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Eiskalte Hand

Eiskalte Hand

Titel: Eiskalte Hand
Autoren: Claudia Muther
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den Ellenbogen hoch und rammte ihn dem verdutzten Mann gegen die Schläfe. Ohne ein Wort zu sagen brach er bewusstlos zusammen. Geschmeidig rollte sich die Angreiferin auf dem Teppichboden ab und kam postwendend wieder in den Stand. Sofort schaute sie sich um. Keine weiteren Wachen. Offenbar rechnete hier niemand mit jemandem wie ihr. Das konnte ihr nur recht sein. Sie packte den bewusstlosen Mann bei den Füßen und zog ihn zur Seite hinter eine Säule. Mit seinem Gürtel fesselte sie ihm die Hände und Füße, aus einem Schal band sie einen Knebel. Das sollte für den Moment reichen.
     
    Wenige Sekunden später stand sie vor einer weiteren Tür. Jetzt würde sie in Cha Ko Nuns Privatgemächer vordringen. Keine einfache Aufgabe. ‚Mia, konzentrier dich!‘, sprach sie sich selber Mut zu. Dann fischte sie aus ihrem Gürtel einen dünnen Draht, den sie sich fachkundig zu recht bog. Ganz behutsam führte sie ihn in das Schlüsselloch ein und bewegte ihn. Erst nach rechts, danach ein wenig nach unten, nun noch im Uhrzeigersinn drehen und mit einem Ruck nach oben. Es machte leise „Klack!“. Für Sekunden erstarrte Mia – bereit auf eine eventuelle Falle zu reagieren. Doch der Überraschungseffekt blieb aus. Mia öffnete die Tür und schlüpfte hindurch. Zielstrebig folgte sie dem Flur, durchquerte einen weiteren Raum und blieb dann zu Beginn eines langen Gangs stehen. Fenster gab es hier nicht. Stattdessen säumten schmale Säulen den Gang auf beiden Seiten. Ganz am Ende erkannte sie eine prächtig verzierte goldene Tür. Das Familienwappen von Cha Ko Nun prangte groß darauf. ‚Nun wird’s heiß!‘
     
    Sehr vorsichtig setzte Mia einen Fuß vor den anderen und machte einen großen Bogen um jede Stelle, die ihr nicht ganz geheuer erschien. Und davon gab es eine Menge auf den wenigen Metern. Fünf Minuten später hatte sie die Tür erreicht. Voller Respekt schaute sie auf das Schlüsselloch. Mit ihrer linken Hand zog sie ein kleines Medaillon aus ihrem Ausschnitt und öffnete es. Darin befand sich ein winziges Plättchen, das matt leuchtete. Direkt vor dem Schlüsselloch zerbrach sie es. Augenblicklich breitete sich ein kaum wahrnehmbarer Nebel von dort aus und füllte den Flur zu mehr als der Hälfte. ‚Hoffen wir, dass der Stille-Zauber auch wirkt.‘, machte sie sich selbst Mut. Um sicher zu gehen, klatschte sie in die Hände. Kein Geräusch. Absolute Stille. So vorsichtig, wie sie gekommen war, ging sie nun ein gutes Stück des Flures zurück. Dann drehte sie sich um. Fast schon lasziv zog sie eine der elfenbeinernen Haarnadeln heraus. Sie war hohl und entpuppte sich als kleines Blasrohr. Aus dem Gürtel fingerte sie ein winziges Geschoss heraus und schob es fein säuberlich in das Rohr. Ohne den Blick von der Tür abzuwenden, setzte sie das Blasrohr an, nahm Maß und schoss. Noch während der kleine Pfeil durch die Luft sauste, warf sie sich nach rechts hinter eine der Säulen, ging in die Hocke und legte schützend die Arme um den Kopf. Im nächsten Moment brach das Inferno los. Der Pfeil hatte das Schlüsselloch exakt getroffen, drang dort ein und löste dabei eine Falle aus. Ein Feuerschwall breitete sich in Sekundenbruchteilen von der Tür in den Gang hinein aus und tauchte weite Teile davon in Flammen und Hitze. Es wirkte gespenstisch auf Mia, wie das alles in absoluter Stille geschah.
     
    Auch um die junge Frau herum wurde es brennend heiß. Ihr Anzug schützte sie ein wenig. Dazu die Säule, an die sie sich kauerte. Wäre die nicht da gewesen, hätte der Feuerstoß sie gegrillt wie ein Hähnchen. Sie hielt die Luft an, zählte bis zwanzig. Nun atmete sie. Immer noch fühlte sich die Luft heiß und stickig an. Aber ihre Lungen wurden nicht gekocht. Dennoch brannte die heiße Luft in ihrem Inneren. Schnell atmete sie wieder aus. Nun schaute sie sich um. Der ganze Flur war schwarz; voller Ruß. Hier und da brannte es leicht. Die Tür hing in Fetzen in ihren Angeln. Das Geschoss hatte ganze Arbeit geleistet. Da sie nicht wusste, wie lange der Stille-Zauber halten würde, lief sie nun hastig zu den Überresten der Tür. Dahinter präsentierte sich ihr ein stilvoll eingerichtetes Arbeitszimmer. Ein mächtiger Schreibtisch dominierte den Raum. Zügig, aber nicht hastig öffnete sie die Schubladen und durchsuchte gezielt die Papiere darin. Jeder Handgriff saß. ‚Bingo!‘ Sie faltete einige Papiere und steckte sie sich in ihren Anzug. Dann lief sie zu einem Leuchter, auf dem vier Kerzen brannten, packte
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