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Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel

Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel

Titel: Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel
Autoren: Thomas Kanger
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ist. Katarina Diederman rief mich an, als das Boot zurückgekehrt war. Sie war die Einzige, die etwas Englisch sprach. Sie sagte, laut Besatzung habe auf See Chaos geherrscht. Es hatte an Bord Streit gegeben, ich weiß allerdings nicht, weswegen. Ein Mann sei erschossen worden. Dann seien alle Flüchtlinge gezwungen worden, in ein kleines Boot zu steigen. Mehr weiß ich nicht.«
    Er verstummte. Elina sah die Bilder in ihrem Kopf. Bilder, die sie vermutlich lange verfolgen würden. Sie erhob sich und ging in dem Verhörzimmer auf und ab.
    »Niemand gelangte an Land. Sie müssen also untergegangen sein«, sagte sie.
    Axel Bäckman nickte. »Aber daran … daran konnte ich nichts mehr ändern.«
    »Weißt du eigentlich, wie viele Kinder auf diesem Boot waren?«, fragte Elina und nahm wieder gegenüber Bäckman Platz. Er wich ihrem Blick aus.
    »Viele, Bäckman. Viele Kinder.«
    Er rührte sich nicht.
    »Und dann hat Jamal angefangen, Fragen zu stellen«, sagte sie. »War es so?«
    »Ja, er setzte alles in Bewegung.« Bäckman wirkte regelrecht dankbar, dass sie das Thema gewechselt hatte. »Er hat überall herumtelefoniert. Schließlich hat er sich an Ahmed Qourir gewandt. Jamal hatte 70000 für diesen israelischen Haftbefehl gezahlt, der ihm die Aufenthaltsgenehmigung einbrachte. Er wusste also, wer Qourir war. Er fragte Qourir, ob er ihm dabei helfen könnte herauszufinden, was Sayed zugestoßen sei. Gegen Bezahlung. Qourir, der Idiot, dachte, das sei leichtverdientes Geld. Schließlich waren sie beide Palästinenser. Qourir gab ihm den Rat, Carlström anzurufen. Damit hatte er eine Lawine losgetreten. Carlström geriet in Panik. Er rief mich an und erzählte mir, was passiert war. Jamal schien eins und eins zusammenzuzählen, genau wie du später auch. Er war schlau. Meinen Namen kannte er zwar nur vom ersten Verhör, aber das Risiko bestand, dass er zur Zeitung gehen und alles erzählen würde. Damit war Carlström in Gefahr. Und wenn Carlström dran glauben musste, dann konnte ich auch abdanken.«
    Elina beugte sich vor und drückte auf Stop. »Wir machen eine kurze Pause. Ich bringe dir dann einen Kaffee mit.«
    Sie erhob sich und verließ den Raum.

45. KAPITEL
    »Wie geht’s?« John Rosén saß an seinem Schreibtisch, als Elina mit zwei Tassen Kaffee eintrat.
    »Er packt aus. Ich glaube, dass er alles erzählen wird.«
    »Fein. Geht es eigentlich gut, ihn allein zu verhören?«
    »Solange er redet, muss ich schließlich nicht viel tun.«
    »Wie wirkt er? Ist er immer noch so aggressiv?«
    »Überhaupt nicht. Er ist ruhig. Am Anfang hat er so berichtet, als würde er bei einer Einladung eine interessante Anekdote zum Besten geben. Er wirkt nicht recht bei Sinnen. Aber als wir auf die verschwundenen Flüchtlinge zu sprechen kamen, schien es ihm doch nahezugehen.«
    »Wusste er, was sich da auf See abgespielt hatte?«
    »Man hatte die Leute gezwungen, in ein kleines Boot zu steigen. Mehr wusste er nicht. Das muss grauenvoll gewesen sein.«
     
    Elina hatte zwei Tassen Kaffee dabei, als sie das Verhörzimmer wieder betrat. Sie reichte Bäckman eine, die andere gab sie dem Anwalt. Dann schaltete sie das Tonband wieder ein und schaute auf die Uhr.
    »Wir setzen die Vernehmung um 10 Uhr 42 fort. Bäckman, du hast ausgesagt, dass Jamal anfing, Fragen zu stellen, und dass du Angst hattest, alles könne auffliegen. Was hast du dann getan?«
    »Ich habe Jamal beschattet. Er fuhr in den Wald hinaus. Das war meine Chance.«
    »Was ist dort draußen passiert?«
    »Er hat mich wiedererkannt.«
    »Sagte er deinen Namen?«
    »Ja. Aber ich erinnere mich nicht mehr an den genauen Wortlaut. Aber er erkannte mich. Und deswegen …«
    Elina wartete.
    »Deswegen habe ich die beiden erschlagen.«
    »Und Qourir?«
    »Er wurde für Carlström und mich zum Sicherheitsrisiko.«
    »Wusste Carlström, dass du sie ermorden wolltest?«
    »Nein.«
    »Was hast du dann getan?«
    »Als die Ermittlungen begannen, sorgte ich dafür, dass ich dabei bin. Um einen Einblick zu haben und den Verdacht von mir abzulenken.«
    »Und was hatte das mit dieser Terrorgeschichte auf sich? Dieser sogenannte Aufklärung des Falls von Seiten der Sicherheitspolizei und dir?«
    »Ganz einfach. Ich beschaffte eine gefälschte Zeugenaussage und sprach mit meinem Gewährsmann in Israel ab, was er tun sollte. Er arbeitet schließlich bei einer Abteilung, die Kontakt zur Sicherheitspolizei hat. Er beantwortete die Anfrage zwar nicht selbst, war aber an den Beratungen
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