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Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht
Autoren: Sandra Brown
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bist am Arsch.«

Kapitel 2
    Der Wind ist stärker geworden, und draußen kommt so Eiszeugs runter.« Dutch Burton ließ den Vorhang wieder vor das Fenster fallen. »Wir sollten lieber bald runterfahren.
    »Ich muss nur noch ein paar Fächer leer räumen, dann bin ich fertig.« Lilly zog mehrere Leinenbände aus dem eingebauten Bücherregal und stapelte sie in eine Umzugskiste.
    »Du hast immer geschmökert, wenn wir hier oben waren.«
    »Da hatte ich Zeit, die neuesten Bestseller zu lesen. Hier hat mich nichts abgelenkt.«
    »Außer mir, schätze ich«, sagte er. »Ich kann mich gut erinnern, wie ich dich gepiesackt habe, bis du dein Buch beiseitegelegt und dich mit mir beschäftigt hast.«
    Sie sah von ihrem Sitzplatz auf dem Boden zu Dutch auf und lächelte. Aber sie weigerte sich, in Erinnerungen daran zu schwelgen, wie sie ihre Freizeit in der Berghütte verbracht hatten. Ursprünglich waren sie hergekommen, um an den Wochenenden und in den Ferien dem hektischen Leben in Atlanta zu entfliehen.
    Später wollten sie hier allem entfliehen.
    Sie war dabei, all das einzupacken, was sie an persönlichen Dingen mitnehmen würde, wenn sie heute abfuhr. Sie würde nicht wieder herkommen. Genauso wenig wie Dutch. Dies war das Schlusskapitel - genauer gesagt der Epilog - zu ihrem gemeinsamen Leben. Sie hatte gehofft, dass ihr letzter Abschied so unsentimental wie möglich vonstatten gehen würde. Er schien entschlossen, noch einmal die Straße der Erinnerungen zu beschreiten.
    Es war ihr gleich, ob er die vergangenen Zeiten heraufbeschwor, damit er sich besser fühlte, oder ob er es tat, damit sie sich schlechter fühlte. Sie würde dieses Spiel nicht mitspielen. Ihre guten gemeinsamen Zeiten wurden so von den schlechten überschattet, dass jede Erinnerung alte Wunden aufreißen musste.
    Sie lenkte das Gespräch auf pragmatischere Themen zurück. »Ich habe alle Verkaufsdokumente kopiert. Sie sind in dem Umschlag, zusammen mit einem Scheck über deine Hälfte des Verkaufserlöses.«
    Er sah auf den hellbraunen Umschlag, ließ ihn aber auf dem Couchtisch aus Eichenholz liegen, wo sie ihn abgelegt hatte. »Das ist nicht fair. Dass ich die Hälfte bekomme.«
    »Dutch, wir haben das schon besprochen.« Sie klappte die vier Laschen des Umzugskartons nach innen, um ihn zu verschließen, und wünschte im selben Moment, sie könnte dieses Gespräch genauso leicht abschließen. »Du hast die Hütte bezahlt«, sagte er. »Wir haben sie gemeinsam gekauft.«
    »Aber dein Gehalt hat das erst möglich gemacht. Mit meinem allein hätten wir sie uns nicht leisten können.«
    Erst als sie den Karton über den Boden zur Tür geschoben hatte, stand sie auf und drehte sich um. »Wir waren verheiratet, als wir sie gekauft haben, und wir waren verheiratet, als wir hier waren.«
    »Verheiratet, als wir uns hier geliebt haben.«
    »Dutch…«
    »Verheiratet, als du mir morgens den Kaffee ans Bett gebracht hast und nichts als ein Lächeln und diese Decke am Leib hattest«, sagte er und deutete dabei auf die Häkeldecke über der Rückenlehne des Sessels.
    »Bitte tu das nicht.«
    »Das ist mein Text, Lilly.« Er machte einen Schritt auf sie zu. »Tu das nicht.«
    »Wir haben es schon getan. Vor sechs Monaten.«
    »Du könntest es rückgängig machen.«
    »Du könntest dich damit abfinden.«
    »Ich werde mich nie damit abfinden.«
    »Nur weil du es nicht willst.« Sie verstummte, holte tief Luft und senkte dann die Stimme. »Du wolltest dich nie damit abfinden, Dutch. Du sperrst dich gegen jede Veränderung. Und genau deshalb kommst du nie über irgendwas hinweg.«
    »Ich will nicht über dich hinwegkommen«, widersprach er.
    »Das musst du aber.«
    Sie wandte sich von ihm ab, schleifte einen leeren Karton vor das Bücherregal und begann, ihn mit Büchern zu füllen, wobei sie diesmal weniger sorgfältig war als beim ersten Karton. Inzwischen wollte sie nur noch weg von hier, sonst wäre sie gezwungen, ihn noch mehr zu verletzen, um ihn zu überzeugen, dass ihre Ehe endgültig und unwiderruflich zu Ende war.
    Die minutenlange angespannte Stille wurde vom Rauschen des Windes in den Bäumen rund ums Haus untermalt. Immer häufiger und immer kräftiger schlugen die Äste gegen den Giebel.
    Sie wünschte, er würde vor ihr abfahren, denn es wäre ihr lieber, dass er nicht mehr da war, wenn sie die Hütte verließ. Sie wusste, dass es das letzte Mal wäre und er möglicherweise von seinen Emotionen überwältigt würde. Sie hatte solche Szenen schon
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