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Elfen wie Stahl

Elfen wie Stahl

Titel: Elfen wie Stahl
Autoren: Chris Evans
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Arbeit abhalten.« Der Vizekönig kehrte dem Leutnant den Rücken zu, während dieser salutierte und in die Dunkelheit stolperte.
    Der Vizekönig schlenderte zu den Überresten des Thronsaals. Oder, fragte er sich, hatten sie einfach Palmwedel auf den Boden gelegt und dort gekauert wie die Hunde? Eingeborene, dachte er. Sie sind doch überall auf der Welt gleich. Das Imperium ging viel zu nachsichtig mit ihnen um, wenn es ihnen erlaubte, ihre minderwertige Kultur zu behalten. Es war längst an der Zeit, dass das Imperium zu seiner alten Stärke zurückfand und den ungebildeten Völkern Feuer, Stahl und Zivilisation brachte. Man hatte in diesem Zeitalter des
Friedens den Orks, Zwergen, Elfen, Elfkynan und dem ganzen Rest dieser vermischten Rassen erlaubt zu gedeihen. Sie hatten das Imperium von innen und von außen vergiftet. Die Barmherzigkeit der Kaiserin würde den Untergang des Imperiums herbeiführen, wenn man nichts dagegen unternahm.
    Während er zwischen den Trümmern umherschlenderte, dachte er an die Gerüchte über den Roten Stern. Er vertraute Gerüchten ebenso, wie er scharfen Klingen traute; bei beiden versuchte er stets, die scharfe Spitze zu packen, ohne gestochen zu werden. Wenn die Geschichte mit den Sternen allerdings stimmte …
    Doch jeder Gedanke an Sterne verschwand, als er seinen zukünftigen Thronsaal betrat. Ein Kreis von Laternen hing an eisernen Stangen. Sie warfen ein flackerndes gelbliches Licht und erzeugten den Eindruck, als bestünde das Leben dort nur aus Staub und zerfallendem Stein. Der einst prachtvoll geflieste Boden war von einem Netz aus Rissen überzogen und von Schimmelflecken übersät. Der lange Konferenztisch aus Eiche mit den beiden Weidenstühlen wirkte vollkommen deplatziert und stellte gleichzeitig die einzige Möblierung dar, die der Palast zu bieten hatte. Die Stühle waren offenbar heimischen Ursprungs und für den Geschmack des Vizekönigs viel zu überladen. So etwas wie den Tisch jedoch hatte er noch nie zuvor gesehen. Seine geschnitzten Beine ähnelten denen von Drachen; Sehnen und Klauen waren meisterlich dargestellt. Es sah aus, als wollte der Tisch jeden Augenblick einen Satz machen. In der Platte schimmerten smaragdgrüne Blattintarsien, die einen Drachenschädel nachbildeten, der das Maul weit aufgerissen hatte und ihn aus zwei pechschwarzen Augen anstarrte. Den Vizekönig beschlich das Gefühl, beobachtet zu werden, und er vermutete, dass dieser Trick nicht nur durch die Fertigkeiten des Holzschnitzers erzeugt wurde.

    Vizekönig Gwyn setzte sich in einen Stuhl vor dem Tisch und strich mit den Händen über dessen Oberfläche. Er staunte über seine Glätte und das kribbelnde Gefühl, das seine Arme hinauflief. Dann legte er gezielt seine Hand auf das Maul des Drachen und schalt sich anschließend dafür, weil er einen Moment gedacht hatte, dass tatsächlich etwas passieren würde. Es war jedenfalls eine wundervolle Arbeit. Er lächelte. Und es war das erste Positive, das ihm der vorherige Vizekönig hinterlassen hatte.
    Â»Die Veränderung kommt, wartet nur ab«, sagte er leise. Vielleicht war es ein Windstoß, der zwischen die Laternen gefahren war, aber für einen Augenblick schien der Tisch ein bisschen heller zu strahlen.

3
    KONOWA FLINKDRACHE TRAUTE keinen Bäumen, jedenfalls nicht mehr, seit er im Alter von sechs Jahren von einem heruntergefallen war. Seine Beziehung zu ihnen hatte sich seitdem immer mehr verschlechtert. Er wirbelte herum und sah hinter sich, suchte nach einem Anzeichen von Bewegung. Doch der Wildpfad, dem er folgte, war verlassen. Die Bäume, die ihn säumten, standen groß, braun und regungslos da. Gut. Etwas summte neben seinem Ohr. Er schlug klatschend auf seinen Nacken und hob die Hand vor die Augen, um sein Opfer zu begutachten. Dann knurrte er zufrieden; eine schwarze Fliege weniger, die ihn quälte.
    Er wischte die Hand an der Rinde eines Baumes ab, dann griff er zu der Feldflasche, die er über die Schulter geschlungen hatte, trank einen Schluck und sah sich dann in diesem merkwürdigen, schwülen Wald um, der jetzt sein Zuhause war.
    Ein Miasma aus Geräuschen und Gerüchen überfiel ihn förmlich hinter jeder Biegung. Käfer, Vögel, pelzige Tiere zwitscherten, keckerten, spien, blafften, knurrten, jaulten und bissen den ganzen Tag und, was besonders nervend war, auch die ganze Nacht
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