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Elfen wie Stahl

Elfen wie Stahl

Titel: Elfen wie Stahl
Autoren: Chris Evans
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um sein Leben rannte.
    Vollkommen außer Atem und am Rand der Erschöpfung erreichte er schließlich den Mittelpunkt des Waldes, der auf dem Gipfel des Berges lag.
    Dort stand auf einem zerklüfteten Granithügel eine silberne Wolfseiche.
    Er kannte Wolfseichen sehr gut, Himmel ja, aber diese hier glich in keiner Weise den hohen majestätischen Bäumen im Großwald des Hyntalands in der Tiefebene, deren Zweige kräftig und geschmeidig waren durch die nährende Sonne.
Dieser Baum hier hatte nichts von diesen Eigenschaften; er hing tief und breit über dem Fels und streckte seine spitzen Gliedmaßen in jede Richtung aus, als wollte er seine Umgebung mit einem Dickicht aus wilder, finsterer Gier überziehen. Glitzernde schwarze Eicheln bedeckten den Boden darunter.
    Der Wald dehnte sich aus.
    Der Magus wurde von dem plötzlichen Drang erfasst, den Boden zu verlassen und irgendwo hinaufzuklettern. Er betrachtete die Bäume ringsum und kam zu dem Schluss, dass der Boden, so vergiftet er auch sein mochte, immer noch besser war. Es war so, wie er befürchtet hatte. Es kostete seinen Tribut, so dicht an der silbernen Wolfseiche zu sein; er begann schon, wie ein Eichhörnchen zu denken. Wolfseichen waren die natürlichen Kanäle für die rohe elementare Magie der Natur, und die silbernen unter ihnen waren unvergleichlich. Diese hier übertraf jedoch selbst die silbernen.
    Vor fünfhundert Ringen war diese silberne Wolfseiche noch ein Schössling auf der Geburtswiese des Großwaldes gewesen; ein neues junges, vielversprechendes Leben. Im Laufe der Zeit hätte sie selbst die höchsten Bäume überragt, ein einzigartiges Wesen von unglaublicher, wenn auch einfacher Macht. Es hätte den Wald beherrscht und geschützt, indem es alles Lebendige darin beeinflusst hätte. So war es von Anfang der Zeiten an gewesen. Dann waren die Elfen ins Hyntaland gekommen, und alles hatte sich verändert.
    Der Magus kämpfte gegen seine primitivsten Instinkte, sowohl die des Elfs als auch die des Eichhörnchens, um nicht den Berg hinabzufliehen. Jedenfalls noch nicht, nicht ohne das zu bekommen, weshalb er hier war. Er setzte eine Pfote vor die andere und näherte sich vorsichtig der silbernen Wolfseiche. Doch plötzlich wurde er aufgehalten: Ein Reflex seines
Eichhörnchenkörpers hatte dafür gesorgt, dass er seinen Schweif zwischen zwei Felsen eingeklemmt hatte, und ihm so das Leben gerettet.
    Schwarzgrauer Frost überzog funkelnd die Felsbrocken und erstreckte sich von der silbernen Wolfseiche in alle Richtungen. Einen Augenblick später löste sich ein Stück Nacht aus den anderen Schatten.
    Die Schattenherrscherin, die Elfenhexe des hohen dunklen Waldes, war gekommen.
    Sie stand neben der silbernen Wolfseiche, und der kalte, metallische Gestank von Macht durchdrang den Wald. Er spürte mehr als er sah, wie sie den Kopf wandte und in seine Richtung blickte. Sein Atem gefror ihm in den Lungen, und sein Blickfeld verdunkelte sich an den Rändern.
    Ihr Blick glitt weiter. Er entspannte sich, holte kaum merklich Luft. Reif glitzerte auf seinen Schnurrbarthaaren.
    Die Schattenherrscherin blickte zum Himmel hoch und verfolgte den roten Pfad der Sternschnuppe. Sie hob die Arme zu dem Baum. Wut, Schmerz, Verlangen und noch mehr durchdrang beide, verzerrte die Atmosphäre um sie herum. Ihr Wahnsinn verwob sich, bis ihre Macht eins war und alles zu überziehen schien. Dann schlang sie ihre Arme um den Baum; ein dunkles Wesen, das ein dunkles Wesen umarmte, und der Magus spürte, was er schon lange befürchtet hatte: Vor allem anderen wollte sie Rache.
    Der Magus hob den Kopf und spähte unter seinen Schnurrbarthaaren hervor auf das schwarze Tableau, nur wenige Meter entfernt. Die Schattenherrscherin blickte in ein Becken mit einer schwarzen zähen Flüssigkeit neben der silbernen Wolfseiche. Das Becken schimmerte und zeigte ein Bildnis des Großwaldes im Westen des Berges. Elfen der Langen Wacht, die gebildet worden war, um den Großwald vor ihrem
Wahnsinn zu schützen, patrouillierten zwischen den Bäumen. Seit nunmehr Jahrhunderten hatten sie sie in Schach gehalten, immer wachsam, hatten sie und ihren Wald hoch oben auf dem Berg isoliert.
    Es war eine sehr tröstliche Vision. Was als Nächstes geschah, war alles andere als das.
    Schwarze Flammen flackerten im Großwald auf, und Elfen und Bäume begannen zu schrumpfen und starben.
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