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Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)

Titel: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können (German Edition)
Autoren: Bärbel Wardetzki
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»im Doppelpack«. Keiner ohne den anderen, außer wenn Benedikt arbeiten musste. Sonjas Sehnsucht nach völliger Übereinstimmung erfüllte er perfekt, denn sie hatten dieselben Vorlieben und Hobbys und verbrachten ihre Freizeit immer zusammen. Für sie bedeutete Liebe, ihn ganz und gar nur für sich zu haben. Schwierig wurde es nach der Hochzeit, als das erste Kind kam. Nun konnte sie nicht mehr so mitmachen wie früher, er aber gab seine Unternehmungen und Hobbys nicht auf. Sie fühlte sich zurückgesetzt, einsam und ungeliebt. An diesem Punkt der Beziehung besaßen weder Sonja noch Benedikt die Flexibilität zur Umstellung. Aufgrund ihrer beider narzisstischen Struktur hielten sie an ihren idealen Vorstellungen fest, ohne sie an die aktuelle neue Situation anzupassen.
    Sie forderte die Beibehaltung der Einheit mit ihm, er jedoch zog seine Eigenständigkeit vor. Er ging lieber Skifahren oder Fußballspielen, statt sich um seine Familie zu kümmern und mit ihr Zeit zu verbringen. Sonja erlebte sein Verhalten als Liebesentzug und wurde immer vorwurfsvoller und unzufriedener, auch weil er seine Vaterrolle nicht ausfüllte.
    Das Problem zwischen beiden war weniger die abnehmende Liebe als die mangelnde Fähigkeit, sich auf ein gemeinsames Leben einzulassen. Sobald der Spaß der Anfangsjahre aufgehört hatte und der Alltag Verantwortlichkeit und gegenseitiges Verständnis verlangte, waren sie überfordert. Die Quelle ihrer Beziehung war mit Eintritt in die Ehe und Elternschaft versiegt, weil sie beide einer idealisierten Form von Liebe und Zusammengehörigkeit aufsaßen. Die passte nicht zu einer Kleinfamilie mit Kind, war aber immer noch das Ziel, das beide vor Augen hatten. Er suchte sein Seelenheil im Außen, wo er wieder Spaß und Leichtigkeit spürte und von den erdrückenden Lasten befreit war. Sie versuchte durch Perfektionismus und Anpassung seine Liebe wiederzugewinnen. Ihre größte Angst war, ihm nicht mehr zu gefallen und von ihm verlassen zu werden. Also nahm sie einige Kilos ab, machte sich schön, bevor er nach Hause kam, und zeigte ihm ihre prächtige Fassade. Doch auch damit konnte sie ihn nicht erreichen und nach einiger Zeit gingen beide fremd, um ihr Bedürfnis nach der idealen Liebe, nach Freiheit und Leichtigkeit wieder zu erfüllen.
    Ihnen war nicht bewusst, dass sie beide Bindungsprobleme hatten, da sie nie gelernt hatten, was es bedeutet, sich wirklich auf einen anderen Menschen einzulassen. Sie manipulierten an Äußerlichkeiten herum, um eine Beziehung zu retten, die jetzt erst hätte anfangen können.

5. Narziss und Athene – die Protagonisten
    »Wenn Narziss auf Athene trifft...« 8 könnte die Überschrift für narzisstische Beziehungen heißen. Denn Narziss und Athene sind die Protagonisten, da sie in exemplarischer Weise den Typus narzisstischer Personen darstellen mit all ihren Verletzlichkeiten und Beziehungsproblemen. Am Anfang wären Narziss und Athene womöglich leidenschaftlich aufeinander bezogen und heiß verliebt gewesen, aber die Begegnung hätte keinen guten Ausgang genommen.
    Die Sage von Narziss macht deutlich, dass Narzissmus kein modernes Thema, sondern ein Menschheitsthema ist. In allen Jahrtausenden wurden und werden Menschen mit Selbstwertverletzungen und deren Folgen konfrontiert. Die Geschichte von Narziss beschreibt das grundlegende Schicksal narzisstischer Menschen, denen er nicht ohne Grund den Namen ihrer Persönlichkeitsstruktur – dem Narzissmus – gab.
    Dem Mythos nach ist Narziss ein wunderschöner Jüngling, der vom Flussgott Kephissos und der Nymphe Leiriope durch Vergewaltigung gezeugt wurde. Der Seher Teiresias, den Leiriope um Rat fragte, prophezeite Narziss ein langes Leben, aber nur, wenn er sich niemals wirklich kennt.
    Seine Schönheit zog Männer und Frauen an, deren Liebe er aber zurückwies. Er war »von trotzigem Stolz auf seine eigene Schönheit erfüllt« 9 und unfähig, Liebe zu geben und zu empfangen. Narziss öffnete niemandem sein Herz, auch denen nicht, die ihn liebten. Aber er wehrte nicht nur ihre Liebe ab, er brachte seine Verehrer und Verehrerinnen auch um ihr Leben. So siechte die Nymphe Echo vor Liebeskummer dahin und zerbrach an der Zurückweisung durch Narziss. Ameinios, seinem aufdringlichen Bewerber, schickte Narziss ein Schwert, mit dem sich dieser erstach.
    Die Göttin Artemis rächte diesen Freitod und strafte Narziss mit »unerfüllbarer Selbstliebe«. Bis zum Schluss drehte sich alles ausschließlich um ihn, die anderen
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