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Emil und die drei Zwillinge

Emil und die drei Zwillinge

Titel: Emil und die drei Zwillinge
Autoren: Erich Kästner
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Detektive, daß Herr Grundeis am nächsten Morgen um acht Uhr aufstehen wollte.
    Na ja. Und als Herr Grundeis am nächsten Tag früh um acht ans Fenster trat, war der ganze Nollendorfplatz voller Kinder!
    Aber ich will nicht zu viel erzählen. Wie die Verfolgung weiterging, kann sich jeder richtige Junge an den eigenen Fingern abklavieren. Ich muß nur noch hinzufügen, daß Herr Grundeis tatsächlich der Dieb war und daß er nicht nur Grundeis hieß, sondern mindestens ein halbes Dutzend Familiennamen hatte. Das ist bei besseren Verbrechern bekanntlich immer so.
    Jawohl. Und wenn Emil im Zug keine Stecknadeln bei sich gehabt hätte, hätte ihm Kriminalkommissar Lurje die hundertvierzig Mark wahrscheinlich gar nicht zurückgeben können. Die Stecknadeln waren nämlich die Beweise! Aber mehr verrate ich nun wirklich nicht, über die Prämie von tausend Mark zum Beispiel sage ich kein Sterbenswort. Auch nicht über das Denkmal vom Großherzog Karl mit der schiefen Backe oder darüber, wie er eines Tages einen Schnurrbart und eine rote Nase bekam.
    Oder über Wachtmeister Jeschke, der hinter Emil mit einer Eisenbahn herfuhr, die von neun Pferden gezogen wurde. —
    Und daß schließlich Emils Mutter nach Berlin kam, behalte ich auch für mich.
    Ein Mann muß, wenn es darauf ankommt, schweigen können.
    Ich will nur noch erzählen, daß Emils Großmutter ganz zum Schluß sagte: „Geld soll man nur per Postanweisung schicken.“ Sie war, wie ihr seht, eine sehr gescheite alte Frau. Sie war es nicht nur. Sie ist es noch immer. Ihr werdet sie kennenlernen.
    Vorher muß ich nur noch das Vorwort für die Fachleute abdrucken lassen.
    Ach richtig, die Fachleute!

DAS VORWORT FÜR FACHLEUTE
    Zwei Jahre nach Emils Abenteuern mit Herrn Grundeis hatte ich auf der Kaiserallee, an der bewußten Ecke Trautenaustraße, ein höchst seltsames Erlebnis.
    Eigentlich wollte ich mit der Linie 177 nach Steglitz fahren.
    Nicht, daß ich in Steglitz etwas Besonderes zu erledigen gehabt hätte. Aber ich gehe gern in Stadtvierteln spazieren, die ich nicht kenne und in denen man mich nicht kennt. Ich bilde mir dann ein, ich sei irgendwo in der Fremde. Und wenn ich mich dann so richtig einsam und verlassen fühle, fahre ich rasch wie - der heim und trinke in meiner Wohnung gemütlich Kaffee.
    So bin ich nun einmal.
    Aber aus meiner Steglitzer Weltreise sollte an diesem Tage nichts werden. Denn als die Straßenbahn kam und bremste und ich gerade auf den Vorderwagen klettern wollte, stieg ein merkwürdiger Mann ab. Er hatte einen steifen schwarzen Hut auf und blickte sich um, als habe er ein ziemlich angeschmutztes Gewissen. Er lief rasch an dem Vorderwagen vorbei, überquerte die Straße und ging zum Cafe Josty hinüber.
    Ich schaute gedankenvoll hinter dem Mann her.
    „Wollen Sie mitfahren?“ erkundigte sich der Schaffner bei mir.
    „Ich bin so frei“, meinte ich.
    „Na, dann beeilen Sie sich ein bißchen!“ sagte der Schaffner streng.
    Aber ich beeilte mich keineswegs, sondern blieb wie angewurzelt stehen und starrte entgeistert auf den Anhängerwagen.
    Von diesem Anhänger kletterte nämlich ein Junge herunter.
    Er trug einen Koffer und einen in Seidenpapier gewickelten Blumenstrauß und blickte sich nach allen Seiten um. Dann schleppte er den Koffer hinter den Zeitungskiosk, der sich an der Ecke befindet, setzte sein Gepäck ab und musterte die Umgebung.
    Der Schaffner wartete noch immer auf mich. „Nun reißt mir aber die Geduld“, sagte er dann. „Wer nicht will, der hat schon!“ Er zog an der Klingelschnur, und die Straßenbahn 177 fuhr ohne meine werte Person nach Steglitz.
    Der Herr im steifen Hut hatte auf der Terrasse des Cafes Platz genommen und sprach mit einem Kellner. Der Junge guckte vorsichtig hinter dem Kiosk hervor und ließ den Mann nicht aus den Augen.
    Ich stand noch immer am gleichen Fleck und sah wie ein Ölgötze aus. (Hat übrigens jemand eine Ahnung, wie Ölgötzen aussehen? Ich nicht.)
    Das war ja allerhand! Vor zwei Jahren waren Herr Grundeis und Emil Tischbein an genau derselben Ecke aus der Straßenbahn gestiegen. Und jetzt passierte die ganze Sache noch einmal? Da mußte doch wohl ein Irrtum vorliegen.
    Ich rieb mir die Augen und blickte wieder zum Cafe Josty hin. Aber der Mann im steifen Hut saß noch immer da! Und der Junge hinterm Kiosk setzte sich müde auf seinen Koffer und zog ein betrübtes Gesicht.
    Ich dachte: Das beste wird sein, wenn ich zu dem Jungen hingehe und frage: was das Ganze bedeuten
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