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Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Titel: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin
Autoren: Jana Paradigi
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fragte er.
    Die Alte zuckte erneut mit den Mundwinkeln, hämisch vielleicht oder verächtlich. Robert zog seinen Reiseführer aus der Hosentasche und tippte auf ein Foto. Es zeigte eine Vitrine, in der eine der alten Gerichtsakten präsentiert wurde, die beim Prozess gegen die Blutgräfin erstellt worden waren. »Museum?«
    Doch die Frau warf nicht einmal einen Blick auf das Bild, bevor sie den Kopf schüttelte und rief: »Chod’, už aj!«
    Obwohl Robert kein Wort verstand, war die Botschaft nicht zu überhören. Mit einem holprigen
d’akujem
bedankte er sich, blickte Anne fragend an und trat mit ihr wieder hinaus auf die Straße.
    »Vielleicht hilft ja eine Kaffeepause, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen«, schlug Anne vor.
    Ein weiterer Punkt, warum Robert sie so sehr liebte: Sie war nicht nachtragend – zumindest nicht lange. Statt ihn den Rest des Tages spüren zu lassen, dass er ihr mit diesem Ausflug alles andere als einen Gefallen tat, half sie ihm mit ihrem üblichen Weitblick und ihrem Kalkül, an sein Ziel zu gelangen.
    Er lächelte. »Du hast recht. In jedem noch so ausgestorbenen Kaff gibt es mindestens eine Kneipe. Und wo es Bier gibt, gibt es auch redselige Leute. Irgendjemand hier wird doch wohl ein Bröckchen Deutsch oder Englisch in der Schule gelernt haben.«
    »Eine spendierte Runde Schnaps bewirkt da manchmal Wunder«, schlug Anne mit einem Zwinkern vor. Also stiegen sie wieder ein und fuhren im Schritttempo weiter in den Ort. Die Krähen folgten ihnen.
    Robert war dankbar für Annes Einlenken, spürte aber Unbehagen in sich aufsteigen – das gleiche flaue Gefühl, das sich bei jedem Krankenhaus- oder Friedhofsbesuch zielsicher in seinem Magen breitmachte. Seine Wahrnehmung schaltete gewissermaßen auf Alarmstufe Gelb um, und er begann, die Umgebung misstrauisch zu sondieren. Je genauer er hinsah, desto seltsamer wurden seine Entdeckungen.
    Er bemerkte, dass an jeder zweiten Ecke Christuskreuze, Marienbildnisse oder Kapellen standen. Blumenkränze und Kerzen schmückten die Hauseingänge und ließen auf eine äußerst aktive Glaubensgemeinschaft schließen. Doch statt Erleuchtung schien Gott dieser Stadt nur noch mehr Dunkelheit gesendet zu haben. Überall hockten Krähen auf den Dächern und Zäunen und schienen die fremden Eindringlinge misstrauisch zu beobachten. Sogar der Himmel – eben noch strahlend blau und wolkenlos – hüllte sich mit einem Mal in Trauerschleier und versteckte sein sonniges Gesicht hinter einer Scheibe aus grauem Dunst.
    Die Straße führte in leichtem Bogen auf eine erhöht erbaute Kirche zu. Mit ihrem Zwiebeldach, dem quadratischen Turm und seinem weißgelben Anstrich hätte sie auch ohne Probleme irgendwo in Bayern stehen können. Aber Robert interessierte sich nicht für Kirchen. Auf der gegenüberliegenden Seite, wo die Hauptstraßen zusammentrafen, fiel ihm ein grünes Emblem mit goldenem Fasan darauf ins Auge – das Markenzeichen der einheimischen Biersorte
Slaty Bazant
.
    »Die Kneipe steht gleich neben der Kirche, das ist mal wieder typisch. Nach der Sonntagspredigt geht’s direkt zum Frühschoppen.« Robert lachte, doch das Unbehagen ließ sich nicht so leicht abschütteln. Er parkte den Wagen in Sichtweite und verzichtete auf die Lenkradkralle, die man ihm beim Mietwagenzentrum mitgegeben hatte. Autodiebstahl war laut Reiseführer immer noch ein großes Thema in diesem Land. Wer das Geld und die Gelegenheit dazu hatte, dem wurden bewachte Parkplätze empfohlen. Aber erstens war keine Menschenseele in der Nähe, und zweitens – wer sollte ausgerechnet in diesem gottverlassenen Ort auf die Idee kommen, Roberts Auto zu klauen?
    Die Tür stand offen. Eine Geruchsmischung aus Fett und altem Zigarettenrauch strömte Robert in die Nase, als sie auf dem Treppenabsatz standen. »Bist du sicher, dass du da rein willst?«
    Anne schmunzelte. »Ich dachte, solche Spelunken sind so etwas wie deine zweite Heimat?«
    »Früher vielleicht, aber du hast mir diesen Lebensstil in den letzten Monaten gründlich ausgetrieben«, brummte er, fasste Anne um die Hüfte und zog sie an seine Seite. »Wie sieht’s aus? Bist du bereit, ein paar Einheimische zu verführen? Vielleicht verraten sie uns dann, wo wir das Museum finden.«
    Zur Antwort biss Anne ihm leise schnurrend ins Ohrläppchen und ging voran.
    Der Gastraum war klein und heruntergekommen. Sechs Tische, vergilbte Häkeldeckchen, getöpferte Vasen mit ausgeblichenen Kunstblumen, fleckige Sitzkissen aus
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