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Eiskalte Ekstase - ein Frankfurt-Thriller

Eiskalte Ekstase - ein Frankfurt-Thriller

Titel: Eiskalte Ekstase - ein Frankfurt-Thriller
Autoren: Sutton Verlag GmbH
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Scheinwerfer am ausgefahrenen Mast des Beleuchtungswagens muss er sichjedes Mal erst gewöhnen. Es löst eine Fläche in einem Radius von etwa zehn Metern aus der Schwärze des Waldareals, versunken in einem mondlosen Abendhimmel.
    »Hi Cheffe, hier rüber bitte«, ruft Tatjana Kartan. Sie steht inmitten einer Traube von Männern und Frauen, die in weiße Kunststoffanzüge gehüllt sind, um keine Spuren am Tatort zu verunreinigen. Kartan trägt ihre signalrote Daunenjacke, eine schwarze Thermohose und Fellstiefel – was bei der Kälte anscheinend nicht ausreicht, da sie, die Arme eng um den Oberkörper gepresst, permanent auf der Stelle läuft. »Die Gang aus der KTU ist soweit durch. Du kannst dich also frei bewegen.« Mit einer ausladenden Armbewegung winkt sie Devcon zu sich.
    »Wieso hast du Dillinger angerufen?«, fragt er statt einer Begrüßung.
    Sie schüttelt energisch den Kopf, wobei die Wollzöpfe an ihrer Mütze hin- und herwippen. »Nix da, ganz falsch. Er hat mich angerufen. Aber da stand ich schon hier, mitten im Zentrum des Schreckens. Und er dachte wohl, wo wir schon grad so nett plaudern …«
    Devcon wiegelt ab. »Lass gut sein. Und? Wie sieht’s mit Presseheinis aus – schon jemand vor Ort?«
    »Also, da hab ich definitiv auch nicht angerufen. Und bisher hab ich niemanden aus dem Ressort gesehen.«
    »Na, wenigstens eine gute Nachricht. Ist denen vermutlich sowieso zu kalt heut. Aber wie auch immer.« Devcon lässt seinen Blick über das Getümmel schweifen. »Also los, wie ist die Lage?«
    »Differentialdiagnose«, raunt Kommissar Sascha Grafert durch einen über Kinn und Mund gezogenen, grauen Schal. Er war mit Tatjana Kartan in der Mordbereitschaft eingeteilt, als der Leichnam entdeckt wurde. In seinen von der Kälte leicht geröteten Augen beginnt es zu funkeln – beim Gedanken anden am Stock gehenden und zu Zynismus neigenden US-Fernsehseriendoktor, mit dem er seinen Boss derzeit ständig vergleicht.
    »Pass bloß auf, sonst gibt’s gleich den ersten Einlauf«, wispert Kartan.
    »So what! Wartet ihr erst noch auf die Schneeschmelze, oder sagt mir endlich mal einer, was zum Teufel hier passiert ist!«
    »Passiert ist, dass ich selten einen Toten mit so vielen schweren und gleichzeitig vollkommen unterschiedlichen Verletzungen gesehen habe. – Hallo Jim, wie geht es dir?«
    Devcon ergreift die ausgestreckte Hand Dillingers und deutet ein Lächeln an. »Fine, danke Hans.«
    Dillinger lässt seine von der Kälte geröteten Hände wieder in den Taschen seiner dick gefütterten Jacke aus Wachsbaumwolle verschwinden. »Es ist wirklich kaum zu fassen. So viel Zerstörungswut …« Sein sonst so klarer Blick hinter den Gläsern des Titanbrillengestells zeugt von hilflosem Unverständnis. »Dem ersten Eindruck folgend, könnte man sogar denken, dass dieser Mann – denn so viel ist sicher, es ist definitiv ein Mann – also, dass er entweder mit einer Kreissäge, einem riesigen Hobel oder einer Flex bearbeitet worden ist. Und vorher verbrannt ist. Hoffentlich … Aber was rede ich – hol noch mal tief Luft, und dann komm mit und sieh es dir selbst an.«
    Devcon gibt ein zustimmendes Brummen von sich und bedeutet Kartan und Grafert per Kopfbewegung, ebenfalls mitzukommen. Doch der Blick aus Kartans stahlblauen Augen signalisiert ihm unmissverständlich, dass sie dieser Aufforderung nur äußerst widerwillig nachzukommen gedenkt. Demonstrativ langsam setzt sie sich in Bewegung und lässt sich wie Grafert einige Schritte zurückfallen.
    Dillinger, der speziell Tatjana Kartans Reaktion mit Argusaugen beobachtet hat, stößt Devcon in die Seite. »Und, Jim, bist du sicher, dass noch alles in Ordnung ist bei ihr?«, fragt er leise.
    »Mach dir keine Sorgen. Sie hat es inzwischen ganz gut gelernt, mit dem Verlust zu leben.«
    »Das habe ich nicht gemeint.«
    Devcon bleibt stehen. Doch Dillinger zieht ihn sofort weiter. »Nein, Jim, der Tod ihres Bruders …«
    »Und meines Freundes.«
    »… liegt jetzt knapp über ein Jahr zurück. Das ist zwar keine Ewigkeit, aber immerhin. Oder lass es mich so sagen: Verliert ein Baum einen starken Ast, wird er leiden. Aber er stirbt nicht. Denn er wird all seine Lebenskraft in den nächsten Ast fließen lassen, auf dass der wachse und die Lücke ausfülle.«
    Devcon gibt ein Schnauben von sich. »Wow, du hättest Poet werden sollen.«
    »Ich weiß. Und bevor du mir jetzt noch mit eurer kleinen Dienstwaffen-Rochade kommst – mein Gott, jetzt tu bitte
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