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Eistochter

Eistochter

Titel: Eistochter
Autoren: Dawn Rae Miller
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wohl auch niemand mehr Wert?«, fragt sie verächtlich.
    Beck ignoriert sie. »Komm, Vögelchen, ich habe deine Sachen schon geholt.« Er verschwindet durch die Tür, und ich stehe auf, um ihm zu folgen.
    »Was war das denn?«
    Ich drehe mich zu Kyra um. »Was?«
    Sie kneift die Augen zusammen. »Habt ihr beiden in eurem Zimmer etwas getan, das ihr nicht tun solltet?«
    Hitze breitet sich in meinen Wangen aus. »Nein! Natürlich nicht. Das ist nicht erlaubt.«
    Kyra wendet den Blick ab. »Er ist dein Partner, und ihr werdet bald aneinandergebunden. Warum tut ihr es also nicht? Ich würde es tun, wenn es Maz wäre.« Als sie mich wieder ansieht, merkt man ihr an, dass sie aufgebracht ist. »Ihr teilt euch schließlich ein Zimmer, Lark. Es ist dem Staat egal, ob ihr euch küsst oder all eure Kleider auszieht. Oder sogar im selben Bett schlaft – und das tut ihr, das weiß ich.« Sie schürzt die Lippen. »Natürlich keusch, weil wir ja von dir und Beck sprechen.«
    Sie hat recht. Manchmal steige ich in Becks Bett, aber das tue ich schon, seit wir Kinder waren. Es ist nichts Ungewöhnliches für uns. Aber ich sollte es nicht tun, da niemand sonst es darf.
    »Wir müssen ein Vorbild sein«, murmele ich und schlage die Augen nieder. Kyra weiß, was ich davon halte, etwas Besonderes zu sein. »Bitte erzähl es niemandem.«
    Sie legt mir einen Finger unters Kinn und hebt meinen Kopf. Ihre dunkelbraunen Augen mustern mein Gesicht so forschend, als wollten sie mich herausfordern, den Blick abzuwenden. »Du magst ihn nicht auf die Art, nicht wahr?« Es ist nicht so sehr eine Frage wie eine Feststellung.
    Ich runzle die Stirn. Natürlich mag ich Beck. Ich mag ihn mehr, als ich sollte – zumindest, solange wir noch nicht aneinandergebunden sind. Wenn er in meiner Nähe ist, rast mein Herz, und ich male mir in letzter Zeit viel zu oft aus, wie sich seine Lippen wohl auf meinen anfühlen würden.
    Ich öffne den Mund, um es Kyra zu sagen, aber meine staubtrockene Kehle tut weh, und ich bringe kein einziges Wort heraus.
    Ein Leben ohne Beck ist unvorstellbar.
    Warum kann ich das dann nicht aussprechen?

2
    Bis auf Kyra und mich stehen schon alle am Eingang. Während wir auf Kyra warten, beobachte ich meine Mitbewohner. Nervosität macht sich bei allen breit. Die heutigen Prüfungen entscheiden über unsere gesamte Zukunft: unsere Berufe und darüber, an wen meine Mitschüler nach ihren Geburtstagen gebunden werden. Während ich nur auf einen erstrebenswerten Arbeitsplatz hoffe, machen sich meine Freunde am meisten Sorgen darüber, welche Partner sie wohl bekommen.
    Ich habe Verständnis für ihre Nervosität – Bindungen löst erst der Tod. Es gibt keinen Ausweg, also kann man nur hoffen, dass einem die Auswahl, die der Staat getroffen hat, gefällt. Selbst wenn der Partner stirbt, erlaubt einem der Staat keine neue Bindung, wenn man schon zwei Kinder hat. Das ist ein Teil unserer Politik, die auf ein Nullwachstum der Bevölkerung abzielt.
    In meiner Brust keimt Angst auf, als mir bewusst wird, dass in drei Monaten alles anders sein wird. Der Duft von Bethinas wunderbarem Frühstück wird uns nicht mehr wecken; wir werden nicht einfach den Flur entlanglaufen können, um die anderen um Hilfe bei den Hausaufgaben zu bitten; wir werden nicht mehr zusammen sein.
    Es geht alles zu Ende.
    »Grübelst du?« Beck lässt das Kinn auf meiner Schulter ruhen. Ich schließe kurz die Augen, genieße es, ihn so nahe bei mir zu spüren, und will mehr.
    Ich bin solch eine Heuchlerin! Ich sollte so nicht denken, besonders wenn ich Kyra rate, es auch nicht zu tun. Ich rücke von ihm ab, um ein wenig Abstand zu wahren.
    »Ich habe über die Bindungen nachgedacht.«
    Beck räuspert sich. »Wirklich?«
    »Ja. Weißt du, es ist so bald.«
    Er stupst meine Schulter zustimmend an und fährt mir mit der Hand über den Arm. Ein Schauer durchläuft mich, obwohl ich mehrere Schichten Kleider und eine dicke Jacke trage.
    »Bist du aufgeregt?«, dringt seine Stimme sanft an mein Ohr.
    »Weswegen?«
    »Wegen unserer Bindung.«
    Meine Gedanken rasen drei Monate in die Zukunft, wenn wir aneinandergebunden sein werden und Beck mir gehören wird – für immer. Wenn ich ihm endlich sagen kann, was ich für ihn empfinde, ohne mir Sorgen machen zu müssen, damit gegen Regeln zu verstoßen. Mein Herz macht einen Sprung, als ich spüre, wie Beck sich an mich schmiegt, so dass mein Rücken an seinem Oberkörper ruht. Und dann sperrt sich mein Verstand – die Bilder
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