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Elfenbann

Elfenbann

Titel: Elfenbann
Autoren: Aprilynne Pike
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schüttelte den Kopf. »Und ich habe nichts gehört. Diese verdammten Menschensachen.« Er setzte sich auf einen umgefallenen Baumstamm und zog sich eine Socke aus. »Die sind nicht nur unbequem, sondern machen auch noch Lärm! Und was ist mit dieser Schule los? Da ist es so dunkel !«
    Laurel verkniff sich ein Grinsen. Genau das Gleiche hatte sie an ihrem ersten Tag an der Del-Norte-Highschool auch zu ihrer Mutter gesagt. »Man gewöhnt sich dran«, sagte sie und reichte ihm die Nektarine. »Iss, das hilft.«
    Als er die Frucht nahm, streifte er ihre Finger. »Danke«, sagte er leise, zögerte und biss hinein. »Ich habe das geübt, wirklich! Aber sie haben mich nie so lange in einen Raum gesperrt. Ich habe mich darauf konzentriert, die Kultur zu erlernen, und nicht richtig über die Konsequenzen des Stubenhockens nachgedacht.«
    »Setz dich unters Fenster«, schlug Laurel vor. »Für mich war es anfangs auch hart.«
    »Und wer zum Teufel hat die Jeans erfunden?«, fuhr Tamani finster fort. »So ein schweres, drückendes Gewebe? Man kann mir doch nicht im Ernst erzählen, dass die Menschen, die immerhin das Internet erfunden haben,
keinen besseren Stoff herstellen können? Ich bitte dich!«
    »Dass du Internet sagst«, prustete Laurel los. »Wie komisch hört sich das denn an?«
    Tamani lachte nur und biss wieder in die Nektarine. »Du hattest recht«, sagte er dankbar und hob die Frucht hoch. »Das hilft wirklich.«
    Laurel setzte sich neben ihn auf den Baumstamm, fast so nah, dass sie sich hätten berühren können. Doch die Luft zwischen ihnen hätte genauso gut eine Steinmauer sein können. »Tamani?«
    Er drehte ihr das Gesicht zu, sagte jedoch nichts.
    Auch wenn es vielleicht ein Fehler war, beugte Laurel sich lächelnd vor und schlang die Arme um seinen Hals. »Hallo«, sagte sie an seinem Ohr.
    Er nahm sie fest in den Arm und erwiderte ihre Begrüßung. Als sie sich lösen wollte, hielt er sie noch fester und flehte sie mit seinen Händen an zu verweilen. Sie kämpfte nicht dagegen an – sie wollte es auch gar nicht. Nach wenigen Augenblicken ließ er sie mit spürbarem Bedauern los. »Hallo«, sagte er ruhig.
    Sie hob den Blick und war enttäuscht, als sie merkte, dass die hellgrüne Farbe seiner Augen sie noch immer störte. Sie sahen nicht total anders aus, es waren immer noch seine Augen. Doch die neue Farbe machte sie nervös.
    »Es tut mir leid«, sagte Tamani, »dass es so überraschend für dich kam.«
    »Du hättest mir Bescheid geben können.«
    »Und was hättest du dann gesagt?«, fragte er.

    Laurel wollte etwas erwidern, doch dann schwieg sie und lächelte schuldbewusst.
    »Du hättest gesagt, ich sollte nicht kommen, stimmt’s?«
    Laurel zog nur eine Augenbraue hoch.
    »Deshalb konnte ich dir nichts sagen«, sagte er mit einem Schulterzucken.
    Laurel bückte sich, pflückte ein kleines Farnblatt und riss es in kleine Stücke. »Wo bist du die ganze Zeit gewesen?« , fragte sie. »Shar wollte es mir nicht verraten.«
    »Die meiste Zeit war ich in Schottland, wie ich eben im Kurs schon sagte.«
    »Und warum?«
    Jetzt zeigte er einen Anflug von schlechtem Gewissen. »Zur Ausbildung.«
    »Was für eine Ausbildung?«
    »Ich habe dafür trainiert, hierherzukommen.«
    »Die ganze Zeit?«, fragte Laurel kaum hörbar.
    Tamani nickte.
    Laurel wollte den Schmerz verdrängen, der ihr den Atem raubte. »Du hast die ganze Zeit gewusst, dass du zurückkommst, und dich nicht von mir verabschiedet?« Sie erwartete eine beschämte oder wenigstens entschuldigende Miene, doch diesen Gefallen tat er ihr nicht. Er sah sie an, ohne zu blinzeln.
    »Du meinst, damit du mir deine Entscheidung für David persönlich hättest mitteilen können? Und dass du ohnehin nicht mehr vorbeikommen wolltest?«
    Sie schaute weg, als ihr schlechtes Gewissen die verletzten Gefühle überlagerte.
    »Was hätte ich davon gehabt? Du hättest dich besser
gefühlt – wahrscheinlich wie eine Heldin – und ich hätte dagestanden wie ein Narr, ein enttäuschter Liebhaber, der ans andere Ende der Welt geht.« Er hielt inne, biss wieder in die Nektarine und kaute nachdenklich. »Auf diese Weise musstest du die Bürde deiner Entscheidungen tragen und ich konnte meinen Stolz retten – zumindest teilweise«, fuhr er fort, »denn ich musste ja doch ans andere Ende der Welt gehen und den enttäuschten Liebhaber geben. Meine Mutter würde wahrscheinlich sagen ›Gleiche Frucht, anderer Ast‹.«
    Laurel war sich nicht sicher, ob sie die
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