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Eisblut

Eisblut

Titel: Eisblut
Autoren: Marina Heib
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Bären jagen wollten, der seit Monaten zwischen Tirol und Bayern Schafe
riss und die Medien beschäftigte, den Zuhälter erwischten sie in einem Puff bei
Schwerin. In beiden Fällen war keine Rede von Entführung, Mord oder sonstigen
Umständen gewesen, für die sie eigentlich zuständig waren. Doch Volker
überhörte die Spitze.
    Â»Im Gegenteil. Könnte schwierig werden«, gab er ruhig zur Antwort.
    Â»Interessiert mich alles überhaupt nicht.« Christian nahm einen
Schluck aus seinem Whiskyglas und stellte es unsanft wieder ab.
    Â»Die Leiche einer jungen Frau. Anfang zwanzig. Du wirst es morgen in
der Zeitung lesen.«
    Â»Ich lese keine Zeitung. Sind doch alles Mistblätter«, sagte
Christian und machte eine große Rochade.
    Â»Sie war grauenvoll verstümmelt. Wie von einem Metzger. Der Mörder
hat ihr …«
    Â»Halt den Rand«, unterbrach Christian ihn unwirsch, »wenn du
glaubst, mich wieder zurückzuquatschen zu dem Verein, dann hast du dich
geschnitten.«
    Â»Will ich nicht, auch wenn es schade ist. Pete holt übrigens gerade
Anna vom Flughafen ab. Nur wegen des Falls, nichts Privates.« Er zog einen
Bauern nach vorne.
    Unwillkürlich hielt Christian, der gerade nach seinem Turm greifen
wollte, in der Bewegung inne: »Wieso das denn?«
    Â»Die Mutter von Karens neuem Assistenten will mit ihr reden.«
    Christian hatte bei Annas Erwähnung kurz die Fassung verloren. Jetzt
zog er seinen Turm und meinte möglichst gleichmütig: »Interessiert mich auch nicht.«
    Volker grinste: »Schachmatt.«
    Gleichzeitig parkte Pete den Wagen vor Annas kleiner
Stadtvilla im Generalsviertel. Bis dahin hatten sie kein weiteres Wort mehr
gewechselt. Er hievte Annas Gepäck aus dem Kofferraum. Dabei fiel sein Blick
auf eine dunkle, quadratische Stelle am steinernen Pfosten rechts vom
Gartentürchen.
    Â»Wo ist eigentlich dein Praxisschild?«, fragte er überrascht.
    Â»Im Müll. Ich war eine lausige Therapeutin.«
    Â»Das stimmt nicht. Es ist bedauerlich, dass du das so siehst.«
    Â»Ab nächster Woche arbeite ich als Dozentin an der Uni. Besser für
mich, besser für meine Patienten.« Anna wollte ihr Gepäck nehmen, aber Pete kam
ihr zuvor. Während Anna aufschloss, blickte er auf die Uhr und nahm sein Handy
heraus.
    Â»Frau Hamidi erwartet uns. Ich sage ihr jetzt ab und verschwinde,
okay? Tut mir leid, dass ich dich damit überfallen habe.«
    Anna zögerte kurz. Dann gab sie sich einen Ruck. Sie sollte ihren
Gespenstern besser entgegentreten, statt sich von ihnen jagen zu lassen. »Trag
das Gepäck rein, lass mich duschen und umziehen. Dann gebe ich dieser Frau eine
Viertelstunde. Mehr nicht.«
    Erleichtert nahm Pete ihr Gepäck auf und lächelte sie an: »Wenn du
willst, schrubbe ich dir zum Dank den Rücken.«
    Â»Lass den Quatsch.«
    Pete folgte Anna stumm ins Haus. Sie bat ihn, das Gepäck nach oben
ins Schlafzimmer zu tragen und öffnete das Wohnzimmerfenster zum Lüften. Der
Anrufbeantworter blinkte und zeigte 38 neue Nachrichten an. Sie ignorierte es.
Auf dem Tisch standen frische Schnittblumen, mit einer Willkommenskarte von
ihrer Mutter. Auch das ignorierte sie. Es ging ihr alles zu schnell. Eigentlich
hatte sie heimlich und in aller Ruhe wieder eintauchen wollen in ihr Hamburger
Leben. In ein neues Hamburger Leben. Aber die Zeichen standen nicht gut.
    Unterwegs zu Frau Hamidi, die in einer typisch
hanseatischen Rotklinkervilla im Grandweg lebte, informierte Pete Anna knapp
über die Leiche der jungen Frau. Er ging nicht ins Detail. Die Leiche war
gestern Morgen auf dem Recyclinghof entdeckt worden. Dabei ein extra verschnürtes
Päckchen mit ihren Kleidern, Schuhen und wenigen anderen Habseligkeiten, die
sie offensichtlich zum Tatzeitpunkt bei sich gehabt hatte. Karen hatte die
Leiche gemeinsam mit Mohsen obduziert und entsetzliche Verstümmelungen
festgestellt. Die beiden bemühten sich seit gestern um eine Identifizierung,
während Eberhard, Volker und Pete mit Tatortbefundberichten, Zeugenaussagen und
Spekulationen der Presse zu tun hatten. Es war ein unergiebiger Tag gewesen.
Mehr wussten sie noch nicht, und mehr wollte Anna auch nicht wissen. Nur so
viel wie nötig, so wenig wie möglich.
    Auf ihr Klingeln öffnete ein junger Mann, der sich als Mohsen Hamidi
vorstellte und Anna herzlich dankte, dass sie sich die Mühe machte, gleich nach
einer
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