Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Peter Schmidt
Vom Netzwerk:
du doch das Ergebnis einer unbefleckten Empfängnis und ich bin gar nicht dein
Vater.«
    Worauf ich
ohne jegliche Verunsicherung erwiderte: »Was einiges erklären würde …«
    Ich war
schon lange der Meinung, dass dieser Mann nicht mein leiblicher Vater sein konnte.
    Und ich
arbeitete daran, das Geheimnis meiner wahren Herkunft zu lüften …
    Eigentlich
war ich guter Dinge, das Problem spätestens bis zu meinem 35. oder 40. Geburtstag
gelöst zu haben. So lange konnte es allerdings dauern, denn mein Alter war ein harter
Brocken. Er ließ sich ungern in die Karten blicken.
    Aber Spaß
beiseite – mein Argwohn rührte wohl eher daher, dass diese Leute so ganz und gar
nichts mit mir gemein hatten. Falls Gene tatsächlich unvorhersehbare Sprünge machen
und ich doch vom selben Fleisch und Blut war, dann musste der himmlische Konstrukteur
am Tag meiner Erschaffung der Trunksucht oder dem genetischen Würfelspiel verfallen
sein.
    »Intelligente
Menschen haben Sinn für eine verlässliche Lebensplanung«, erklärte mein angeblicher
Vater. »Für kluge Voraussagen und hieb- und stichfeste Einschätzungen ihres beruflichen
Werdegangs. Bei dir kann ich nichts davon entdecken.«
    »Intelligente
Menschen? Möchtest du vielleicht zur Bewertung deiner Behauptung eine kurze Aufzählung
haarsträubender Prognosen sogenannter intelligenter Menschen hören?«
    »Nein, danke,
kein Bedarf …« Dabei verzog er sein Gesicht auf diese unnachahmlich mürrische Weise,
zu der nur Menschen fähig sind, die oft keine geregelte Verdauung haben.
    » Die
weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten,
allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren – Gottlieb Daimler, 1901.«
    »Na und?
Jeder kann sich mal irren.«
    » Es gibt
nicht das geringste Anzeichen dafür, dass wir jemals Atomenergie entwickeln können
– Albert Einstein, 1932. «
    »Auch Einstein
hat ein Recht auf seine eigene Meinung.«
    » Ich
glaube, es gibt einen weltweiten Markt für ungefähr fünf Computer – Thomas Watson , 1943 , Präsident von IBM.«
    Pottkämper
senior schwieg, wohl, weil er zu Recht argwöhnte, ich würde jetzt noch zwei oder
drei Tage so weitermachen. Manche Menschen sind von Geburt an beratungsresistent.
Man könnte auch einfach nur wiederholen, was sie gerade gesagt haben, und sie würden
es rundweg abstreiten, einfach aus Prinzip …
    »Oder was
hältst du davon?«, fragte ich. » 640 Kilobyte Arbeitsspeicher sollten eigentlich
genug für jeden sein – Bill Gates, 1981.«
    »Mir ist
klar, dass mein Gedächtnis nicht an deines heranreicht«, erklärte er mürrisch. »Woher
nimmst du bloß die Zeit, den ganzen Schrott auswendig zu lernen?«
    So war mein
Alter! Immer mindestens einen Schritt neben der Sache.
    Alles wäre
viel einfacher gewesen, hätte er nicht in Anfällen von pädagogischem Größenwahn
damit begonnen mir Briefe zu schicken, weil seiner geschätzten Meinung nach Mitteilungen
per Post wirksamer waren als mündliche Belehrungen. Und immer in seiner unsäglichen,
fast unleserlichen Handschrift. Meist befand sich nur ein einziges bekritzeltes
Blatt darin:
    Tu dies
nicht, tu das nicht … Ring dich doch mal dazu durch … Vermeide einfach … Wann kommt
eigentlich der Tag, an dem du …? Werde lieber wie …
    Dann folgte
eine Aufzählung historischer Persönlichkeiten, die alle deshalb so erfolgreich gewesen
waren, weil sie ihre Eltern unterstützt, den ganzen Tag gelernt und ständig auf
die Uhr gesehen hatten, um alle Termine einzuhalten. Willfährige, anpassungsfähige
Zöglinge bis zur Selbstaufgabe, um es klar zu sagen, die niemals die Wäschefächer
ihrer Eltern nach versteckten Pornoheften durchwühlten oder ihre stinkenden Socken
hinter die Couch warfen.
    Oft quoll
unser Hausbriefkasten über von Erziehungsbriefen. Dann hatte mein Alter morgens
einen geschrieben und mittags eine Ergänzung, und am Nachmittag war ihm noch etwas
Neues dazu eingefallen.
    Ich warf
das Zeug immer ungelesen in den Papierkorb, weil sich seine Ermahnungen ständig
wiederholten.
    Manchmal
dachte ich, man sollte den ganzen Mist anonym im Internet veröffentlichen – als
warnendes Beispiel für Leidensgenossen. Vielleicht würden seine pädagogischen Ergüsse
ja sogar zum Bestseller? Gewissermaßen als Nonplusultra aller jemals abgegebenen
Erziehungstheorien. Aber seine Briefe wimmelten von orthografischen und grammatischen
Fehlern und ich war überhaupt nicht dazu aufgelegt, auch nur eine einzige Zeile
davon zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher