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Eisige Schatten

Eisige Schatten

Titel: Eisige Schatten
Autoren: Kay Hooper
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Stimme war tief und wunderschön moduliert, und sie hatte keinen Carolina-Akzent. »Danke, dass Sie mich empfangen.«
    Als sie ihm zweifelnd einen weiteren dieser zurückhaltenden, flüchtigen Blicke zuwarf, erkannte er, dass sie ihn vermutlich für viel älter gehalten hatte. Mehr … wie ein Richter.
    »Es ist mir ein Vergnügen.« Er deutete auf den Stuhl, lud sie ein, Platz zu nehmen, schaute dann mit erhobener Augenbraue zur Tür. »Vielen Dank, Janice.«
    Janice wandte endlich ihren Blick von der Besucherin ab, verließ, immer noch stirnrunzelnd, das Büro und schloss die Tür.
    Ben kehrte zu seinem Stuhl zurück und setzte sich. »Bei uns hier geht es recht ungezwungen zu«, teilte er ihr mit. »Nennen Sie mich Ben.« Seine Stimme, merkte er zu seinem Erstaunen, war immer noch sanft.
    Ein schwaches Lächeln berührte ihre Lippen. »Mein Name ist Cassie.« Ein erneuter rascher Blick in sein Gesicht, dann schaute sie auf die gefalteten Hände in ihrem Schoß. Was auch immer sie ihm mitteilen wollte, fiel ihr offensichtlich nicht leicht.
    »Was kann ich für Sie tun, Cassie?«
    Sie atmete tief ein und ließ den Blick weiterhin auf ihren Händen ruhen. »Wie ich bereits Ihrer Sekretärin sagte, bin ich neu in Ryan’s Bluff. Ich wohne seit knapp sechs Monaten hier. Trotzdem ist das lange genug, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wer in dieser Stadt respektiert wird. Auf wen man … hören wird, auch wenn das, was er behauptet, unglaubwürdig klingt.«
    »Ich fühle mich geschmeichelt«, sagte er, sehr neugierig, aber bereit, sie erst einmal ausreden zu lassen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Sie sind ein Nachfahre der legendären Ryans, die diese Stadt gegründet haben. Sie haben sie nur während Ihrer Collegezeit und während des Jurastudiums verlassen und sind hierher zurückgekehrt, um als Anwalt zu praktizieren. Sie wurden ein bewunderter und hoch angesehener Richter beim Bezirksgericht – offensichtlich in jungem Alter –, entschieden sich aber nach nur ein paar Jahren, zurückzutreten, da Sie Ihre wahre Bestimmung in der Arbeit eines Staatsanwaltes sahen. Sie wurden zum Bezirksstaatsanwalt von Salem County gewählt, und Sie engagieren sich sehr für die Angelegenheiten der Kommune, wie auch für die Lokal- und Bundespolitik. Ihre … Unterstützung würde eine Menge bedeuten.«
    »Meine Unterstützung wobei?«
    Sie beantwortete seine Frage mit einer sachlichen Gegenfrage. »Glauben Sie an das Paranormale?«
    Das kam unerwartet und warf ihn einen Moment lang aus der Bahn. »Das Paranormale? Sie meinen Geister? UFOs? ASW?«
    »Vor allem außersinnliche Wahrnehmung. Telepathie. Präkognition.« Ihre Stimme blieb ruhig, aber sie saß ein wenig zu steif, und ihre verschränkten Finger bewegten sich nervös. Sie warf ihm einen weiteren Blick zu, so flüchtig, dass er nur ein Aufblitzen dieser blassen Augen wahrnahm.
    Ben zuckte die Schultern. »In der Theorie habe ich es immer für Blödsinn gehalten. In der Praxis ist mir nie etwas begegnet, das mich veranlasst hat, meine Meinung zu ändern.« Das war die ziemlich zynische Meinung der meisten Gesetzeshüter, doch das fügte er nicht hinzu.
    Sie wirkte nicht entmutigt. »Sind Sie bereit, die Möglichkeit einzugestehen? Offen dafür zu sein?«
    »Ich hoffe, dass ich dazu immer bereit bin.« Ben hätte ihr erzählen können, dass ihn selbst manchmal Ahnungen überkamen, Eingebungen, die er rational nur schwer erklären konnte, doch er schwieg, weil es eine Eigenart war, der er kaum traute. Dank Ausbildung und Neigung war er ein Mann der Vernunft.
    Nach wie vor sachlich, sagte Cassie: »Es wird ein Mord geschehen.«
    Sie hatte ihn erneut überrascht, diesmal auf unerfreuliche Weise. »Verstehe. Und Sie wissen das, weil Sie übersinnlich sind?«
    Sie verzog das Gesicht, nahm den Unglauben – und den Argwohn eines Staatsanwalts – in seiner Stimme wahr. »Ja.«
    »Sie können in die Zukunft sehen?«
    »Nein. Aber ich habe … den Geist des Mannes angezapft, der beabsichtigt, den Mord zu begehen.«
    »Selbst angenommen, ich würde das glauben, müssen sich Absichten nicht unbedingt in die Tat umsetzen.«
    »Diesmal schon. Er wird töten.«
    Ben rieb sich den Nacken, während er sie anstarrte. Vielleicht war sie eine Spinnerin. Oder vielleicht auch nicht. »Na gut. Wer wird ermordet werden?«
    »Das weiß ich nicht. Ich sah ihr Gesicht, als er sie beobachtete, aber ich weiß nicht, wer sie ist.«
    Ben runzelte die Stirn. »Als er sie
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