Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador
Autoren: Berndt Guben
Vom Netzwerk:
jemals derartig verehrt, wenn nicht gar geliebt zu werden.
    Irgend etwas riß heute in Marina. Und irgendeine Saite war in Schwingung versetzt worden, deren Klingen sie noch niemals durch die Kruste der Gemeinheit und Verhärtung vernommen hatte. Doch Marina schüttelte die Rührung von sich ab und sagte mit rauher Stimme:
    »Gehen wir daran, die Ladung auf die »Trueno« zu schaffen. Guillermo, du führst die Aufsicht.«
    Escamillo hatte sich während des ganzen Überfalls nicht an Bord sehen lassen.
    Die Verwundeten wurden weggebracht. Dann wandte sich die andalusische Gräfin an den Engländer.
    »Wer seid Ihr?«
    Der Lange verbeugte sich.
    »Steve Hawbury, Mylady.«
    »Ah! Ihr seid der Mann, der seine Braut in Amerika heiraten will?« Das Gesicht des sympathischen Jungen verfinsterte sich.
    »Von wollen kann keine Rede sein. Ich bliebe am liebsten ledig. Ihr müßt wissen, daß mein Vater mich zu dieser Ehe zwingen will, weil — weil — nun, ich habe Vertrauen zu Euch, weil das Geld der Familie ausgegangen ist. Ich bin also praktisch dazu verurteilt, ein neues Vermögen zu erheiraten. Außerdem hat sich mein Vater mit einem Bruder überwerfen, weil dieser eine Bürgerliche genommen hat, obwohl er einmal den Titel Lord erben wird. Zu allem Unglück war jenes Mädchen auch noch arm.«
    Die andalusische Gräfin verzog spöttisch das Gesicht. Recht aufschlußreich, was der junge Mann da in seiner Vertraulichkeit über die Zustände in manchen englischen Adelshäusern ausplauderte.
    »Wo seid Ihr zu Hause, Mr. Hawbury?«
    »Well, Mylady, unser Stammsitz befindet sich in Man-ehester. Aber mein Vater ist die meiste Zeit auf Reisen. Er ist General und Mitglied des britischen Kolonialamtes. Wenige Monate, bevor ich — mit meiner Braut die Insel verließ, bekam er Order, nach Marokko zu reisen, um mit dem Sultan Verhandlungen anzuknüpfen, wobei ihn meine Schwester begleitete.« »Eigenartig. General im Kolonialland und kein Geld. Das ist immerhin etwas merkwürdig. Bekommt er denn kein Gehalt?«
    Steve Hawbury sah zu Boden. Die Fragen dieser schönen Spanierin verletzten seinen britischen Stolz. Was gingen diese »Dame« schließlich die Familienverhältnisse der Hawburys an? »Well«, meinte er, »unglückliche Manipulationen um einige Goldminenaktionen waren der Grund für die riesigen Verluste. Ihr werdet es mir nicht verübeln, wenn ich über Einzelheiten schweige?«
    Marina nickte. Nachdenklich blickte sie ihn an. »Führt mir Eure Braut vor, Mr. Hawbury.«
    Steve strich sich das Kinn. Er versuchte auszuweichen. Sie merkte, daß er etwas sagen wollte, aber nicht den Mut zu einem offenen Wort fand. »Was habt Ihr noch?« ermunterte sie ihn.
    »Eine große Bitte, Mylady. Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß Ihr zumindest großen Einfluß auf diesem — diesem — hm — Seeräuberschiff habt? Well, die schwarze Fahne verrät mir, daß es sich um die »Trueno« handelt. Seid Ihr eine Vertraute der Kapitänin? Die »Trueno«, so sagt man wenigstens, wird von einer Frau befehligt, nicht wahr?«
    »Ganz recht«, meinte Marina trocken, »und diese Frau bin ich.« Sie machte eine leicht ironische Verbeugung. »Gräfin Marina de Andalusia. Ihr könnt Euch rühmen, mit dieser gefährlichen Frau gesprochen zu haben. Ihr könnt darüber erzählen — falls Ihr. mit dem Leben davonkommt.« Steve Hawbury war kein Feigling.
    »Mein Leben ist so und so nicht viel wert, wenn ich mich verkaufen muß. Ihr müßt wissen, daß meine Braut ein paar Jahre älter ist. Es ist mir gleichgültig, ob ich hier ermordet werde oder nicht.«
    »Ermordet ist ein hartes Wort, Mr. Hawbury. Nun, ich werde es mir überlegen. Geht jetzt hinüber auf die »Trueno« und wartet dort auf mich. — Guillermo!« rief sie ihren Zweiten Offizier, »bring diesen Mann in meine Kabine!«
    Marina durchstreifte jetzt das Kauffahrteischiff vom Deck bis zum Kielraum. Sie begutachtete alle Gegenstände, die sich an Bord befanden. Sämtliche Waffen wurden mitgenommen. Mit dieser Ladung war ein schönes Stück Geld zu verdienen, wenn man sie an Washington verkaufte.
    Als Marina auf ihrem Streifzug durch das Kabinendeck ging, hörte sie hinter einer Tür kreischende Stimmen. Dazwischen eine tiefere, beruhigende, die des Kapitäns. Schadenfreude huschte über das Gesicht der Gräfin. Sie zog den Degen aus der Scheide, riß die Tür mit einem Ruck auf und schrie mit durchdringender Stimme: »Hände hoch!«
    Es war ein kurioser Anblick, diese Damen in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher