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Elke versteht das

Titel: Elke versteht das
Autoren: Wolfgang Brenner
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speziellen Situation unangenehm war. »Willst du etwa wissen, wie der Sex mit dir ist? Du möchtest wohl gelobt werden,
     was? Braucht dein Ego das?«
    Schmalenbach stand auf. »Wo willst du hin?«, fragte sie.
    »Ich mache dir jetzt eine Bouillon, Elke. Vielleicht kannst du dann einschlafen.«
    Sie zog ihn ins Bett zurück. »Ich möchte mich aber jetzt mit dir unterhalten. Du willst also wissen, wie du im Bett bist?
     Lass mich mal überlegen   …«
    »Nein!«, sagte Schmalenbach entschlossen. »Ich will jetzt endlich schlafen!« Er rollte sich in seine Decke ein und drehte
     sich von Elke weg.
    »Typisch!«, sagte sie. »Erst ein Gespräch über unseren Sex lostreten und sich dann feige vom Acker machen.«
    »Du hast mir ja nicht geantwortet«, brummte Schmalenbach. »Ich wollte nur wissen, wie es allgemein mit einem Mann ist. Wie
     es mit mir ist, weiß ich ja.«
    Elke saß plötzlich kerzengerade im Bett. »Gibt es einen besonderen Grund für diese Frage?«
    Jetzt hatte sie es geschafft: Schmalenbach war hellwach. Er gähnte und sagte: »Nöö. Gut’ Nacht.« Wenn er nicht sofort einschlief,
     geschah sicher ein Unglück.
    Elke rutschte wieder unter die Decke und drückte sich an ihn. »Warum hältst du mich nicht fest, bis ich eingeschlafen bin?
     Halt mich endlich fest, Schmalenbach, sonst sterbe ich noch vor Müdigkeit!«
    Also tat er es. Was blieb ihm sonst übrig? Immerhin hörte sie auf zu reden. Das war ja schon mal was.
    »Weißt du, manchmal denke ich, man sollte sich auch mal in das andere Geschlecht hineinversetzen. Deshalb würde ich gerne
     wissen, wie es so ist mit einem Mann. Nicht, dass ich da irgendwelche Ambitionen hätte. Ich bin ja durch und durch heterosexuell.
     Ich glaube, es gibt im ganzen Nordend keinen, der heterosexueller ist als ich. Trotzdem würde ich es gerne wissen. Als Intellektueller
     bin ich mir das einfach schuldig. In meinem Unbewussten soll es keine weißen Flecken geben. Weißt du, ich habe manchmal Träume   – Träume, die mir nicht gerade angenehm sind. In einem dieser Träume spielt ein gewisser Ralf oder Rolf oder Rudi eine Rolle.
     Deshalb muss ich das wissen. Ich weiß, ich gehe sehr weit mit diesem Geständnis. Aber ich bin sicher, dass du das Vertrauen
     rechtfertigst, das ich in dich setzte. Oder täusche ich mich da, Elke?«
    Elke rechtfertigte das Vertrauen, das er in sie setzte. Sieblieb ganz ruhig. Keine Tränen, keine Vorwürfe, keine dummen Witze. Elke war eben ein reifer Mensch.
    »Und – was meinst du dazu?«, fragte er.
    Sie schwieg. Sie atmete nur. Ganz ruhig. Als ob sie tief schlief. Nein: Sie schlief tief. Sehr tief. Und Schmalenbach war
     wach. Er blieb lange wach. Er hatte Angst einzuschlafen. Angst vor Ralf oder Rolf oder Rudi.

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    Sie frühstückten zusammen, sie kauften zusammen ein, sie sahen abends zusammen Talkshows, aßen die von Elke zubereiteten Nudelgerichte,
     stießen mit den neuen langstieligen Weißweingläsern an, sahen sich tief in die Augen – und gingen dann getrennt ins Bett.
     Elke schlief in Schmalenbachs Schlafzimmer, der Hausherr auf der immer lascher und speckiger werdenden Ledercouch. Nachdem
     dieser Zustand schon einige Wochen anhielt, glaubte Schmalenbach nicht mehr daran, dass es sich bei der erzwungenen sexuellen
     Abstinenz um eine psychische Spätfolge der emotionalen Flurschäden handelte, die er in Elkes moderner, aber dennoch hochempfindlicher
     Seele mit seiner kurzen Liaison mit der Bodybuilderin aus Darmstadt angerichtet hatte.
    Schmalenbach kannte die Frauen nicht besonders gut, aber eines wusste er: Sie waren komplizierter als Männer. Sie mussten
     zu dem, was ihnen guttat, überredet werden. Er schob also den Teller mit der neuen Kreuzung von Makkaroni und Tagliatelle
     weg, stellte mit der Fernbedienung den Ton der Talkshow leiser, trank einen zaghaften Schluck Weißwein, legte seine Hand auf
     Elkes Unterarmund räusperte sich. »Hör mal, Elke!«, begann er. »Es ist ja so, Mann und Frau können auf Dauer nicht nebeneinander leben,
     ohne miteinander zu schlafen.«
    Elke sagte, ohne ihren Blick vom Bildschirm zu wenden: »Meine Eltern konnten das!«
    »Wenn ich mit deiner Mutter verheiratet wäre, könnte ich das auch!«, warf Schmalenbach ein – das war als diffiziles Kompliment
     gedacht, was Elke aber nicht zu realisieren schien, denn sie zog ihren Unterarm unter Schmalenbachs Hand weg, als traktiere
     er sie mit einer Zigarettenglut. »So lange du so über meine Mutter redest, musst du
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