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Eistochter

Eistochter

Titel: Eistochter
Autoren: Dawn Rae Miller
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den er mir letztes Jahr zu unserem siebzehnten Geburtstag geschenkt hat, mustert ihn und legt ihn sanft wieder auf meiner Brust ab. Seine Finger streifen mein Schlüsselbein, und er zieht ruckartig die Hand weg. Ein Schauer läuft mir über den Rücken.
    »Natürlich mag ich ihn.«
    Er runzelt die Stirn, als ob meine Antwort nicht die sei, auf die er gehofft hat. Ich bin mir nicht sicher, was Beck von mir hören wollte. Es ist schließlich eine Kette, die er mir geschenkt hat. Ich mag sie – sie ist hübsch.
    Ich sehe ihm in die Augen und hole zittrig Luft. Zum ersten Mal in meinem Leben sind mir die staatlichen Vorschriften egal. Ich will, dass Beck mich küsst.
    Er beugt sich dicht über mich, so dass unsere Münder nur noch Zentimeter voneinander entfernt sind. Sein warmer Atem breitet sich fächerförmig auf meinem Gesicht aus. »Er steht dir.«
    Mein Herz rast und pumpt das Blut immer schneller durch meinen Körper, so dass es eine Hitzespur hinter sich herzieht. Ich schließe die Augen, warte darauf, dass seine Lippen meine berühren, freue mich auf das Gefühl. Warte auf alles, was wir, wie ich weiß, nicht tun dürfen, ohne dass ich mich davon abhalten könnte, mir zu wünschen, wir würden es tun.
    In letzter Sekunde, als sich zwischen uns schon elektrische Spannung aufbaut, drehe ich den Kopf weg.
    Meine Augenlider flattern, und ich erhasche einen Hauch von Enttäuschung in Becks Blick, bevor er sein übliches strahlendes Lächeln wieder aufsetzt.
    »Kannst du dich befreien?«, fragt er mit einem Anflug von Schalk, während er mir weiter die Hände über dem Kopf festhält.
    Ich verdrehe die Handgelenke, stoße ihn mit einem kräftigen Ruck von mir und werfe mich auf seinen Rücken. Anders als alle anderen ist Beck nie überrascht über meine Kraft und Sportlichkeit.
    »Natürlich kann ich das.« Ich vergrabe mein Gesicht in seinem Haar.
    »Nicht schlecht, Vögelchen.« Er steht auf, während ich mich noch an seinen Rücken klammere. Er zögert, und eine Sekunde lang glaube ich, dass er mich auf den Boden fallen lassen wird, aber dann packt er meine Oberschenkel und hält mich fest. »Wir sollten frühstücken.«
    Ich bin dankbar, dass er die Röte nicht sehen kann, die sich, wie ich weiß, in meinen Wangen ausbreitet, und bete, dass er nicht spürt, wie mein Herz an seinem Rücken pocht.
    Die Türen der anderen Schüler, die sich jeweils zu vier Jungen oder vier Mädchen ein Zimmer teilen, stehen offen, und es sind keine Stimmen zu hören. Alle müssen bereits beim Frühstück sein, und das heißt, dass Beck und ich zu spät kommen.
    Als wir die Küchentür erreichen, starren uns von den Tischen vierundzwanzig Augenpaare an. Zum Glück hat uns Bethina den Rücken zugewandt.
    Beck lässt meine Beine los, und ich gleite von seinem Rücken und streiche mir den Rock glatt. Es ist mein schwacher Versuch, so zu tun, als ob es völlig normal wäre, auf seinem Rücken zu reiten, und nicht an einen Regelverstoß grenzen würde.
    Regel Nummer eins: Schüler dürfen vor ihrer Bindung keinerlei Intimitäten austauschen.
    »Hört ihr beiden wohl auf, Quatsch zu machen, und beeilt euch gefälligst?« Bethina dreht sich um und reicht Beck einen Teller. Sie hat das dunkle Haar zu einem Knoten hochgesteckt, und im schwachen Licht der Küche wirkt ihre sonst olivfarbene Haut aschfahl. »Ihr sorgt noch dafür, dass alle zu spät zur Schule kommen.«
    Beck nimmt den Teller. »Ach, komm schon, Bethina. Nun sei doch nicht böse! Ich habe nur versucht, Lark zu helfen, ihre Nervosität abzuschütteln. Deswegen kannst du doch nicht sauer auf mich sein, oder?«
    Bethina schlägt mit einem Geschirrhandtuch nach ihm. »Beck Channing, mir ist noch nie jemand begegnet, dem man so schwer böse sein kann!« Er grinst und zieht in gespielter Verlegenheit den Kopf ein. »Jetzt setz dich hin und iss, bevor deinetwegen wirklich noch alle zu spät kommen.«
    Ich zwänge mich zwischen Ryker und Lina. Oder besser gesagt: Lina rückt widerwillig ein Stück beiseite, so dass ich mich hinsetzen kann. Beck nimmt den Platz gegenüber von mir und häuft sich Essen auf den Teller.
    »Ist das alles, was du isst?« Er zeigt auf meinen Teller voller Erdbeeren. »Kein Wunder, dass du so winzig bist.« Er nimmt einen Bissen Pfannkuchen und spült ihn mit Orangensaft hinunter.
    »Ich ernähre mich eben gern gesund.«
    Beck denkt nie darüber nach, was er isst. Wenn man ihm etwas vor die Nase stellt, verschlingt er es widerspruchslos. Er verlagert seine
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