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Elantris

Elantris

Titel: Elantris
Autoren: Brandon Sanderson
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flehte um Rache. Sie sollte ihren Willen bekommen. Eventeos Schiffe würden niemals rechtzeitig in See stechen. Außerdem durchstreiften bereits fünfzig Dakhorer Teods Hauptstadt. Die Mönche allein waren wie ein Heer, jeder von ihnen so kräftig wie hundert gewöhnliche Männer.
Sie würden Teod schon noch den Garaus machen.
    Kapitel 62
Sarene und Hrathen schlurften die Straße entlang, die unauffälligen Umhänge fest
um sich gewickelt. Hrathen behielt die Kapuze auf, um seine dunklen Haare zu
verbergen. Die Bewohner von Teod hatten sich in den Straßen versammelt, um
herauszufinden, weshalb ihr König die Flotte in See stechen ließ. Viele wanderten in
Richtung der Hafenanlagen, und Sarene und Hrathen mischten sich vornübergebeugt und demütig unter das Volk und gaben sich Mühe, nicht aufzufallen.
    »Im Hafen suchen wir uns eine Mitfahrgelegenheit auf einem der Handelsschiffe«, sagte Hrathen leise. »Die werden aus Teod verschwinden, sobald die Flotte weg ist. Es gibt etliche Orte in Hrovell, an denen sich monatelang kein derethischer Priester blicken lässt. Dort können wir uns verstecken.«
    »Ihr sprecht, als würde Teod auf jeden Fall untergehen«, gab Sarene flüsternd zurück. »Ihr könnt gehen, Priester, aber ich werde meine Heimat nicht im Stich lassen.«
»Wenn Euch die Sicherheit des Landes am Herzen liegt, werdet Ihr sehr wohl von hier verschwinden«, fuhr Hrathen sie an. »Ich kenne Dilaf. Er ist ein Besessener. Wenn Ihr in Teod bleibt, wird er auch bleiben. Wenn Ihr geht, wird er Euch vielleicht folgen.«
Sarene knirschte mit den Zähnen. Auf den ersten Blick schienen die Worte des Gyorns Sinn zu ergeben, aber es war durchaus möglich, dass er sich etwas ausdachte, um sie dazu zu bewegen, ihn zu begleiten. Andererseits bestand kein Grund, weshalb er das tun sollte. Was kümmerte ihn Sarene? Sie war bisher seine leidenschaftliche Gegnerin gewesen.
Sie bewegten sich langsam vorwärts, weil sie inmitten der Menschenmenge nicht durch eine schnellere Gangart auffallen wollten. »Ihr habt meine Frage vorhin nicht wirklich beantwortet, Priester«, flüsterte Sarene. »Ihr habt Euch gegen Eure eigene Religion gewandt. Warum?«
Hrathen ging einen Augenblick schweigend weiter. »Ich ... ich weiß es nicht, Weib. Ich bin dem Shu-Dereth von Kindheit an gefolgt. Die Struktur und Logik des Glaubens haben mich immer angesprochen. Ich bin Priester geworden. Ich ... dachte, ich sei gläubig. Letzten Endes hat sich aber herausgestellt, dass ich im Grunde gar nicht an den Shu-Dereth geglaubt habe, sondern an etwas ganz anderes. Ich weiß selbst nicht, an was.«
»Den Shu-Korath?«
Hrathen schüttelte den Kopf. »Das ist zu einfach. Glaube ist nicht einfach korathisch oder derethisch, entweder oder. Ich glaube immer noch an Dereths Lehren. Ich habe ein Problem mit dem Wyrn, nicht mit Gott.«
Es erfüllte Hrathen mit Entsetzen, sich vor dem Mädchen derart schwach gezeigt zu haben. Rasch verschloss er sich weiteren Fragen. Ja, er hatte den Shu-Dereth verraten. Ja, er war ein Verräter. Doch aus irgendeinem Grund fühlte er sich jetzt, da er eine Entscheidung getroffen hatte, ruhig und gelassen. In Duladel hatte er Blutvergießen und Tod verursacht. So weit würde er es nicht noch einmal kommen lassen.
Er hatte sich eingeredet gehabt, der Sturz der Republik sei eine notwendige Tragödie gewesen. Jetzt hatte er dieses Hirngespinst abgeschüttelt. Sein Werk in Duladel war moralisch kein bisschen einwandfreier gewesen, als was Dilaf hier in Teod versucht hatte. Indem Hrathen sich der Wahrheit geöffnet hatte, hatte er ironischerweise gleichzeitig die Augen vor der Schuld seiner eigenen vergangenen Gräueltaten geöffnet.
Eine Sache hielt ihn jedoch davon ab, völlig zu verzweifeln: Endlich konnte er von sich sagen - was immer ihm noch zustoßen mochte, egal was er getan hatte -, dass er nun der Wahrheit seines Herzens folgte. Er konnte sterben und Jaddeth voll Mut und Stolz entgegentreten.
Der Gedanke kam ihm, kurz bevor er das Stechen in seiner Brust bemerkte. Er hob ächzend die Hand und griff sich überrascht an die Brust. Seine Finger waren blutverschmiert. Seine Beine wurden schwach, und er sank gegen ein Haus, ohne auf Sarenes entsetzten Aufschrei zu achten. Verwirrt ließ er den Blick durch die Menge schweifen und gewahrte das Gesicht seines Mörders. Er kannte den Mann. Er hieß Fjon; es war der Priester, den Hrathen am Tag seiner Ankunft in Kae nach Hause geschickt hatte. Das war vor zwei Monaten gewesen. Wie
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