Etwas weiter unten schrieb er auf, was ich ihm aus unserem Gästehaus in Houston bringen sollte.
    Bücher: Nietzsche, Mencken und Chesterton. Sowie alle rumliegenden Papiere … Vielleicht alles in eine große Tasche. Schau in die Schubladen! Am Bett usw. Oben und unten.
    An diesem Abend traf eine liebe Freundin der Familie aus New York ein, und die war im Zimmer, als Christopher bei einem seiner nächtlichen Zwischenspiele der Wachheit und Energie ein breites Lächeln um den Schlauch, der immer noch in seiner Kehle steckte, aufblitzen ließ und auf sein Clipboard schrieb:
    Ich bleibe hier [in Houston], bis ich geheilt bin. Und dann nehme ich unsere Familien mit nach Bermuda in die Ferien .
    Am nächsten Morgen, nachdem man ihm den Schlauch entfernt hatte, kam ich ins Zimmer, und er grinste mich mit seinem Fuchslächeln an.
    »Glückwünsche zum Hochzeitstag!« rief er.
    Eine Schwester kam herein mit einer kleinen weißen Torte, Papptellern und Plastikgabeln.
    Ein anderer Hochzeitstag. Wir lesen auf der Terrasse vor unserer Hotelsuite in New York die Zeitungen. Es ist ein makelloser Herbsttag. Unsere zweijährige Tochter sitzt zufrieden neben uns und trinkt aus einer Flasche. Sie klettert vom Stuhl und kauert sich hin, um etwas am Boden zu inspizieren. Sie zieht die Flasche aus dem Mund, ruft mich und deutet auf eine große reglose Hummel. Sie ist erschrocken und schüttelt den Kopf hin und her, wie um zu sagen: »Nein, nein, nein!«
    »Die Biene hat aufgehört«, sagt sie. Dann befiehlt sie: »Mach sie wieder gehen!«
    Damals glaubte sie, ich hätte die Macht, die Toten wiederzubeleben. Ich weiß nicht mehr, was ich ihr wegen der Biene gesagt habe. Was ich noch weiß, sind die Worte »Mach sie wieder gehen.« Christopher hob sie dann auf seinen Schoß und tröstete sie und lenkte sie ab, wechselte das Thema, brachte sie zum Lachen. So, wie er das mit all seinen Kindern so viele Jahre später tun würde, als er krank war.
    Ich vermisse seine vollkommene Stimme. Ich habe sie Tag und Nacht gehört, Nacht und Tag. Ich vermisse die ersten zufriedenen Gluckser, wenn er erwachte, die tiefen Oktaven der Morgenstimme, wenn er kurze Abschnitte aus der Zeitung vorlas, die ihn empörten oder amüsierten, seine erfreuten oder verärgerten (meist Letzteres) Register, wenn ich ihn beim Lesen unterbrach, die jazzartigen Riffs, wenn er vom Küchentelefon aus mit einem Radiosender sprach, während er das Mittagessen kochte, sein zwitschernder, hoher Begrüßungsruf, wenn unsere Tochter aus der Schule kam, und das letzte beruhigende Pianissimoschwatzen spät nachts beim Zubettgehen.
    Ich vermisse – so, wie es seinen Lesern gehen muss – die Autorenstimme, seine Stimme auf der Druckseite. Ich vermisse den unveröffentlichten Hitch: die zahllosen Notizzettel, die er für mich liegen ließ, im Hauseingang, auf meinem Kissen, die Mails, die er schickte, während wir in verschiedenen Räumen unserer Wohnung oder unseres Hauses in Kalifornien saßen, und die Mails von unterwegs. Und ich vermisse die handgeschriebenen Communiqués: die unzähligen Postkarten und Briefe (wir haben uns noch in der Ära des Briefeschreibens kennengelernt) und Faxe; das Glück, eine der überraschenden Meldungen von Christopher zu erhalten, der soeben von einem nicht ungefährlichen Ort auf einem anderen Kontinent zurückgekehrt ist. Als Christopher begann, seine Krankheit durch die Artikel in Vanity Fair öffentlich zu machen, tat er das mit gemischten Gefühlen. Er wollte die Privatsphäre unserer Familie schützen. Er durchlebte das Thema, aber er wollte nicht, dass es allumfassend würde, dass er ausschließlich darüber definiert würde. Er wollte in einer Sphäre denken und arbeiten, die von der Krankheit getrennt blieb. Mit seinem Redakteur und Freund Graydon Carter hatte er vereinbart, dass er über alles Erdenkliche außer Sport schreiben würde, und daran hielt er sich. Er hatte sich oft selbst beiläufig zum Gegenstand gemacht, aber jetzt war er das endgültige Thema seiner Geschichte.
    Die letzten Worte der Fragmente am Schluss dieses kleinen Buches scheinen zu stocken, aber tatsächlich hat er sie in Schüben enthusiastischer Energie auf seinem
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