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Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)

Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)

Titel: Eldorin – Das verborgene Land (German Edition)
Autoren: Gabriele Wohlrab
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zu sein. Ein schwarzhaariger Junge schlenderte den Gartenpfad
entlang. Wenn man genau hinsah, erkannte man, dass er mit dem rechten Bein
nicht richtig auftrat. Er hatte wohl keine Lust, auf irgendwelche Leute zu
treffen, denn er vermied es, die gleiche Richtung einzuschlagen wie Qualle und
Wanze nebst deren Anhang. So musste er an der Eiche vorbei, sofern er nicht
mitten durch den größten Schlamm waten wollte.
    Leider hatten die Gangmitglieder ihn ebenfalls
entdeckt, und die ließen sich die günstige Gelegenheit nicht entgehen. Sie
machten kehrt und legten an Tempo zu. Der Junge beachtete sie nicht und ging,
die Hände in den Hosentaschen, gelassen weiter. Als er näher kam, stellte Maya
fest, dass er wirklich gut aussah mit seinem schmalen Gesicht und den schönen
braunen Augen. Genau genommen sogar sehr gut. Sie war überrascht, dass er etwa
einen Kopf größer war als sie, andererseits war es nicht verwunderlich, dass
sie sich bezüglich seiner Körpergröße verschätzt hatte. Im Vergleich zu dem
bulligen, schwarz gekleideten Mann und dem riesigen Pferd hatte er kleiner
gewirkt, als er eigentlich war. Sie schätzte sein Alter auf sechzehn Jahre.
Bestimmt war er fast so groß wie Rick; der war der größte hier und mit siebzehn
Jahren außerdem der älteste.
    »He, Alter! Coole Klamotten!« Qualle hatte den
Jungen eingeholt und packte ihn höhnisch grinsend am Ärmel seines Sweatshirts.
Die Kleidung, die er trug, stammte ganz eindeutig aus dem Fundus des Heimes und
wurde der Reihe nach weitervererbt, bis die Sachen schließlich so zerschlissen
waren, dass man sie in den Müll werfen musste. Die Hose war zu kurz und der
Pulli wohl eher für Qualles Körperumfang gedacht.
    »Tragen so was die anderen Affen von dem Baum,
wo du herkommst?« Er zwinkerte seinen Freunden zu, und die johlten begeistert.
Maya spürte, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht schoss und sah, dass auch Fiona
und Max grimmig dreinblickten. Sie hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn
und verabscheute es, wenn jemand unfair behandelt wurde. Qualle dagegen konnte
sich nichts Schöneres vorstellen, als andere klein zu machen, denn damit blies
er sein Innerstes zur Größe seines äußeren Umfangs auf. Das hier war so richtig
typisch für Qualle. Er ließ keine Gelegenheit aus, um sich aufzuspielen, dabei
verstand vermutlich ein Regenwurm mehr von Grammatik als er.     Der fremde Junge kniff die
Augen zusammen, sprach aber kein Wort.
    »Ach, kannst nix reden? Uga! Uga! Aber das
verstehst du, hä?« Qualle trommelte sich wie ein Gorilla auf die Brust.
    Maya wusste aus schmerzhafter Erfahrung, dass es
unklug war, Qualle zu reizen, aber sie konnte sich einfach nicht beherrschen.
»HÖR AUF, DU AFFE! Lern du doch erst mal in vernünftigen Sätzen zu reden!«
    Genau so eine Reaktion hatte Qualle sich
erhofft. Er drehte sich langsam zu ihr um. Fiona trat aufgeregt von einem Bein
auf das andere, Max hatte die Fäuste geballt, bereit, sich ins Getümmel zu stürzen,
wenn es sein musste.
    »Na, Schätzchen, was willst du von mir?«
Gehässig lachend plusterte sich Qualle zu seiner ganzen Breite auf und schubste
sie heftig.
    Mit der blitzschnellen Bewegung eines
angreifenden Degenfechters schoss die Hand des Jungen vor, aber er streckte
Qualle keinen Degen, sondern einen schlanken Holzstab entgegen. Der glotzte
erst verblüfft darauf, dann brüllte er vor Lachen. »Uaha! Was ist denn das?
Willst du Stöckchenwerfen spielen? Braves Hundchen! Gib dem lieben Onkel das
feine Stöckchen!«
    Seine Bande hielt es kaum noch auf den Beinen.
Sie japsten und hielten sich die Seiten. Maya holte aus, um Qualle eine
Ohrfeige zu verpassen, als sie plötzlich zur Seite geschoben wurde.
    »Was soll das?« Rick baute sich vor Qualle und
dessen Freunden auf. »Ist das eure Art ›Guten Tag‹ zu sagen? Verzieht euch,
bevor ich euch beschleunige!«
    Obwohl Rick noch nicht lange hier im Waisenhaus
lebte, hatten die fünf mit ihm bereits ihre Erfahrungen gesammelt. Er sah zwar
nicht übermäßig kräftig aus, konnte aber ganz schön austeilen und hatte ein
paar spürbar effektvolle Griffe drauf. Jetzt stand das Verhältnis 5:5, auch
wenn mindestens einer der Gegenseite nur zur Hälfte zählte, und einer ziemlich
durchgeknallt schien. Qualle zog den Kopf ein und trollte sich mit seinen
murrenden Kumpanen.
    »Alles klar soweit?« Rick schaute von einem zum
anderen. Maya nickte.
    »Danke, das war genial.«
    Rick betrachtete interessiert den dunkelhaarigen
Jungen. Der hielt
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