Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador
Autoren: Berndt Guben
Vom Netzwerk:
Fahrt niemals mit Sicherheit ein Ziel anpeilen könnte. Auch der Fachmann kann sich irren. Die Piraten hatten Übung, mehr Übung als die meisten Schiffsartilleristen der verschiedenen christlichen Flotteneinheiten. Sie schossen in und aus jeder Position und — trafen.
    Auf dem Kauffahrteischiff wirbelten die Aufbauten splitternd auseinander.
    Die »Trueno« war jetzt dicht heran, m einem engen Bogen setzte sie sich neben den Angegriffenen.
    »Enterbrücken hinüber!«
    Die Piraten warfen mit Haken versehene Stricke und Strickleitern über die kurze Distanz, wo sich die Enterhaken im Tauwerk, an der Reling oder in den Spillen verfingen. Unter Geschrei und rhythmischem Johlen zogen sie den Schoner immer näher, bis er Bord an Bord mit der »Trueno« lag.
    An langen Seilen hängend schwangen sich die ersten Angreifer hinüber, den Entersäbel in der Faust, das Messer zwischen den Zähnen.
    »He!« rief einer der ersten seinem Kameraden zu, der neben ihm das Seil gepackt hielt. »He, Hernan, dort stehen die Gegner am dichtesten. Da will ich hin!« Hernan nickte eifrig und schrie zurück:
    »Ich auch, hombre, das ist eine Gelegenheit, sich mal ein wenig zerhacken zu lassen!« »Muy bien, nur aufpassen müssen wir, daß sie uns nicht gänzlich totschlagen. Sonst haben wir von unseren Verwundungen nichts mehr!«
    »Trotzdem, eine einigermaßen tiefe Schmarre müssen wir uns schon holen, sonst verbindet uns unsere Senorita nicht selbst!«
    »Por diablo!« schrie der andere begeistert, »wie lange hab ich auf eine solche Gelegenheit gewartet!«
    Sie stießen sich ab. In hohem Bogen sausten sie mitten in eine Ansammlung von Seeleuten hinein und blieben verblüfft stehen.
    Niemand machte Anstalten, sich zu verteidigen.
    Bestürzt sahen sich die beiden an, denen eine Verwundung als herrlichster Genuß auf Erden erschienen war. Überall standen die Matrosen des gekaperten Schiffes mit gesenkten Waffen und dachten nicht an Gegenwehr.Die Spanier fluchten. »So verteidigt euch doch, ihr feigen Hunde!« Nichts.
    »He! Hört ihr nicht? Sollen wir euch ohne Gegenwehr abschlachten?«
    Hernan kamen fast die Tränen über dieses Mißgeschick. Da konnte er sich auf einmal nicht mehr beherrschen. Er hob den Säbel und drang auf den ihm am nächsten Stehenden ein. Diesem blieb natürlich nun keine andere Wahl, als sich zu verteidigen.
    »Adelante!« feuerte ihn Hernan an; denn der Engländer schien nicht die geringste Neigung zu verspüren, seinerseits zum Angriff vorzugehen. Er wehrte lediglich mit geschickten Paraden ab, ohne seinen Gegner zu verletzen. Bei Gott, der lange, blonde Kerl mußte das Fechten schon in der Wiege gelernt haben.
    Ein paar schrille Signalpfiffe tönten an Hernans Ohren. Das hieß soviel wie »Kampf einstellen«. »Maldito!« fluchte der Pirat, machte einen Schritt rückwärts, stolperte über eine Plante und fiel seinem Genossen direkt in den Säbel, der ihm tief in den rechten Oberarm drang. Hernan war für einige Sekunden erstarrt über das unerwartete Glück. »Punte!« jauchzte er. »Jetzt hab ich, was ich wollte!«
    Punte verzog das Gesicht. Blanker Neid stand ihm in den Augen geschrieben. »Und ich geh leer aus. Hau mir ins Bein, Hernan!«
    Man warf einen scheuen Blick um sich und überzeugte sich, daß niemand zusah außer dem langen, blonden Engländer, der sich so meisterhaft verteidigt hatte. Hernan schlug zu, und Punte konnte einen Ausruf
    des Schmerzes nicht unterdrücken. Eine tiefe Schlagwunde klaffte in seinem Oberschenkel. Das Blut schoß wie ein Springbrunnen empor.
    Der Engländer machte den Mund auf und vergaß, ihn wieder zu schließen.
    »The deuce, I've never seen happen somethin' like that — zum Teufel, sowas ist mir denn doch noch nicht vorgekommen«, murmelte er verblüfft.
    »Que hay?« fragte Hernan, der die englischen Worte nicht verstanden hatte.
    Der Lange zuckte die Schultern und grinste.
    Hernan trat dicht an ihn heran und zischte in spanischer Sprache:
    »Daß du das Maul hältst, Bursche, verstanden?«
    Schulterzucken.
    »Maul sollst du halten«. Hernan preßte sich den linken Zeigefinger auf den Mund. »Maul-- Mund--Schnauze--Schnau--«.
    Unvermittelt sank er auf die Planken nieder. Der Blutverlust hatte ihn ohnmächtig werden lassen. Auch Punte fiel stöhnend um, wahrscheinlich aus dem gleichen Grunde.
    Marina stand vor dem Kapitän, dessen Lippen vor Angst bebten, und verhandelte mit ihm über die Herausgabe der Ladung, die — zum allgemeinen Jubel der eigenen Leute — aus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher