Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elkes Sommer im Sonnenhof

Elkes Sommer im Sonnenhof

Titel: Elkes Sommer im Sonnenhof
Autoren: Emma Gündel
Vom Netzwerk:
Elke nicht, und doch
gab es eine so einfache Erklärung: Lore hatte niemals Liebe und Wärme
kennengelernt. Sie war in traurigen Familienverhältnissen aufgewachsen, und
daher kam es wohl, daß sie ein verschlossenes und wortkarges Wesen hatte. Auch
war sie äußerlich unansehnlich. Sie hatte ein breites, sommersprossiges
Gesicht, stumpfrote Haare und im Vergleich zu ihren außerordentlich dünnen
Armen und Beinen einen sehr großen Kopf. Niemand fand Gefallen an ihr.
    Und nun war Elke in ihrer herzensfreundlichen,
frischen Art ihr gleich so warm und fröhlich entgegengekommen! Das war wie ein
Wunder für das stets zurückgesetzte kleine Mädchen gewesen, und alles Herrliche
des Sonnenhofes verblaßte gegen das eine, das Schönste — gegen Elke! Lore war
noch nie in ihrem Leben so glücklich gewesen wie jetzt.
    Man muß es auch zu Achims Lob sagen: er war
gegen Lore stets gefällig und freundlich, obwohl er dazu neigte, Häßlichkeit
als abschreckend zu empfinden. - -
     
    Zu Elkes größter Freude kam in diesen Tagen noch
jemand auf dem Sonnenhof an. Fränzi war es, die junge Hausgehilfin von zu
Hause.
    Elkes Eltern und Geschwister wollten in diesen
Augustwochen verreisen, die alte Anna sollte die Wohnung betreuen, und für
Fränzi gab es keine Aufgabe. Ihren Urlaub hatte sie zu Pfingsten erbeten und
bekommen.
    Als Frau Wendel am Fernsprecher Elkes Mutter
davon erzählte, daß nun auch noch vier Kinder aus Gelsenkirchen auf dem
Sonnenhof wären, fragte Frau Tadsen sofort, ob sie als Hilfe für die Betreuung
der vielen Gäste ihr Mädchen Fränzi schicken solle. Fränzi sei ein liebes,
lustiges, unermüdlich fleißiges Mädel.
    Dann wurde Fränzi gefragt, ob sie Lust hätte,
für ein paar Wochen auf den Sonnenhof überzusiedeln, es werde dort noch Hilfe
gebraucht. Nachmittags könne sie mit den Kindern spielen.
    Fränzi hatte sofort zugesagt. Sie war ja selbst
kaum sechzehn Jahre alt. Elke hatte ihr drei Postkarten mit Ansichten vom
Sonnenhof geschrieben, und auch nach allem, was Elkes Geschwister erzählt
hatten, mußte der Sonnenhof ein wahres Paradies sein!
    Nun war sie da und guckte mit lachenden Augen um
sich. „Sind hier ‘ne Menge Kinder auf’m Haufen!“ staunte sie, als sie die lange
Kaffeetafel unter den zwei schönen alten Linden sah. Neun zählte sie.
    Emilie und Max waren heute nämlich auch dabei.
Emilie hatte wieder einmal eine Kreuzstichdecke fertig, und Max hatte sich in
seinem ganzen Betragen so gut bewährt, daß er nun auch zu den Mahlzeiten
manchmal hinzugezogen wurde.
    Dann wurde Fränzi überall herumgeführt, und die
kleinen Gelsen-kirchener spielten nun schon die Fremdenführer. Fränzi hätte gut
sechs Paar Arme und Beine brauchen können, um alle Wünsche zu befriedigen. Der
eine zog sie hierhin, der andere dorthin, und während sie junge Katzen
bewunderte, rief ein anderer schon, daß sie doch endlich mal zu den Ziegen
kommen sollte.
    „So, das ist der berühmte See mit den
Wasserpferden“, sagte Fränzi jetzt. „Schade, daß ich nicht schwimmen kann!“
fügte sie mit einem bekümmerten Kopfnicken hinzu, und niemand sah, daß ihr
dabei ein rechter Schelm in den Augen saß.
    „Wir bringen Fränzi das Schwimmen bei!“ schlug
Achim vor.
    Ein lautes Hallo der Zustimmung folgte. Alle
wollten gern, daß Fränzi schwimmen lernen sollte.
    Aber Fränzi fing an zu jammern und zu zetern.
Nein, sie sei so wasserscheu! Sie werde sterben vor Angst, meinte sie.
    Es half Fränzi alles nichts. Schon am nächsten
Nachmittag — bis zum Mittagessen hatte sie ja immer im Hause zu tun — kam sie
dran.
    Erst mußte sie, im Gras liegend,
Schwimmbewegungen machen. Eins — zwei, drei! Eins — zwei, drei!
    Elke und Achim und Max kommandierten
abwechselnd, und wenn die arme Fränzi gar zu sehr außer Atem war und um eine
Ruhepause bat, dann hieß es nach höchstens einer Minute wieder: „Nun hast du
dich aber wirklich lange genug ausgeruht!“
    Schließlich bekam Fränzi einen Strick um den
Leib und wurde damit an den dicksten Ast der alten Weide ins Wasser gehängt,
die übers Ufer hinweg in den See hineingewachsen war. Sie kam „an die Angel“,
wie man das im Schwimmunterricht nennt.
    Herrje, stellte Fränzi sich dabei an! Sie
paddelte im Wasser herum und kreischte und schlotterte vor Angst. Je mehr sie
aber schrie und zappelte, desto mehr lachten und freuten sich die anderen.
    Nein, die Angel war zu entsetzlich, man kippte
immer vornüber, fand Fränzi schließlich und streikte. Sie wollte jetzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher