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Eiskalte Hand

Eiskalte Hand

Titel: Eiskalte Hand
Autoren: Claudia Muther
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ihn und schleuderte ihn in ein nahe stehendes Bücherregal. Es dauerte nicht lange, bis die trockenen Folianten Feuer fingen. „Das wird sie eine Weile ablenken.“, sagte sie zu sich selbst und wandte sich einem der Fenster zu. Sie öffnete es und sprang auf die Fensterbank. Doch anstatt nach unten zu klettern, kletterte sie an der Mauer weiter empor bis zum Dach. Als sie oben ankam, hörte sie aus dem Arbeitszimmer Geräusche. Jemand wollte dort nach dem Rechten schauen. Rufe wurden laut, irgendwer schrie um Hilfe. Zügig kletterte Mia weiter und schwang sich aufs Dach. Mit sicheren Schritten überquerte sie das gesamte Dach und machte sich auf der gegenüberliegenden Seite an den Abstieg. In halber Höhe schwang sie sich auf einen Baum, dessen Äste weit ausluden. Inzwischen wurden die Stimmen auf der anderen Seite des Hauses immer lauter. Hätte sie dort die Flucht ergriffen, wäre sie wohl jetzt schon gestellt worden. Konzentriert balancierte sie auf einem Ast entlang, schwang sich auf den nächsten Baum und von dort aus auf den Boden. Noch ein paar Schritte, dann hatte sie die Mauer erreicht. Ein gekonnter Satz, der richtige Griff, etwas Schwung – und sie war auf der anderen Seite angekommen.
     
    Genugtuung blitzte in ihren Augen auf, als sie wenig später die Papiere ihrem Auftraggeber übergab. Die Dinge würden nun ihren Lauf nehmen. Sie hatte das ihre dazu getan. Auftrag erledigt.
     

Kapitel 1
     
     
    Die Nacht ging allmählich zu Ende. Erste Sonnenstrahlen kletterten hinter den Palästen und Türmen Quandalas den Horizont empor und tauchten die Stadt in ein rötlich-goldenes Licht. Es versprach ein schöner Tag zu werden. Für viele stellten solche Momente der Inbegriff von Romantik dar. Nicht für Mia Lin. Gefühle hielt sie für lästig und überflüssig; lenkten nur ab und provozierten Fehler. Und Fehler konnten tödlich sein. Gerade in ihrem Geschäft. So hatte sie schon vor langem gelernt, ihre Gefühle auszublenden und zu unterdrücken; und war gut damit gefahren.
     
    Mia hatte die ganze Nacht damit verbracht, die Örtlichkeiten für einen neuen Auftrag zu erkunden. Nichts Spektakuläres, eher langweilig. Ganz im Gegenteil zu dem Feuerwerk, das sie vor einigen Wochen in Cha Ko Nuns Villa veranstaltet und das mächtig Wirbel verursacht hatte. Sie wusste nicht, was ihre Auftraggeber mit den Papieren anstellen wollten, die sie organisiert hatte. Es interessierte sie kein bisschen. In die schmutzige Politik mischte sie sich nicht ein, auch wenn sie letztlich davon lebte, dass die Adelshäuser des Landes sich bis aufs Messer bekämpften. Und sie lebte nicht schlecht davon. ‚Was soll’s!‘, dachte Mia und zuckte leicht mit den Schultern. Erst mal ‘ne Runde Schlaf.
     
    Inzwischen war die junge Frau bei ihrer Wohnung angekommen. In dem kleinen und unscheinbaren Haus gab es vier Wohnungen. Es lag in einer Seitenstraße, umgeben von wenigen anderen Häusern und viel Grün. Sie bewohnte eine Einzimmerwohnung direkt unter dem Dach. Groß genug für jemanden, der keine Gäste empfing. Zu den anderen Bewohnern hatte sie kaum Kontakt. Man grüßte sich, wenn man sich über den Weg lief. Der ältere Mann, der mit seiner Frau in der Wohnung unter ihr lebte, schaute ihr manchmal mit geilem Blick hinterher, wenn er meinte, dass sie es nicht bemerkte. Mia interessierte es nicht. Männer waren einfach nur primitiv. Fertig! Das Haus entsprach ihrer Wünschen und Vorstellungen. Gut bürgerlich, fast schon spießig. Fensterläden aus Bambus hielten unerwünschte Blicke und die Hitze während der Sommertage fern. Im Vorgarten wuchsen zarte Orchideen zwischen Steinlaternen und Miniaturlöwen. Hier fiel sie nicht auf, hatte ein kleines eigenes Reich. Kein Luxus, alles ganz solide. Reichtum brauchte sie nicht, obwohl sie durch ihre Tätigkeit viel verdient hatte. Geld, das sie sicher verwahrt hatte; für schlechte Zeiten. Freiheit – die war ihr wichtig. Freiheit und Unabhängigkeit. Tun und lassen können, was ihr gefiel. Dazu der Nervenkitzel.
     
    Müde zog Mia den Schlüssel aus der Tasche, öffnete die Tür und trat ein. Hinter sich ließ sie die Tür ins Schloss fallen. Schlagartig schrillten bei ihr die Alarmglocken. Irgendwas stimmte hier nicht. Die Müdigkeit fiel wie ein Schatten von der jungen Frau ab. Instinktiv nahm sie eine Kampfhaltung ein. Langsam und konzentriert ließ sie die Augen wandern. Jeder Millimeter ihres Zimmers wurde regelrecht durchleuchtet. Ihr Bett – der Kleiderschrank – die
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