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Einst herrschten Elfen

Titel: Einst herrschten Elfen
Autoren: James Barclay
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einmal. Da wäre ihm ein Schlangenbiss fast noch lieber gewesen.
    »Der Wald wird mit jeder Stunde schlimmer«, stöhnte Arshul. »Lässt der Regen denn niemals nach?«
    »Hör du erst mal auf zu jammern! Komm her und hilf mir«, erwiderte Haleth. »Ich kann kaum erkennen, in welche Richtung die Sonne zieht. Du hast bessere Augen als ich.«
    »Na ja, aus deinen werden sowieso bald die Würmer kriechen. Kein Wunder, dass du nichts mehr siehst.« Arshul bezog seinen Posten links neben Haleth und hackte mit fließenden Bewegungen auf das Dickicht ein. Prüfend musterte er das Spiel von Licht und Schatten vor ihnen. »Wir bewegen uns jedenfalls mehr oder weniger in die richtige Richtung. «
    »Gut.« Haleth stolperte über eine verborgene Wurzel und hielt sich an einem Balsabaum fest. »So ein Mist auch.«
    »Wo steckt eigentlich unser Führer? Sildaan hat uns doch einen versprochen.«
    »Die Spitzohren sind gut mit Versprechen, aber nicht so gut, wenn sie sie erfüllen«, erklärte Haleth.
    Keine zehn Schritte vor ihnen raste etwas über den Weg. Ein Wechsel von Licht und Schatten und so schnell verschwunden, wie es aufgetaucht war. Arshul deutete darauf.
    »Das war es«, sagte er mit bebender Stimme. »Ein Gespenst zwischen den Bäumen.«
    »Gefahr voraus«, rief Haleth, dessen Herz auf einmal heftig pochte. »Zehn Schritte, bewegt sich von links nach rechts. Aufpassen, Einauge. Es kommt in deine Richtung.«
    »Alles klar, Meister.«
    Langsamer als zuvor liefen sie weiter und passten genau auf. Haleth hatte das unbestimmte Gefühl, so etwas schon einmal gesehen zu haben, doch bei dem Regen und im Zwielicht inmitten der unglaublich dichten Vegetation konnte er nicht sicher sein.
    Umso stärker war ihm die Anspannung seiner Begleiter bewusst. Mit so etwas hatten sie keinerlei Erfahrung. Seit mehr als hundert Tagen befanden sie sich auf Calaius und bemühten sich, mit dem Klima zurechtzukommen. An den Regenwald aber konnte man sich keinesfalls gewöhnen, und es gab unzählige Gerüchte über die Wesen, die sich unter dem Blätterdach herumtrieben. Haleth kannte sie alle.
    »Noch nichts«, meldete Einauge. »Warte mal – eine Bewegung. Vor uns, fünfzehn Schritte. Haben wir nicht …«
    Der Schrei, der links von Haleth ertönte, zeugte von abgrundtiefer Angst. Vögel flogen auf, und ringsherum bewegte sich etwas im Wald. Hinter ihnen ertönte ein lautes Krachen. Haleth, Arshul und die acht anderen in der mittleren Gruppe drehten sich um und zogen die Schwerter. Haleth wusste bereits, dass von dort kein Feind kam, aber hinter dem Meldegänger konnte durchaus jemand her sein.
    Es war ein junger Mann, dessen Gesicht im schwachen Licht weiß aufschien. Die Waffe hatte er verloren, und mit ihr wohl den Verstand. Er platzte durch die Lianen und stürzte vor Haleth hin.
    »Kuthan!«, klagte der Meldegänger. »Kuthans Kopf … so schnell ging es … nichts gesehen … nichts gehört.«
    »Rede mit mir, Ilesh. Du musst mir schon etwas Brauchbares erzählen.« Haleth kniete nieder und packte Ilesh an den Schultern. Der junge Mann hob den Kopf. »Schon besser. Nun sprich.«
    »Es gibt nichts weiter zu sagen. Kuthan ist tot. Enthauptet. Ich habe nicht einmal etwas gesehen. Aber irgendetwas war da, und dann ist es verschwunden.«
    Ein schriller Klagelaut übertönte das Trommeln des Regens. Zuerst dachte Haleth an ein weidwundes Tier. Dann hörte er, schrecklich nahe, das Rascheln der Blätter. Instinktiv wich er zurück. Ileshs Kopf zuckte heftig nach links, und schon spritzte Haleth das Blut ins Gesicht. Er ließ den Mann fallen, rappelte sich eilig auf und hob das Schwert.
    Etwas steckte in Ileshs Hals. Eine halbmondförmige Klinge mit Einbuchtungen für die Finger an einem Ende. Sie war tief eingedrungen, hatte die Halsschlagader durchtrennt und war in der Luftröhre stecken geblieben. Haleth konnte den Blick nicht von der Waffe wenden. Sildaan hatte ihm davon erzählt. Jaqrui, so hießen sie wohl. Eine Waffe, die sofort verriet, wem sie gehörte.
    »Mist«, schnaufte er. »TaiGethen.«
    Hinter ihm kreischte jemand, dann folgten weitere Schreie und Hilferufe. Haleth drehte sich einmal um sich selbst und bemerkte abermals das Gespenst zwischen den Bäumen.
    »Alle sofort zu mir! Bildet einen Kreis und räumt etwas Gelände frei, verdammt! Stellt euch dicht zusammen auf. Arshul, du bleibst hinter mir. Einauge, komm hierher. Bogenschützen und Magier links von mir ins Zentrum. Los jetzt!« Alle Gesichter waren von Angst gezeichnet.
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