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Elena – Ein Leben fuer Pferde

Elena – Ein Leben fuer Pferde

Titel: Elena – Ein Leben fuer Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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Geld. Das können wir uns nicht leisten.«
    Papa starrte düster in seine Kaffeetasse und schwieg.
    »So ein Schwein!«, stieß Christian hervor und ballte mit finsterer Miene die Faust. »Der läuft überall rum und bequatscht unsere Einsteller, nur damit sie hier ausziehen und auf den Sonnenhof kommen. Ich hab ihn erst neulich mit Tanja gesehen.«
    Ich wusste, dass er dabei nicht Richard Jungblut meinte, sondern Tim. Tanja Habermann war in Tims Klasse, es war also nicht gerade verwunderlich, dass Christian die beiden zusammen gesehen haben mochte. Aber Tim hatte ganz sicher nichts mit diesem Prospekt zu tun.
    »Wie auch immer.« Papa schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Wir können nichts gegen seine aufdringliche Werbung tun. Eigentlich können wir nur hoffen, dass uns die restlichen Einsteller nicht auch noch weglaufen.«
    Ich hatte einen der Prospekte mit hoch auf mein Zimmer genommen und schaute mir nun die Fotos vom Sonnenhof an. Tatsächlich sah alles sehr modern aus: Die Reithalle hatte große Fensterscheiben, das Dressurviereck einen hellen Sandboden, die Koppeln waren weiß eingezäunt wie bei einem amerikanischen Vollblutgestüt. Die Stallgassen waren breit, die Boxen hatten alle Außenfenster. Und trotzdem wollte ich nicht dort wohnen und reiten. Irgendwie sah die Reitanlage steril und unpersönlich aus, es gab nur ein paar mickrige Bäumchen und direkt nebenan lag das Industriegebiet mit Supermärkten, Gebrauchtwagenhändlern und Bürogebäuden. Die Autobahn war nur einen knappen Kilometer entfernt und das Gelände bestand aus betonierten Feldwegen.
    Auf dem Amselhof dagegen gab es herrliche alte Bäume, in denen der Wind rauschte und die im Sommer Schatten spendeten, es gab jede Menge Blumen, Rosenbüsche und Buchsbaumhecken und unser Springplatz lag direkt am Waldrand. Zugegeben, die verschiedenen Stalltrakte auf dem Amselhof waren verwinkelt, die Boxen nicht so hell und nicht jede hatte ein Fenster. Die Dächer waren nicht glänzend rot, sondern schäbig grau, und unsere Reithalle war auch nicht so schön wie die auf dem Sonnenhof mit der schneeweißen Bande und dem ultramodernen Hightech-Bodenbelag. Aber dafür besaß der Amselhof etwas, was dem schicken Sonnenhof von Richard Jungblut fehlte: Er hatte eine Seele.
    Ich klappte den Prospekt zu. Auf der Rückseite war ein Bild von Tim und seiner Familie. Tims Vater hatte seinen Arm um die Schultern seiner Frau gelegt, mit der anderen Hand hielt er ein eingeflochtenes Schimmelpony, auf dem Tims jüngere Schwester saß. Die drei strahlten um die Wette wie die Honigkuchenpferde. Tim stand neben dem Pony, sein Lächeln wirkte gezwungen. Wahrscheinlich, dachte ich bei mir, hat er von seinem Vater gerade wieder eine Ohrfeige bekommen.
    Meine letzte Begegnung mit Tims Vater im Stallzelt auf dem Turnier in Heidelberg war ziemlich unerfreulich verlaufen. Ich hatte Tim eben erzählt, dass Papa Lagunas verkauft hatte, als Richard Jungblut aufgetaucht war und seinem Sohn eine schallende Ohrfeige verpasst hatte. Nur, weil er mit mir gesprochen hatte! Spätestens seit diesem Vorfall bemitleidete ich Tim wegen seines schrecklichen Vaters.
    Ich stieß einen Seufzer aus und starrte auf das Foto, das Tims Familie zeigte. Der Name Jungblut hatte noch nie etwas Gutes verheißen. Bis ich Tim besser kennengelernt hatte, hatte ich mich nicht für den Grund dieser jahrelangen Feindschaft zwischen unseren Familien interessiert. Aber auf dem Turnier in Viernheim im letzten Herbst hatte ich ein Pferd von Jungbluts eingefangen und so zum ersten Mal mit Tim gesprochen. Seitdem war alles anders, denn ich hatte mich in Tim verliebt, und es war entsetzlich, dass ich nicht einmal mit ihm reden durfte.
    Plötzlich überkam mich tiefe Verzweiflung und so eine unerträglich starke Sehnsucht nach Tim, dass ich es nicht mehr aushalten konnte. Es war so ungerecht! Warum mussten Tim und ich für Ereignisse büßen, die stattgefunden hatten, bevor wir überhaupt auf der Welt gewesen waren und an denen wir nicht die geringste Schuld trugen? Ich lag auf meinem Bett und kämpfte mit den Tränen, wie so oft, wenn ich über Tim und mich nachdachte. Ob das eines Tages anders werden würde?
    Mitten in meine traurigen Gedanken piepste mein Handy. Ich zuckte erschrocken zusammen, und mein Herz machte einen heftigen Satz, als ich im Display Babsi ruft an las. Unter dem Namen Babsi hatte ich nämlich Tims Handynummer abgespeichert, nur für den Fall, dass mein Bruder zufällig mal mein Handy in die
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