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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck
Autoren: H Girod
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gewesen, wofür er von den Feuerwehrleuten lobende Worte erntete.
    Dann gestand er, den Lehrer getötet zu haben. Eigentlich habe er Fanselow ganz gut leiden können, aber sein bevorstehender Elternbesuch habe ihn so verrückt gemacht, daß er keinen anderen Ausweg gesehen habe. Erst wollte er ihn nur stechen, damit der Lehrer zum Arzt hätte gehen müssen, doch dann sei der Jähzorn über ihn gekommen, und er habe ihn getötet.
    Im Ermittlungsverfahren wurde Manfred Stötzel psychiatrisch begutachtet. Mehrere Wochen stand er unter fachärztlicher Beobachtung. Die zahlreichen klinischen Untersuchungen und Explorationen nahm er widerstandslos hin. Er blieb wortkarg und in sich gekehrt, wenngleich er sich an manchen Tagen freundlich und aufgeschlossen, ja zuweilen sogar läppisch albern zeigte.
    Das Ergebnis der psychiatrischen Untersuchung beeinflußte den weiteren Verlauf des Verfahrens: Der Gutachter wies nach, daß Manfred Stötzel an einer organischen Schädigung des Stammhirns litt – Folge einer frühen Enzephalitis (Gehirnentzündung).
    Diese Schädigung und eine die Persönlichkeit beeinträchtigende auffällige hormonelle Störung, die in der Fachsprache als endokrines Psychosyndrom bezeichnet wird, veranlaßten das Gericht nach § 42 des DDR-Strafgesetzbuches, wegen verminderter Zurechnungsfähigkeit die Unterbringung Stötzels in einer Heil- und Pflegeanstalt anzuordnen.

Die Antennen-Connection
    (Aktenzeichen I BS 46/64 Bezirksstaatsanwalt Erfurt)
    Anfang der sechziger Jahre mußte der brave DDR-Bürger für einen Fernsehapparat der einheimischen Marken „Staßfurt“ oder „Rafena“, deren Qualität gegenüber den aus dem sowjetischen Bruderland importierten Geräten unbestritten besser war, um die zweitausend Mark auf den Ladentisch legen, ganz zu schweigen von der Summe, die unterm Ladentisch dem Verkäufer zugeschoben wurde. Das war immerhin ein Betrag, der nahezu zwei Monatsverdiensten eines Arztes in einem großstädtischen Krankenhaus entsprach.
    Rentner besaßen allerdings das Privileg, für den Erwerb eines solchen Objekts der Begierde einen großzügigen zinslosen Kredit in Anspruch nehmen zu können. Und nicht einmal eine Anzahlung war notwendig. So wurde manche Oma von ihrer Verwandtschaft gehätschelt und sanft gedrängt, der Familie das ersehnte Utensil zu ermöglichen.
    Unmittelbar nachdem am 1. April 1963 das Zweite Deutsche Fernsehen seine erste Sendung ausstrahlte, boomte der illegale Bau von Tunern, kleinen Vorsatzgeräten zur Einstellung auf die UHF-Frequenzen, mit denen das ZDF problemlos empfangen werden konnte. Erst sechs Jahre später, als sich der Arbeiter- und Bauernstaat ein zweites Fernsehprogramm auf dem UHF-Kanal leisten konnte, gelangten auch die Tuner in den sozialistischen Einzelhandel. Nun konnte man ein zweites eigenes Programm empfangen, sehr zum Gefallen der Partei- und Staatsführung, die aber auch in Kauf nehmen mußte, daß ein weiterer Sender des Klassengegners ebenfalls in die Wohnstuben gelangte. Bis dahin aber sicherte der Tunermarkt findigen Bastlern einen einträglichen Nebenverdienst.
    Ewald Triglitz, 26, und seine Freunde Rudi Asbach, 25, und Waldemar Pfeffenrat, 28, besaßen zwar nicht das technische Talent, um auf diese Weise ihre Einkünfte aufzumöbeln. Doch sie diskutierten immer wieder die Frage, wie man aus dem allgemeinen Fernsehfieber Kapital schlagen könnte, ohne über die technischen Voraussetzungen für den Tunerbau zu verfügen. Da Ewald Triglitz aushilfsweise in der Erfurter Reparaturwerkstatt der PGH „Radio und Fernsehen“ arbeitete, wußte er immerhin, mit welcher Ungeduld die Kunden auf die Instandsetzung ihrer Geräte warteten. Aber die Werkstatt war völlig überfordert. Ersatzteile standen nur knapp, Ausleihgeräte gar nicht zur Verfügung. Stets war langes Warten angesagt. Er hatte das Werkstattchaos bereits ausgenutzt, um gelegentlich eines der Reparaturgeräte für sich abzuzweigen und unter der Hand umzurubeln. Die Genossenschaft hatte dann dem drängenden Kunden Ersatz schaffen müssen. Für Triglitz konnte das allerdings keine Dauerlösung sein. Das Risiko, erwischt zu werden, erschien ihm doch zu groß.
    Die Zusammenkünfte der drei Freunde wurden immer regelmäßiger und bald kam die Dumpfheit chronischen Trinkerverhaltens hinzu. Doch auch ihre Überlegungen zur möglichen Aufbesserung ihres Taschengeldes nahmen immer schärfere Konturen an. Dabei konzentrierten sie sich stärker auf Fernsehapparate und ihr Zubehör.
    Denn
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