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Emma und der Rebell

Emma und der Rebell

Titel: Emma und der Rebell
Autoren: Linda Lael Miller
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Leute kamen und gingen den ganzen Nachmittag
lang, aber keiner schien mehr über die Tragödie im Yellow Belly Saloon zu
wissen als sie selbst.
    Um Punkt
fünf schloß sie die Bibliothek ab und ging nach Hause. Der einzige Mensch außer
dem Arzt, der Bescheid wissen mußte, war Chloe.
    Ein
feiner Schweißfilm
bedeckte Steven Fairfax' Körper, als er zu sich kam. Er sah eine Wand mit einer
geblümten Tapete und ein Fenster mit weißen Spitzenvorhängen. Er versuchte,
sich aufzurichten, aber der Schmerz, der ihm wie eine gewaltige Faust
den Brustkasten zusammenpreßte, hinderte ihn daran.
    Mit einem
gemurmelten Fluch sank Steven zurück und tastete an seiner Hüfte nach dem 45er
Colt, den er immer bei sich trug. Aber jetzt war er fort, zusammen mit dem
Halfter und der Patronentasche.
    Er wollte
laut dagegen protestieren, aber er beherrschte sich, denn noch wußte er nicht,
wo er sich befand und was ihm zugestoßen war. Und die Möglichkeit, daß Macon,
sein Halbbruder, ihn doch endlich gefunden hatte, war nicht auszuschließen.
    Keuchend
vor Schmerz und Anstrengung begann er nachzudenken, und ganz langsam kamen ihm
die Ereignisse des Tages wieder in Erinnerung.
    Er war mit
dem Zug in die Stadt gekommen, hatte sein Pferd im Mietstall untergebracht und
sich auf die Suche nach einem Ort gemacht, wo er etwas trinken und sich vom
Reisestaub befreien konnte. Weil ihm der Name gefiel, hatte er dieses häßliche
Loch namens Yellow Belly Saloon aufgesucht, obwohl der Stardust Saloon sehr
viel einladender gewirkt hatte. Aber für einen Besuch dort war er sich zu
schmutzig vorgekommen.
    Er hatte
Whiskey bestellt und allein an einem Tisch Platz genommen, seiner Regel getreu,
immer mit dem Rücken an der Wand zu sitzen, damit sich niemand von hinten
anschleichen konnte. Diese Lektion hatte er im Krieg gelernt, und er war damit
bis jetzt immer bestens gefahren.
    Steven
hatte erst ein, zwei Schluck von seinem Whiskey getrunken, als ein Betrunkener
grölend durch den Hintereingang kam. Niemand, nicht einmal Steven, hatte ihm
große Beachtung geschenkt.
    Erst als
der Mann auf einen Tisch stieg und ein Geburtstagslied zu singen begann, wurde
Steven aufmerksam und sah, daß der Kerl eine Stange Dynamit in der Hand hielt.
»Heute ist mein Geburtstag«, hatte er verkündet und dann zur Bestürzung aller
Anwesenden ein Streichholz an seinem Stiefel angezündet und es an die Lunte
gehalten. Als die Männer in seiner Nähe reagierten und sich auf ihn stürzten,
pustete er grinsend auf die Flamme, als handelte es sich um eine Kerze auf
einem Geburtstagskuchen.
    Einem der
Männer gelang es, ihm das Dynamit zu entreißen und es fortzuschleudern, aber an
mehr als das und die ohrenbetäubende Explosion, die folgte, erinnerte sich
Steven nicht.
    Er mußte
dringend herausfinden, wo er war.
    »Hallo?«
rief er probeweise. »Ist jemand da?«
    Niemand
antwortete auf seinen Ruf, und Steven versuchte, sich auf die Seite zu drehen,
um besser sehen zu können. Aber der Schmerz war zu groß und zwang ihn wieder
auf den Rücken.
    Er kämpfte
gerade gegen eine drohende Ohnmacht an, als sich die Tür öffnete und ein
Fremder eintrat. Unter anderen Umständen hätte Steven seinen Colt gezogen, aber
so tastete seine Hand nur hilflos über das Bett.
    »Beruhigen
Sie sich, mein Junge«, sagte der alte Mann, und jetzt sah Steven, daß er eine
Arzttasche trug. »Ich bin hier, um Ihnen zu helfen.«
    »Wo ist
mein 45er?« keuchte Steven.
    Der Arzt
zuckte mit den Schultern. »Vermutlich da, wo Chloe alle Waffen aufbewahrt«,
antwortete er. »Sie brauchen ihn hier nicht. Wie heißen Sie, mein Junge?«
    Steven
zerbrach sich den Kopf nach einem falschen Namen, aber es fiel ihm keiner ein.
Sein Verstand war wie eingerostet. »Steven Fairfax«, sagte er schließlich. »Und
ich bin kein Junge, verdammt. Ich habe im Krieg gekämpft, genau wie Sie wahrscheinlich.«
    Seine
gereizten Worte brachten den Arzt zum Lächeln. »Ich bin Dr. Waverly«, stellte
er sich vor, »aber Sie können mich Doc nennen. Haben Sie starke Schmerzen?«
    Steven maß
ihn mit einem ärgerlichen Blick. »Gehen Sie zum Teufel, Sie verdammter Yankee –
ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie besser gefühlt!« Der Arzt lachte
nur. »Sparen Sie sich das Rebellengeschrei, Johnny. Der Krieg ist lange
vorbei.« Er zog eine Spritze auf und hielt sie ins Licht. »Was bringt Sie nach
Whitneyville?«
    »Ich bin
auf der Durchreise«, knurrte Steven. »Bleiben Sie mir mit der Nadel vom
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