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Emerald: Hörspiel

Titel: Emerald: Hörspiel
Autoren: John Stephens , Alexandra Ernst
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menschlichem Leid bestens vertraut war, hörte es sich an, als würde dem kleinen Mädchen das Herz brechen.
     
     
    Sie fuhren vorwärts. Es war keine Minute vergangen, seitdem Kate und Stephen das unmissverständliche Getöse des brechenden Damms gehört hatten. Jetzt gewann das Schiff mit jeder Sekunde an Fahrt.
    Kate erschien die Schlucht als riesiges Maul, das den gesamten See verschlucken wollte, sie alle eingeschlossen.

    Immer noch versuchte sie, Dr. Pym wach zu rütteln, aber es war zwecklos. Und während sie Stephen zuschaute, der herumrannte und den Kindern zuschrie, sie sollten sich an allem festhalten, was sie zu packen bekämen, dachte sie, dass sie genau das hatte verhindern wollen. Wie hatte sie nur so entsetzlich versagen können?
    Trotz allem hatte sich eine merkwürdige Ruhe über sie gelegt. Immerhin war sie schon einmal hier gewesen. In ihrer Vision hatte sie an Deck gestanden, als das Schiff über den Rand der Schlucht in die Tiefe gerissen wurde. Damals hatte es sich wirklich angefühlt. Jetzt kam es ihr vor wie ein Traum.
    »Halt dich fest! «, schrie Stephen.
    Kate schaute auf und sah den Abgrund auf sie zukommen. Der Aufprall traf sie unvorbereitet und sie segelte durch die Luft und schlug schwer gegen eine Holzkiste. Der Schmerz riss sie aus ihrer Starre. Sie sah Dr. Pyms Körper auf den Rand des Decks zurutschen, den Arm immer noch schlaff über das Buch auf seiner Brust gelegt. Kate war mit einem Sprung bei dem Zauberer und warf sich über ihn, als das Schiff im Uhrzeigersinn zu kreiseln begann. Ihr ganzer Leib verkrampfte sich, als sie die Felswand auf sich zukommen sah.
    Sie waren in der Schlucht. Jetzt gab es kein Entrinnen mehr.
     
     
    Sie durfte nicht an Gabriel denken. Kate und Michael. Michael und Kate. An die beiden musste sie denken. Sie waren noch am Leben.
    Aber für wie lange noch? Von der Stelle aus, wo sie und Abraham standen, hatten sie das Schiff in die Schlucht stürzen sehen. Es war förmlich in den engen Spalt eingesaugt worden und
wurde jetzt wie ein Spielball von einer Felswand zur anderen geworfen, während es immer schneller und schneller wurde. Als ob das nicht schlimm genug wäre, war auch die zweite Hälfte des Damms weggespült worden, sodass das Schiff jetzt ungehindert auf den Wasserfall zutrieb. Und alles, was sie tun konnte, war zuschauen. Emma hatte sich noch nie so hilflos gefühlt, noch nie so hoffnungslos.
    »Emma!«
    Michael kam keuchend über die Brücke zu ihr gerannt. Schluchzend warf sie ihre Arme um ihn.
    »Michael, du lebst! Ich dachte, du wärst auf dem Schiff!«
    Michael war so außer Atem, dass er kein Wort herausbekam, und Emma wiederholte immer wieder: »Du lebst! Du lebst!«
    »Kate … und… Dr. Pym. Sie… sind auf dem Schiff. Mit… den Kindern.«
    »Ich weiß! Was sollen wir tun? Oh Michael … Gabriel, er… er ist …« Aber sie konnte es nicht aussprechen, konnte nicht sagen, dass ihr Freund tot war. Noch nicht.
    »Das ist ja Abraham!« Michael starrte den Mann an. »Das ist gut.«
    »Ich weiß, dass das Abraham ist. Na und? Kate ist auf dem Schiff! Warum tut Dr. Pym nichts? Er sollte …«
    Ein markerschütterndes Knirschen ließ sie herumfahren. Das Schiff war keine fünfzig Meter von ihnen entfernt gegen die Felswand geschleudert worden. Es war so nah, dass sie die Kinder sehen konnten, die panikerfüllt über das Deck rannten. Noch wenige Sekunden und das Schiff würde unter der Brücke hindurchfahren.
    »Sorg dafür, dass er das Foto macht!« Michael kletterte auf das Geländer.

    »Was?! Was hast du vor?! Michael!«
    »Schießen Sie bloß das Foto!«, schrie Michael Abraham an.
    »Immer langsam, mein Junge …«
    »Michael, komm da runter!«
    Auf dem Geländer der Brücke balancierend, schaute Michael vorsichtig in den Abgrund. Dann wandte er sich um und blickte seine Schwester an. Etwas an seiner Haltung ließ Emma verstummen. Sie konnte nicht sagen, was es war, aber zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass Michael ihr älterer Bruder war.
    »Ich hab dich lieb«, sagte Michael und sprang.
    »MICHAEL!«
    Emma stürzte zum Geländer, gerade noch rechtzeitig, um ihren Bruder durch die Dunkelheit fallen zu sehen, als das Schiff unter ihnen auftauchte. Es wirkte riesig, verzweifelt, verdammt … Emma sah, wie Michael auf dem Deck aufschlug und zur Seite rollte. Dann war er ihren Blicken entschwunden. Das Schiff kreiselte weiter in Richtung Wasserfall und nichts und niemand konnte es noch aufhalten.
    »Michael! Michael!«
    Sie
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