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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck
Autoren: H Girod
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neuer Gedanke ergriff von dem Jungen Besitz: Fanselow muß verschwinden! Also packte er seinen Lehrer an den Füßen und schleifte ihn weit ins dichte Unterholz des Waldes. Abseits jedes zufälligen Blicks ließ er den Körper im Dickicht liegen.
    Wieder auf der Landstraße, fand er die Aktentasche, die er weit in den Wald schleuderte, ehe er das Motorrad aufrichtete, um es sorgfältig hinter einer dichten Gebüschgruppe zu verstecken. Mit einem Zweig fegte er den Sand über die kleinen Blutlachen und verwischte sie bis zur Unkenntlichkeit.
    Jetzt hatte sich der Schüler beruhigt. Ohne Emotionen bestieg er sein Fahrrad und radelte zum Rübenacker seines Vaters, der hinter dem Wald, kurz vor Grabow lag.
    Er wußte, wo der Vater gewöhnlich sein Fahrrad und die Geräte am Rande des Feldes ablegte. Dorthin fuhr er. Der Vater arbeitete weit draußen auf dem Acker und bemerkte seinen Sohn nicht. Stötzel griff sich einen Spaten, schwang sich erneut auf sein Rad und kehrte zu dem Dickicht zurück, in das er den Körper seines Lehrers geschafft hatte. Alles dort war ruhig und schien unverändert. Den Spaten bei seinem Opfer zurücklassend, kehrte er unverzüglich zum Rübenacker zurück. Das alles nahm nur wenige Minuten in Anspruch. Jetzt benahm er sich so auffällig, daß der Vater ihn bemerkte und ihm aus der Mitte des Ackers zuwinkte. Warum Stötzel den Spaten zu Fanselow brachte, um dann gleich wieder umzukehren, konnte er sich selbst nicht beantworten.
    Jäh hatte ihn die Angst wieder eingeholt, nicht die Angst vor seinem Tun, vor sich selbst, sondern die Angst vor dem Entdecktwerden, wie beim Scheunenbrand. Nein, so eingehend hatte er das alles nicht geplant.
    Bloß nichts anmerken lassen, so tun, als sei nichts geschehen! Stötzel griff sich eine Hacke und stapfte über die Furchen hinweg auf seinen Vater zu, sorgsam darauf achtend, daß er die jungen Rübenpflanzen nicht niedertrat.
    „Ich habe nicht viel Zeit, muß noch nach Stresow“, sagte er anstelle einer Begrüßung.
    „Mach, solange du kannst“, kam es kurz zurück.
    Mit schnellen, geübten Bewegungen lockerten die beiden Männer den verkrusteten Ackerboden rings um die Pflänzchen. Bei dieser Arbeit sprach man nicht, sondern hing seinen Gedanken nach. Das Knirschen der Hacken auf der ausgetrockneten, aufstaubenden Erde war das einzige Geräusch. Nach gut einer halben Stunde meinte Stötzel, seiner Pflicht nachgekommen zu sein, und überließ, still und wortkarg wie sonst auch, die endlosen Rübenreihen der Ausdauer des Vaters.
    Je weiter er sich vom Vater entfernte, um so stärker plagte ihn der Gedanke an den leblosen Fanselow im Wald. Da war auch wieder die Angst, die kalte Angst, und eine Frage bohrte sich in sein Hirn: Hat ihn schon jemand gefunden?
    Aber die Landstraße lag ruhig. Das Knacken der Pedale seines Fahrrads und das Schlagen der Kette an den blechernen Schutz blieben das einzige Geräusch, das der Wald schnell schluckte. Doch ihm kam es laut vor, er meinte sogar, ein Echo zu hören. Bei dem Versteck angekommen, hatte er das Gefühl, als liege Fanselows Körper nicht mehr so, wie er ihn verlassen hatte. Das Herz schlug ihm bis zum Halse. Er beugte sich über ihn, und panischer Schrecken packte den Schüler, als er das leise, kaum hörbare gurgelnde Atemgeräusch vernahm, das Fanselows zertrümmerter Körper noch von sich gab. Hastig zog er die Reibahle hervor und stach blindlings auf den Sterbenden ein. Neunzehn Stiche zählte man später. Der Lehrer war tot.
    Jetzt mußte die Leiche verschwinden. Da lag auch noch der Spaten, mit dem er neben dem Toten eine Grube aushob, tief und breit genug, um den leblosen Körper ohne Anstrengungen hineinzurollen. Sodann schüttete er das Grab zu, trat die Oberfläche fest und glich die Stelle mit Laub und Zweigen der Umgebung an.
    Er hatte sich wieder in der Gewalt, hatte seine eiskalte Teilnahmslosigkeit wiedererlangt, ja, er fühlte sogar eine gewisse Zufriedenheit über das Werk seiner Spurenbeseitigung. Schließlich fiel ihm noch die weggeworfene Aktentasche seines Lehrers ein. Er fand sie bald und vergrub sie zwei Spatenstiche tief, ohne einen Gedanken an ihren Inhalt zu verschwenden.
    Wieder auf dem Weg nach Grabow, kam ihm das Motorrad in den Sinn, das er eigentlich auch hätte eingraben sollen. Doch seine Energie war aufgebraucht. Jetzt konnte er nicht mehr. Nur die Ahle, von ihr mußte er sich noch trennen, und beim Fahren schleuderte er das unheimliche Werkzeug in weitem Bogen in ein
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