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Eisblumen zum Valentinstag

Eisblumen zum Valentinstag

Titel: Eisblumen zum Valentinstag
Autoren: Ewa Aukett
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und jeder erzählte etwas anderes. Jemand sprach von einem Anschlag, ein anderer von einer Explosion, dann sagte jemand es habe einen Unfall in den Twin Towers gegeben. Ein Flugzeug sei hinein geflogen.“ Zitternd holte er Luft. Seine Finger drückten ihre und er starrte konzentriert an die Decke. Erschüttert sah sie, dass er mit sich selbst kämpfte. Er wollte die Kontrolle nicht verlieren, aber die Erinnerungen überwältigen ihn mit jeder Sekunde. „Ich habe sofort Liz’ Nummer gewählt, aber sie ging nicht dran. Stattdessen kam diese dämliche Ansage, sie sei gerade leider nicht erreichbar. Also bin ich zurück ins Haus, hab mich angezogen und bin mit dem Fahrrad losgefahren. Ich wollte sehen, was da los war. Ich wollte Liz da raus holen. Wir wollten doch im Oktober heiraten.“
     
    Kopfschüttelnd schloss Grant die Augen und schluckte hart.
    „Der Verkehr war furchtbar, selbst mit dem Rad kam ich nur mühsam voran, trotzdem war ich nur noch ein paar Minuten entfernt. Die Zwillingstürme ragten vor mir auf und ich sah die dichten Rauchwolken, die aus dem Nordturm schlugen. Ich hoffte, dass Liz auf dem Weg nach unten war. Ich hatte keine Ahnung, dass man den Leuten im Südturm gesagt hatte sie sollten in ihren Büros bleiben. Ständig habe ich mir gesagt, alles sei gut gegangen und ihr würde nichts passieren, sie käme noch raus ... und dann flog das zweite Flugzeug über uns hinweg und in den Südturm hinein.“ Seine Stimme wurde zu einem Flüstern. „Ich kann die Schreie der Menschen um mich herum heute noch hören und wenn ich die Augen schließe, sehe ich das Entsetzen und die Angst in ihren Augen, und ich weiß ich war einer von ihnen. Einer von denen, die dort standen und geschrien haben. In dem Moment wussten wir alle, dass es nicht nur ein unglücklicher Unfall war. Die Polizei sperrte innerhalb von Minuten alles ab, ich kam nicht mehr weiter, nur die Hilfs- und Rettungskräfte wurden noch durchgelassen. Wir konnten bloß da stehen und zusehen und die Zeit schien einfach einzufrieren ... dann stürzte der Südturm ein, und ich wusste einfach, Liz war aus dieser Hölle nicht heraus gekommen.“
    Er öffnete die Augen, aber sein Blick war leer.
    „Eine halbe Stunde später fiel der zweite Turm. Ein Teil von mir hat in den Tagen darauf noch gehofft es würde ein Wunder passieren, aber dem weit größeren Teil war klar, sie war vermutlich schon tot, als sich das Flugzeug in den Südturm bohrte und explodierte. Ich hoffe immer nur, es ging schnell.“
    Kyra spürte, wie ihr eine Träne über die Wange lief.
    „Es tut mir so leid, Grant.“
     
    Er wich ihrem Blick aus und schüttelte leicht den Kopf.
    „Das Schlimmste war, dass ich sie nicht mal richtig beerdigen konnte, weil sie bei den zu identifizierenden Überresten nicht zu finden war. Im Jahr darauf habe ich mich zum Dienst an der Waffe gemeldet, dabei war ich früher Pazifist. Ich wollte diese Wut loswerden, irgendwen oder irgendwas töten. Aber als ich in den Auslandseinsatz geschickt wurde, war mein Durst nach Rache plötzlich fort. Du siehst dort Menschen, die genauso leiden wie in deinem eigenen Land und es sind immer die, die sich nicht wehren können, die zu Schaden kommen. Nie hast du die Chance an jemanden heranzukommen, der die Fäden zieht und du wirst mit deinen Kameraden nur als Kanonenfutter verheizt. Als meine Dienstzeit um war, bin ich in die freie Wirtschaft gegangen. Samantha ... du erinnerst dich an Foggs Sekretärin?“
    Er sah aus dem Augenwinkel, dass sie nickte.
    „Sie ist Liz’ Tante. Sie hat damals dafür gesorgt, dass ich den Job bei Manning Inc. bekam. Mein Glauben an das System und die Gerechtigkeit waren zerstört, also wollte ich wenigstens in kleinem Rahmen irgendetwas verändern können.“
    Bemüht, sich nicht von ihr mitreißen zu lassen, sah er Kyra an. Ihre Augen waren groß und voller Anteilnahme. Sie weinte und plötzlich fühlte Grant sich ausgeliefert.
    Es war unangenehm und gleichzeitig geradezu erlösend.
    Der Kloß in seiner Kehle nahm gigantische Ausmaße an und er zog seine Brieftasche aus der Hosentasche. Vorsichtig entnahm er das angegilbte Foto von Liz und reichte es Kyra. Sie hielt es behutsam zwischen ihren Fingern und schluchzte leise auf.
    „Sie ist blond.“
    „Ja, und sie war genauso chaotisch, emotional und dickköpfig wie du. Nach ihrem Tod habe ich mich nie wieder näher auf eine Frau eingelassen. Flüchtige Begegnungen für eine Nacht waren alles was ich ertrug. Eine Affäre mit
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