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Elfmeter fuer die Liebe

Elfmeter fuer die Liebe

Titel: Elfmeter fuer die Liebe
Autoren: Lex Beiki
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Bandaufnahmen, erkannte ich meine Stimme auf Anhieb. Ich verfiel in mein altes Muster der Hysterie; fauchte Tobias an, was ihm einfiele, sich in meinem Leben einzunisten.
    „Das war ich nicht“, erwiderte er stoisch ruhig. „Ich weiß auch nicht, was los ist.“
    „Ich bin in deinem Körper und du bist in meinem! Der Himmel weiß, wie das passiert ist“, klärte ich ihn, zu Recht verärgert, auf.
    „Warum?“, fragte er mit der Stimme eines Menschen, der an Überforderung gewöhnt war.
    Darauf konnte ich ihm natürlich keine Antwort geben. Nach vier Minuten völlig sinnlosen Hin- und Hergeplänkels über Schuld und Irrtum, zitierte ich ihn augenblicklich her.
    „Wo seid ihr denn?“, wollte er wissen.
    „Irgendwo in Belgien“, war meine nicht eben hilfreiche Antwort. Ich hatte beim Abfahren der Autobahn nicht aufgepaßt, um nicht den Faden bei Ich-Packe-Meinen-Koffer zu verlieren .
    „Ich komm zum Hotel“, schlug er vor. „Dann können wir reden.“
    „Reden?“ Eventuell quietschte ich diese Erwiderung entgeistert. Mit Reden war da nun wirklich nichts zu machen. Gehandelt musste werden, und zwar schleunigst. Allerdings, gab ich zu, dass auch ich keinen blassen Schimmer hatte, was genau es zu tun galt. Insofern war sein Vorschlag, sich jedenfalls erstmal zu treffen, gar kein so übler.
    „Ich ruf an, wenn ich auch in Paris bin“, erklärte er ruhig. „Das Hotel kenn ich ja.“
    Mir fiel siedendheiß ein, dass ich im Gegensatz zur Restbevölkerung der westlichen Wohlstandswelt kein Handy besaß. Doch das schien Tobias Weizenfeld nicht aus der Ruhe zu bringen.
    „Kauf ich mir halt eines“, war seine Antwort.
    Kaufte er sich halt eines. Sicher. Da hätte ich natürlich auch von selbst drauf kommen können.
     
    Nördlich von der Stadt, weit entfernt vom Zentrum, von Touristen und Eiffelturmsouvenirlädchen, wo Paris wieder einfach nur Frankreich sein durfte anstatt Megalopolis extraordinaire, lag die kleine aber luxuriöse Pension „Chez Zizou“. Lavendelfelder zur Linken, ein Pappelhain zur Rechten und ein pittoresker Flußlauf im Rücken, hinter dem die letzten urbanen Ausläufer wie gemalt wirkten. Doch so malerisch altmodisch das Etablissement von außen wirkte, so hochmodern war es von innen: Jedes Zimmer eine Suite, im Keller Whirlpool, Schwimmbecken, Sauna und Massagebänke; draußen ein gepflegter Trimm-Dich-Pfad, der sich im Schutze des Grundstückes entlang schlängelte. Bis auf eine kleine Gruppe hartgesottener Sportfans, die in mitgebrachten Zelten jenseits des Flusses campierten, der perfekte Rückzugsort.
    Als der Bus der Nationalmannschaft zu verhaltenem Jubeltaumel des Fangrüppchens auf den Kiesweg der Pension einbog, als die dreiundzwanzig Spieler mit ihren Trainern im Licht der orange werdenden Sonne aufliefen, war der Rest des Betreuerstabes bereits längst vor Ort und hatte klar Schiff gemacht.
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch geglaubt, mit meiner Flucht leichtes Spiel zu haben. Doch die Anzahl der Involvierten stieg vor meinen Augen ins Lächerliche – vom Masseur zum Koch war jeder nur erdenkliche Beruf vertreten und sie alle hatten nur eine Aufgabe: sich um die Spieler, ihr Wohlergehen, ihre Bedürfnisse, ihre Gesundheit zu kümmern. Ich fragte mich, wo diese Männer untergebracht waren, die Pension wirkte schon für fünfundzwanzig nicht eben geräumig.
    Und dann die Gendarmerie. Vermutlich nur anwesend, um ein wachsames Auge auf den Fanclub gegenüber zu werfen; sie würden kaum entzückt sein, wenn sie mich heut e Nacht zwischen Lavendelbüsche n aufgabeln würden, wo ich mich bis zu Tobias‘ Eintreffen verstecken wollte. Meine ohnehin nicht eben hohe Stimmung sank einem neuen Tiefpunkt entgegen.
    Wir stiegen aus dem Bus und schulterten unsere Taschen, meine bis zum Bersten gespannt. Leander bat mich, seine bisher getippten dreieinhalb Seiten Autobiographie (inklusive Titelblatt) gegenzulesen; irgendwas fehle ihm irgendwie, maulte er unzufrieden. Auf meinen Einwurf, er sei mit fünfundzwanzig vielleicht noch etwas jung für seine Memoiren, schnalzte er lediglich verächtlich mit der Zunge. Weiter konnte ich das Gespräch dann allerdings nicht verfolgen, denn in just diesem Moment katapultierte mich eine Ladung Erinnerungen unvorbereitet in meine Vergangenheit (emotional gesehen), denn aus der efeuumrankten Eingangstür trat niemand Geringerer als Oliver Brauhaus höchstpersönlich in all seiner Anmut. Mit einem Schlag fühlte ich mich wieder wie fünfzehn – neben
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