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Elena – Ein Leben fuer Pferde

Elena – Ein Leben fuer Pferde

Titel: Elena – Ein Leben fuer Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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und ewig, und die Zeit würde stehen bleiben und wir würden bis in alle Ewigkeit zusammen hier auf dem Traktor mitten auf der Waldwiese sitzen. Doch die Angst ließ sich nicht verdrängen. Was, wenn dies das letzte Mal war, wenn die Heimlichtuerei, zu der wir gezwungen waren, alles zerstören würde?
    Der Traktor sprang wieder an. Tim hielt mich noch für ein paar Sekunden fest an sich gedrückt in seinen Armen und ich spürte seinen Atem in meinem Genick. Ob er genauso empfand? Ich wagte mich nicht, ihn zu fragen.
    »Weiter geht’s«, sagte Tim und ließ mich los.
    Ich sprang mit zittrigen Knien und glühendem Gesicht vom Traktor hinunter. Wir luden die restlichen Hindernisse zügig auf, dann wälzten wir gemeinsam den Baumstamm zurück an den Waldrand. Die Einzige, die redete, war Melike, aber auch ihr fiel irgendwann nichts mehr ein.
    Gerade als wir fertig waren, klingelte mein Handy. Ich zog es aus meiner Jackentasche, dabei fiel die Visitenkarte, die der dicke Mann mir gestern im Stall gegeben und an die ich überhaupt nicht mehr gedacht hatte, heraus und segelte zu Boden. Mama wollte wissen, wo ich war, und ich sagte ihr, Melike und ich seien auf dem Weg zu Lajos. Tim hatte sich gebückt und die Karte aufgehoben.
    »Khoren Gasparian«, las er und zog nachdenklich die Stirn in Falten. »Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    »Der Typ war gestern mit so einem anderen Mann bei uns auf dem Hof«, erwiderte ich. »Ich hab ganz vergessen, es Papa zu sagen.«
    »War das so ein Dicker mit buschigen Augenbrauen und einem dicken schwarzen Benz?«, erkundigte sich Tim und ich nickte. »Der war gestern Abend auch bei uns. Hat lange mit meinem Vater im Reiterstübchen gesessen und gequatscht. Aber ich weiß nicht, was er wollte.«
    »Komisch.« Ich steckte die Karte wieder ein.
    Tim warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Gleich vier Uhr«, stellte er fest. »Ich muss los.«
    »Magst du nicht noch kurz mit zu Lajos kommen?«, schlug ich schnell vor in der Hoffnung, den Abschied noch ein wenig hinauszuzögern.
    Aber Tim schüttelte den Kopf.
    »Nein, ich hab keine Zeit. Ich muss die Hindernisse zu Hause ja noch abladen«, sagte er und wich meinem Blick aus. »Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass euer Lajos mich gern sehen will, nach allem, was meine Eltern ihm angetan haben.«
    Das klang bitter. Tim hatte erst vor ein paar Wochen von mir erfahren, was sein Vater damals Furchtbares getan hatte. Richard Jungblut hatte nämlich behauptet, Lajos und nicht er habe bei dem tragischen Unfall vor vielen Jahren, bei dem die Schwester meiner Mutter gestorben war, am Steuer gesessen. Diese schreckliche Lüge war die Ursache für die Feindschaft zwischen unseren Familien, und der Leidtragende war Lajos Kertéczy gewesen, der zu Unrecht fünf Jahre im Gefängnis gesessen hatte.
    »Unsinn«, wandte Melike ein. »Lajos ist voll in Ordnung. Komm doch mit, nur für ein paar Minuten.«
    »Nein«, sagte Tim. Er kletterte mit finsterer Miene auf den Traktor, und ich schluckte meine Enttäuschung darüber, dass er mich wohl nicht mehr zum Abschied küssen würde, hinunter.
    »Danke für alles! Ich ruf dich später an!«, rief ich ihm zu, aber er nickte nur mit zusammengekniffenen Lippen und gab so heftig Gas, dass die Hindernisständer auf dem Anhänger bedrohlich schwankten.
    »Komm«, sagte Melike und ergriff meine Hand. »Lass uns zu Lajos fahren.«
    Ich nickte, riss mich vom Anblick des entschwindenden Traktors los und folgte meiner Freundin zu unseren Fahrrädern. Die leere Wiese wollte ich nicht mehr sehen. Nie mehr.

 
6. Kapitel
     
    Lajos war guter Laune, als wir wenig später auf den Hof des Forsthauses radelten. Er war gerade dabei, angespitzte Zaunpfähle und Bretter von einem Anhänger abzuladen, der an seinen Kombi angehängt war.
    »Na, ihr beiden!«, rief er. »Ihr kommt gerade richtig, ich kann Hilfe gebrauchen.«
    Twix stürzte sich schwanzwedelnd auf ihn und sprang an ihm hoch.
    »Ja, du kommst auch gerade richtig.« Lajos lachte und bückte sich, um meinen Jack-Russell-Terrier zu streicheln. Twix ließ sich nicht von jedem anfassen, aber an Lajos hatte er einen Narren gefressen.
    »Was machst du denn da?«, erkundigte Melike sich neugierig.
    »Ich baue einen Auslauf für meine Pferdepatienten«, erwiderte Lajos. »Allmählich spricht es sich wohl herum, dass ich hier bin. Jeden Tag rufen Leute an, ich könnte noch zehn Boxen mehr gebrauchen. Aber ich brauche auch einen Platz, um die Pferde wenigstens hin
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