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Eisige Schatten

Eisige Schatten

Titel: Eisige Schatten
Autoren: Kay Hooper
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die Gedanken, die sie ihm zu sehen erlaubte.
    Wut stieg höher in ihm auf, heißer, wilder. Nein. Er würde nicht. Er hatte nie …
    Du verlierst.
     
    Ben wusste nicht, wie es ihm gelang, die Stricke so weit zu lockern, dass seine Handgelenke frei kamen. Vielleicht lag es daran, dass dieses Monster wenig Erfahrung darin hatte, seine Opfer zu fesseln, da er sie meist rasch tötete. Vielleicht hatte ihn die Anomalie eines männlichen Opfers abgelenkt und sorglos werden lassen. Oder vielleicht gab seine Verzweiflung Ben einfach eine Kraft, von deren Vorhandensein er nichts gewusst hatte.
    Er schürfte sich dabei die Handgelenke auf, aber seine Hände waren noch funktionsfähig, als er sie aus den Stricken zerrte und sich bückte, um die Fesseln an seinen Fußgelenken aufzuknoten. Er hielt den Blick auf das unbewegliche, nicht ein einziges Mal blinzelnde Monster gerichtet und betete darum, genug Zeit zu haben, die paar Schritte zwischen ihnen zu überwinden, seine Hände um diesen teigigen Hals zu schlingen und das Leben aus diesem Schweinehund herauszuwürgen.
    Cassie.
    Er hatte sie gefragt, was geschehen würde, wenn sie zu tief hineinging, und sie hatte mit einem schwachen Lächeln geantwortet, dass sie nicht zurückkommen würde. Wie tief war sie jetzt? Und was würde passieren, wenn das Monster, in dessen Geist sie gefangen war, starb, bevor sie entfliehen konnte?
    Ben zögerte nur ein Sekunde, und in dieser Sekunde krachte etwas durch das Fenster, und zwei von Matts Deputys lagen auf dem Boden, die Waffen gezückt und auf das Monster gerichtet.
    Und das Monster drehte sich zu ihnen um, mit verzerrtem Gesicht, ein schrecklicher Triumph in dem Blick, den er Ben zuwarf, als er den Arm mit dem glitzernden Messer hob, eine Bedrohung, die jeder Polizist erkennen und auf die er sofort reagieren würde.
    »Nein!«, schrie Ben und sprang von seinem Stuhl hoch. Er kam zu spät.
     
    »Cassie?«
    Im Zimmer herrschte eine so tödliche Stille, dass Bishop die Schüsse durch die offene Leitung des Handys hörte. Sie folgten kurz aufeinander, aber er konnte erkennen, dass es drei waren, und jeder einzelne von ihnen ließ Cassies schlanken Körper zusammenzucken. Dann schlossen sich ihre Augen, ein langer Atemzug entfloh ihr, und sie wurde vollkommen schlaff.
    Bishop lehnte sie zurück an die Sofakissen und fühlte an der Halsschlagader nach ihrem Puls. Der Puls war so schwach, dass er ihn kaum wahrnehmen konnte, und ihre Haut war kalt wie Eis.
    »Cassie?« Er versetzte ihr einen scharfen Schlag auf die Wange und erhielt keinerlei Reaktion. Über die Schulter blaffte er den Deputy an: »Rufen Sie den Notarzt.«
    »Mein Gott«, flüsterte Danny. »Schauen Sie sich ihre Haare an.«
    »Rufen Sie den Notarzt. Sofort! «
10. März 1999
    »Ich habe sämtliche Untersuchungen durchgeführt.« Der Neurologe, den Ben hatte einfliegen lassen, blickte stirnrunzelnd auf sein Klemmbrett. »Die Kernspintomografie zeigt keinen Tumor, keine Blutungen oder Schwellungen im Gehirn. Es gibt keine sichtbare Verletzung oder ein Trauma, keine Krankheit, die wir entdecken können. Sie atmet selbstständig. Das EEG zeigt Gehirnaktivität, wenn auch auf eine Art, die ich ungewöhnlich finde.«
    Bishop, der auf der anderen Seite des Krankenhausbettes stand und aus dem Fenster geschaut hatte, drehte sich zu dem Arzt um. »Wieso ungewöhnlich?« Seine Stimme war kühl.
    Dr. Rhodes schüttelte den Kopf. »Ich meine, da ist Aktivität in einem Bereich des Gehirns, wo es normalerweise wenig oder keine gibt, vor allem während eines Komas.«
    »Ist das ein gutes Zeichen?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte der Arzt unverblümt. »Genauso wenig, wie ich weiß, wie diese weiße Strähne von einem Augenblick zum anderen in ihrem Haar auftauchen konnte. Wenn jemand anderer mir erzählte hätte, dass sie einfach so aufgetaucht ist …«
    »Ich war dabei«, sagte Bishop. »Sie erschien innerhalb von Sekunden, nachdem Cassie ohnmächtig wurde. Begann an den Wurzeln und dehnte sich bis zu den Spitzen aus.«
    Fast wie zu sich gewandt, murmelte der Arzt: »Die medizinische Fachliteratur behauptet, das sei ein Ammenmärchen.«
    »Dann schreiben Sie sie um«, schlug Bishop vor.
    »Das werde ich vielleicht müssen. In verschiedener Hinsicht. Ich verstehe nur nicht, was dieses Koma ausgelöst hat. Einen medizinischen Grund dafür gibt es nicht.«
    Ben, der neben dem Bett saß, mischte sich ein. »Soll das also heißen, Sie haben keine Ahnung, was mit ihr los ist?«
    »Ich
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