Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)

Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)

Titel: Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
Autoren: Gabriele Wohlrab
Vom Netzwerk:
immer noch den Stock in der Hand, steckte ihn dann aber weg.
Als er die fragenden Blicke sah, drehte er sich abrupt um und ging.
    Fiona blieb der Mund offen stehen. »Was ist denn
mit dem los?«
    Maya überlegte nicht lange. Sie ließ die anderen
ratlos stehen und lief hinter ihm her.
    »Warte doch mal!« Sie musste sich beeilen, ihn
einzuholen, er war vom Weg auf die durchweichte Wiese abgebogen und
beschleunigte seine Schritte.
    »Ich hab dich heute Nacht ankommen sehen!«
    Der Junge blieb stehen. Maya verwünschte den
rutschigen Untergrund und tapste vorsichtig an seine Seite. »Äh, würde es dir
was ausmachen, da hinüber zu gehen?« Sie deutete auf ein trockenes Wegstück vor
einer eingestürzten Trockenmauer, die früher einmal den Küchengarten eingefasst
hatte.
    »In Ordnung.«
    Erleichtert stellte Maya fest, dass er sprechen
konnte, auch wenn es widerstrebend klang. Sie stapften durch den matschigen
Boden zu der Stelle und setzten sich auf die Mauerreste. Die ersten Minuten
schwiegen sie sich an.
    »Äh …«, begann Maya entmutigt.
    »Ja?«
    »Du … also, du, … ich meine, ich …«
    Der Junge atmete tief durch. »Du hast mich also
ankommen sehen, nicht wahr? Das ist nicht viel weniger als das, was ich auch
von mir weiß.«
    Maya starrte ihn verblüfft an.
    Der Junge lächelte, aber seine dunklen Augen
blickten traurig. »Ich heiße Larin. Zumindest das habe ich nicht vergessen.«
    »Oh. Ich bin Maya«, erwiderte sie etwas lahm.
»Du weißt nicht mehr, wo du herkommst?«  
    »Nein. Ich weiß, dass ich einen Unfall gehabt
haben muss, denn ich hatte Schmerzen im Bein und einen Verband. Ich war wohl
ohnmächtig. Als ich mitten im Gebirge aufgewacht bin, konnte ich mich an
absolut nichts erinnern. Da war dieser unheimliche Mann, der mich hierher
gebracht hat. Er hat kein Wort gesagt. Ich versuchte, ihn zum Reden zu bringen,
aber ich hab’s irgendwann aufgegeben, es war sinnlos.«
    »Tut mir echt leid.« Maya guckte betreten zu
Boden. Das klang alles richtig übel. »Was … ist das vorhin für ein Stock
gewesen?«
    Sie spürte, wie sich der Junge erneut
verschloss. »Das kann ich dir nicht sagen.«   
     
    »Fassen wir zusammen. Er heißt also Larin«,
wiederholte Fiona nachdenklich Mayas Schilderung. »Er hat ziemliche Probleme
mit seinem Gedächtnis – vermutlich durch einen Schock oder so was –
aber im Traum sieht er anscheinend alles wieder vor sich.« Sie beugte sich nah
zu Maya herüber und wisperte ihr ins Ohr: »… und er hat wunderschöne
braune Augen.«
    »Psst«, murmelte Maya errötend mit einem
Seitenblick auf Max, doch der war abgelenkt durch die Jagd auf eine besonders
haarige Spinne, für die ihm bereits eine nützliche Verwendung vorschwebte. Die
drei hatten sich nach dem Abendessen in eine geräumige Abstellkammer im
Dachgeschoss zurückgezogen. Das war einer der wenigen Orte, wo man ungestört
Geheimnisse austauschen oder einfach nur seine Ruhe haben konnte. Eines Tages
hatten sie entdeckt, dass zu diesem Raum kein Schlüssel vorhanden war, sodass
sie Zugang hatten, wann immer sich niemand im Flur oder Treppenhaus herumtrieb,
der sie hätte hinaufschleichen sehen können. Es roch ein bisschen muffig, und
der Staub überzog fingerdick die Fensterbretter, aber es standen sogar ein paar
ausrangierte Sitzgelegenheiten zur Verfügung, wie ein dreibeiniger,
mottenzerfressener Ohrensessel, ein Hocker, aus dem das holzwollene Innenleben
quoll oder ein Melkschemel, für dessen Existenz sich beim besten Willen keine
geeignete Erklärung finden ließ.
    Max hatte die Spinne erfolgreich in einem
Einmachglas verstaut und war nun damit beschäftigt, mit dem Finger noch mehr
Holzwolle aus dem Hocker zu pulen. Auf seinem Gesicht lag ein träumerischer
Ausdruck. »Ist irgendwie cool, der kann von sonst woher kommen.«  
    »Tja«, meinte Maya, »aber genau dieses ›sonst
woher‹ wüsste er gerne.« Sie seufzte. »Er sah so furchtbar unglücklich aus.«
    Fiona biss sich nachdenklich auf ihre Unterlippe
»Ich hab keine Ahnung, wie wir ihm helfen können. Wie will man jemanden dazu
bringen, sich zu erinnern?«
    Eine Weile brüteten sie über diesem Problem.
    »Dazu gibt es doch Seelenklempner«, überlegte
Max und schüttelte sein Einmachglas, um der Spinne etwas Bewegung zu
verschaffen, »das ist eigentlich ganz cool, vielleicht sollte ich das später
mal werden. Psychopath.«
    Fiona prustete los. »Du meinst, Psychologe.«
    »Meinetwegen auch das.«
    »Das würdest du nicht aushalten«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher