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El Camino Amable

El Camino Amable

Titel: El Camino Amable
Autoren: Marlies Curth
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Sprachen steht: „Es ist verboten, auf dem Fußboden zu schlafen!“ Himmel, das darf nicht wahr sein! Die Dame gibt mir eine kleine Visitenkarte mit der Anschrift einer Pension. Ich bitte sie, dort anzurufen und festzustellen, ob noch Platz sei, denn sonst spare ich mir den Umweg und suche mir gleich ein Plätzchen im Wald. Aber sie beruhigt mich. Dort ist bestimmt etwas frei. Immer ist da etwas frei! Keine Sorge!
    Also gehe ich weiter. An der Hauptstraße sitzen Ernestine und Jean (aus Pereje) und freuen sich sichtlich, mich zu sehen. Sie winken mich an ihren Tisch, um sich mit ein wenig Geplauder die Zeit zu vertreiben. Aber ich will jetzt keinen Plausch. Ich will ein Bett. Also winke ich freundlich, erkläre in zwei Sätzen meine Situation und eile weiter. Fünf Minuten später treffe ich Ina. Sie hält mich an und bietet mir ein Bett in ihrem Zimmer an. Sie ist in der hiesigen Albergue untergekommen und hat dort ein Zweibettzimmer bekommen. Das zweite Bett ist noch frei, sagt sie. Ich glaube nicht mehr daran und haste weiter. Als ich an einer Kuhweide vorbei endlich an der Pension ankomme, treffe ich auf eine wirklich ganz freundliche Frau, die mir bedauernd wieder dieses hässliche Wort „Completo“ sagt. Vor einer Stunde erst hätte sie das letzte Zimmer vermietet. Leider. Aber glücklicherweise gibt es direkt nebenan noch eine Pension. Dort sollte ich noch einmal fragen. Wenn auch da nichts frei wäre, dann könnte sie in einem Hotel anrufen. Das befindet sich zwar in einem anderen Ort, sei aber mit einem Taxi zu erreichen. Das Hotel koste etwa 40 Euro plus ein bisschen Geld für das Taxi.
    Ich gehe die wenigen Schritte zur Tür nebenan, aber auch da klebt über den Klingelknöpfen das Schild: „Completo! Full!
    Völlig!“ Auf dem Jakobsweg soll ja jeder mal heulen — ich bin kurz davor. Mit allen zehn Fingern zeige ich der freundlichen Frau, dass ich inzwischen 47 Kilometer gelaufen bin und keinen Schritt weiter gehe. Ich würde jetzt zwischen den Kühen vor dem Haus oder im Wald schlafen. Die Gute streichelt mich und deutet an, dass es vielleicht doch noch eine Möglichkeit gäbe, aber ich dürfte keinem anderen Pilger davon erzählen. Sie drückt mich kurz, bedeutet mir, den Rucksack stehen zu lassen und nimmt mich mit ins Haus. Wir gehen auf der Treppe bis in den dritten Stock. Unterm Dach steht ein Klappbett und gemeinsam tragen wir es ins Erdgeschoss, in die dort befindliche Garage. Die ist in L-Form gebaut und zur Hälfte als Küche eingerichtet, sie hat um die Ecke sogar ein kleines Klo mit Waschbecken. Außerdem führt eine Tür in den Garten, wo zwei Pilger gerade picknicken. Ein Paradies!
    Und die gute Frau ist der Engel darin! Sie verdeutlicht mir, dass ich in dem Klappbett schlafen dürfe, aber erst ab 22 Uhr. Vorher dürfe ich das Bett nicht aufklappen. Himmel, was bin ich erleichtert! Erst nix und dann das Paradies in einer Garage. Ein Einzelzimmer! Die reizende Dame zeigt mir das Bad, gibt mir ein frisches Handtuch und ich darf das wunderschöne Bad zum Duschen benutzen. Ich bekomme einen Hausschlüssel und gehe erst einmal in den Garten, um mein Obst und das restliche Brot aus der „Höhle“ heute Morgen zu essen — und das Leben ist wieder bunt! Nun weiß ich: Es gibt auch weibliche Engel — ohne karierte Hemden.

    Satt, gelassen und dankbar gehe ich zurück zur Hauptstraße. Jetzt möchte ich in aller Ruhe ein Bier trinken. 47 Kilometer bin ich gelaufen, es ist 18 Uhr, alles ist gut.
    Ein Bier also.

    Ernestine sitzt immer noch dort und fragt besorgt, was mir denn heute widerfahren sei und ob ich denn nun irgendwo untergekommen sei. In meinem besten Französisch (Es wird allmählich wirklich besser. Üben übt.) erzähle ich ihr, wie ich in meiner wunderbaren Garage gelandet bin. Kaum bin ich fertig, stößt Philippe zu uns. Er hört von meiner Odyssee und geht ins Restaurant, um uns allen ein Bier zu holen. Als er wiederkommt, hat er für Ernestine und für sich je ein kleines mitgebracht und während er vor mich ein großes hinstellt, meint er lächelnd, dass er versucht habe, mir eines mit einer 47er-Skala zu besorgen: „Hat aber leider nicht geklappt!“ Wir lachen und klönen. Jean kommt später noch dazu und es wird ein fröhlicher französischer Abend. Kurz nach 22 Uhr schicken sie mich dann mit einem lächelnden „Va vite, vite, c’est dix heures! A ton Garage!“ nach Hause und ins Bett. Als ich ankomme, finde ich ein liebevoll gemachtes Bett vor und eine kleine
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