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Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Titel: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin
Autoren: Jana Paradigi
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Schaumstoff. Zwei der Tische waren mit gebückten Gestalten besetzt, die, der Kleidung nach zu urteilen, aus einem früheren Jahrhundert zu kommen schienen. Hinter dem Tresen lehnte ein ausgemergelter alter Mann – Hosenträger über einem ausgeblichenen Hemd und die speckige Kappe ins Gesicht gezogen. Seine Kiefer mahlten im klackernden Rhythmus des Stand-ventilators.
    »Dobrý deň«, versuchte es Robert erneut mit den wenigen Bröckchen Slowakisch, die er im Reiseführer nachgelesen hatte.
    Der Wirt nickte knapp, während sich sein Blick auf Anne heftete. Die Hände an die Hüften gelegt, schritt sie in den Raum, präsentierte sich, machte eine Drehung und bedachte jeden der Anwesenden mit einem Lächeln samt filmreifem Augenaufschlag. Robert fühlte den Drang, zu ihr zu eilen und sie vor den gierigen Blicken der anderen abzuschirmen. Doch er hielt sich zurück und zwang sich zur Zurückhaltung, während sich seine Fingernägel langsam in den Tresen bohrten.
    Anne legte gerade erst los. Fast zärtlich strich sie über eine der Stuhllehnen und fragte: »Ist der noch frei?« Ohne eine Antwort abzuwarten, machte sie einen weiteren Schritt, setzte sich direkt neben eine der lüstern dreinblickenden Gestalten, schob ihren Rock ein kleines Stückchen zurück und schlug die Beine übereinander. Ihre Finger tanzten verspielt über die Tischfläche, während ihr Blick Kontakt suchte. »Was trinkt man hier in dieser Gegend? Bier? Wein? Schnaps?«
    Zumindest eines der Worte schien der Einheimische verstanden zu haben, denn er zeigte ein amüsiertes Zahnlückenlächeln und hob sein Glas.
    Anne nahm den Faden auf, drehte sich dem Wirt zu und bestellte per Handzeichen, was auch immer ihr Gegenüber trank. Der Alte bewegte sich zum Schankhahn, zapfte zwei Bier und stellte Robert ungefragt eines davon auf die Theke.
    Nicht gerade das, was man sonst unter einer Kaffeepause verstand, dachte der Fotograf. Trotzdem lächelte er gezwungen und prostete in die Runde. Und die Männer prosteten zurück.
    Nachdem Anne zum zweiten Mal und mit betörender Langsamkeit ihre Beinhaltung gewechselt hatte, gab der Kerl seine Zurückhaltung endgültig auf. Kichernd rieb er sich die Schenkel, bestellte Biernachschub für alle und eine Runde Sliwowitz. Und das nur, weil Anne sich hingesetzt und gelächelt hatte.
    Seufzend leerte Robert das erste Glas. Dann ergriff er das neue mit der einen Hand, den Zwetschgenschnaps mit der anderen und setzte sich mit an den Tisch. »Na dann, prost!«
    »Prost«, erwiderte der vielleicht sechzigjährige Mann und kippte den Sliwowitz hinunter, als wäre er Wasser. Und dann begann er zu Roberts Überraschung und trotz des offensichtlichen Unmuts der anderen, in gebrochenem Deutsch seine Lebensgeschichte zu erzählen. In altertümlich gehaltener Sprache berichtete er stolz, dass seine Vorfahren aus dem ehemaligen Siebenbürgen stammten, einem Ableger des österreichisch-ungarischen Reiches, das nach dem Ersten Weltkrieg Rumänien zugesprochen worden war. Mittlerweile kannte man es besser unter dem Namen Transsilvanien.
    Mit polternder Stimme erzählte er von der grausamen Besetzung durch die Türken, von Plünderungen, Seuchen und Hungersnöten, die das Land im Laufe der Jahrhunderte geschüttelt hatten. Er malte die Ausbeutung durch die verschiedenen Fürsten so lebendig aus, dass Robert nur staunen konnte. Als schließlich der Name Báthory fiel, war der Deutsche sicher, mit diesem alten Kauz, der sich nach einem weiteren Schnaps als Jarosh vorstellte, auf eine wahre Goldader gestoßen zu sein.
    Er erfuhr, dass Gabriel Báthory – ein Neffe der Blutgräfin – von 1608 bis 1613 als transsilvanischer Fürst regiert und die Bevölkerung abgeschlachtet hatte. Überhaupt schien sein Clan zu jener Zeit nahezu ganz Osteuropa beherrscht zu haben. Als Robert auf Elisabeth zu sprechen kommen wollte, lächelte Jarosh hintergründig und wanderte in seiner Geschichte weiter bis in die Neuzeit. Seltsam unbeteiligt erzählte er von der Diskriminierung seiner eigenen Familie, der Angst und Enteignung unter der Herrschaft von Ceauşescu und schließlich von der abenteuerlichen Flucht Richtung Westen. Weit waren er und die Seinen offenbar nicht gekommen.
    Robert wollte wissen, warum sie ausgerechnet an diesem Ort haltgemacht hatten, doch der Mann schüttelte grinsend den Kopf. »Irgendwann kehrt jeder zu seinen Wurzeln zurück«, sagte er orakelhaft. Dabei lachte er grimmig und bleckte die Zähne.
    Einen albernen Moment lang
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