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Enders - Porträt eines Marshals: Die Bonus-Story (German Edition)

Enders - Porträt eines Marshals: Die Bonus-Story (German Edition)

Titel: Enders - Porträt eines Marshals: Die Bonus-Story (German Edition)
Autoren: Lissa Price
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ihr Platz nehme. Schon nach kurzer Zeit bemerkt sie, dass Trace fabelhaft aussieht.
    »Hallo, du da«, sagt sie mit blitzenden Augen. »Wer bist du?«
    »Trace. Und du?«
    Sie richtet den Blick zur Decke, als versuchte sie sich zu erinnern. »Du kannst mich Jodi nennen.«
    Ich überlege, ob sie mich für einen Ender auf Jugend-Urlaub oder einfach nur für einen gut aussehenden Starter hält. Und ob das für sie eine Rolle spielt. Ganz bestimmt ahnt sie nicht, dass in diesem Körper ein Marshal steckt.
    »Kommst du oft hierher?«, erkundige ich mich. Das ist Standard-Anmache, aber ich meine die Frage ernst.
    »Kann man sagen.« Sie nippt an ihrem Cocktail. »Allerdings sehe ich nicht immer so wie heute aus.« Sie blinzelt mir zu. »Und du?«
    »Bei mir ist es das erste Mal.«
    »Das erste Mal im Club … oder das erste Mal?« Sie lacht verschmitzt.
    »Ich war noch nie hier. Meine Großeltern lassen mich kaum aus dem Haus.«
    Ich habe beschlossen, einen richtigen Starter zu spielen, um herauszufinden, wie weit sie gehen wird. Ihre Augen leuchten auf.
    »Dann sollte ich dich auf die große Extratour mitnehmen.« Sie beugt sich zu mir herüber.
    Ein betörender Duft steigt mir in die Nase. Sie fährt mit einem Finger meinen Jackenaufschlag entlang. »Hättest du Lust, Trace?«
    Sie spricht meinen Namen so gedehnt aus, dass er schlüpfrig klingt.
    »Vielleicht«, sage ich. »Kommt ganz drauf an, was ich zu sehen kriege.«
    Ich spiele mit bei diesem Drahtseilakt zwischen Flirt und Unschuld.
    »Das erfährst du, wenn du mich begleitest«, sagt sie und verengt die Augen zu Schlitzen.
    Sie zieht ein Bündel Bargeld aus ihrer Handtasche, zählt ein paar Scheine ab, genug für ihre und meine Zeche, und legt sie auf die Theke. Dann lässt sie sich vom Hocker gleiten.
    Ich folge ihr, als sie an den hereinströmenden Besuchern vorbei zu einer Tür tänzelt, die in einen rückwärtigen, nicht für Gäste bestimmten Korridor führt. Er ist finster und roh verputzt und führt zu einem Stiegenhaus.
    Auch die Treppe ist nur schwach von weiter oben her beleuchtet. Jodi bleibt unvermittelt stehen, zieht mich an sich und presst ihre Lippen gegen meine. Sie riecht nach Pfefferminz und irgendwelchen Blüten, und ihr Mund ist weich und hungrig. Ich habe nichts dagegen, dass sie den aktiven Part übernimmt. Im Gegenteil, ich gebe zu, dass ich die Sache genieße. Es ist Jahrzehnte her, seit mich jemand mit einer so wilden, beinahe verzweifelten Leidenschaft geküsst hat.
    Sie zieht mich noch näher und geht dabei rückwärts, bis sie an der Wand lehnt. Meine Hände streichen wie von selbst über ihr langes, seidenweiches Haar, doch dann lässt mich etwas innehalten. Ich löse mich von ihr und starre sie an.
    »Was ist?«, fragt sie. »Gefällt es dir hier nicht? Wärst du lieber an einem Ort, wo wir völlig ungestört sind?«
    Ich nicke. Sie dürfte etwa in meinem Alter sein. Also ist das hier nicht so schlimm, wie man meinen könnte. Aber sie hält mich für einen echten Starter, geht davon aus, sie sei fünfmal so alt wie ich. Mit anderen Worten: Sie weiß verdammt gut, was sie da macht. Dazu kommt, dass sie eine Mörderin sein könnte.
    »Da kenne ich genau den richtigen Platz.« Sie schwingt ihr langes Bein auf die nächste Stufe.
    »Dort oben?«, frage ich.
    Sie legt den Kopf in den Nacken. »Die Treppe ins Paradies.«
    Ich folge ihr und gebe mir Mühe, nicht auf ihren Hüftschwung zu achten. Stattdessen schiebe ich eine Hand in die Hosentasche und taste nach den dünnen Smart-Handschellen.
    Wir erreichen den Treppenabsatz und wenden uns dem nächsten Stockwerk zu.
    »Gleich sind wir völlig allein«, sagt sie mit einem leisen Kichern. »Niemand wird uns stören.«
    Sie schiebt eine Tür mit dem Schild Dach auf, und wir treten ins Freie. Sie hat recht. Wir sind völlig allein. Die Dachfläche ist riesig, mit Luftschlitzen, Kaminen und einer zweiten Treppe am anderen Ende. Über dem frei stehenden Gebäude wölbt sich tiefschwarz der Nachthimmel. Eine kühle Brise weht uns entgegen. Ich greife nach ihrem Handgelenk, um ihr die Fessel anzulegen.
    Aber sie zieht die Hand mit einem Ruck zurück. Die Schließe schnappt zu, und ich bekomme nur Luft zu fassen.
    »Ganz so harmlos bist du offenbar doch nicht.« Sie lächelt.
    Ich erwische das andere Handgelenk, und diesmal habe ich mehr Erfolg. »Ich bin ein ganz und gar harmloser Marshal, Schätzchen.«
    Sie schwingt den freien Arm nach hinten, bevor ich ihr den zweiten Metallring überstreifen
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