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Einmal Himmelblau und zurueck

Einmal Himmelblau und zurueck

Titel: Einmal Himmelblau und zurueck
Autoren: Andrea Bielfeldt
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als hätten sie nur genau darauf gewartet, einmal über den Rand schauen zu können, und mein ganzer Körper streckt sich John entgegen, um sich nichts, aber auch gar nichts von ihm entgehen zu lassen.
    Es kribbelt in Körpergegenden, in denen es besser nicht kribbeln sollte, doch dagegen kann ich nichts tun. Ich werde noch wahnsinnig. Wenn er nicht sofort damit aufhört, dann vernasche ich ihn an Ort und Stelle. Mitten in der Nacht. In der Eiseskälte. Auf der Straße.
    Seine Lippen verlassen die meinen, als hätte er gehört, was ich denke. Ich werde rot, das Blut schießt mir ins Gesicht und ich bin froh, dass es nicht heller Tag ist. Vielleicht wirkt die Beleuchtung, unter der wir engumschlungen stehen, ja wie Kerzenschein. Zumindest möchte ich das glauben. Ich öffne langsam die Augen und schmachte ihn mit verklärtem Blick an. John lächelt. Wie immer.
    Seine Hand hält meinen Nacken sanft umfasst. Ich bewege den Kopf, möchte seinen Druck spüren und mich hineinkuscheln.
    »Du küsst gut.« Was? Habe ich das grade wirklich gesagt? War diese Stimme gerade meine ? Ich beiße mir erschrocken auf die Lippen. Blamage Nummer vier. Herzlichen Glückwunsch, Jo. Sie haben Ihr Ziel erreicht: Wie vertreibe ich einen Mann in vier Schritten. John aber lacht.
    Leicht beugt er den Kopf zu mir hinunter, zwinkert mir zu und flüstert: »Nicht besser als du.« Schachmatt. Wo ist der Pastor? Ich will ihn heiraten. Auf der Stelle!
    Eine solchen Mann kann ich mir nicht entgehen lassen und ich setze alles auf eine Karte. Wenn schon blamieren, dann richtig. Ich denke weder daran, dass seine Tasche noch in meiner Wohnung steht, noch daran, dass wir uns eigentlich überhaupt nicht kennen. Aber muss man das? Im Blockbuster kennen die Paare sich auch nie länger als vierundzwanzig Stunden, bevor sie entweder übereinander herfallen, sich gegenseitig die große Liebe schwören oder in Las Vegas vor dem Traualtar stehen.
    Ich schaue mich um. Sollte mir jetzt ein Elvis-Verschnitt über den Weg laufen, dann wäre unser Schicksal besiegelt. Aber es läuft nur ein angetrunkener Halbstarker an uns vorbei, der auf seinem Smartphone herumtippt. Okay. So wird das nichts. Ich muss es alleine tun. Und bevor ich nachdenken kann, bevor ich mir über die Konsequenzen meines Handelns klarwerden kann und bevor ich den Mut verliere, trete ich einen Schritt vor ihn, halte seine Hand und sage:
    »Auf dich habe ich gewartet. Wer es schafft, dass ich mich blamiere, mich aber gut dabei fühle, der ist es wert, vom Fleck weg geheiratet zu werden.« Ich mache eine theatralische Pause und versuche, witzig zu klingen, als ich weiterspreche. »John ohne Nachnamen. Möchtest du mein Mann werden? Ich verspreche dir, dich jeden Winter mit Glühwein zu versorgen, dir mindestens einmal die Woche ein Steak vorzusetzen und immer kalte Finger zu haben, damit du sie wärmen kannst. Na, was sagst du dazu? Deal?« Ich strahle ihn an. Und muss ziemlich bescheuert dabei aussehen, aber das ist mir in meiner Euphorie völlig egal.
    Ich warte darauf, dass er sich vor Lachen biegt, mich hochhebt und herumwirbelt, mir an die Stirn fasst und mir sagt, dass ich spinne, doch damit, was wirklich passiert, habe ich nicht gerechnet.
    Sein Lachen verschwindet. Seine Augen verlieren ihren Glanz und seine ganze Mimik spiegelt plötzlich Traurigkeit wider. Ohne ein Wort hebt er seine linke Hand und schaut mich an wie ein geprügelter Hund. Mein Blick bleibt an dem Ring hängen und ich fasse es nicht. Will es gar nicht hören, denn ich weiß schon, was er sagen wird, bevor er den Mund öffnet. Nein!
    Ich kneife die Augen zusammen, halte mir die Ohren zu, drehe mich weg und singe stumm den Text von Shadow of the day .
    Ich möchte mir in den Allerwertesten treten. Zwar sollte die Aktion witzig und als Gag gemeint sein, doch ein Funken Wahrheit steckte schon darin. Das ist mir klar. Und ihm auch. Sonst würde er mich nicht so traurig angucken.
    Ich muss das erstmal verdauen.
    Ohne zu überlegen, ohne zurückzublicken, laufe ich los, die Straße entlang und immer weiter. Ob er mir hinterher kommt oder nicht – das ist mir gerade herzlich egal.
    Ich brauche jetzt erstmal einen Schnaps. Einen doppelten! Sofort!
     

        Doppelt hält besser
    Ich stemme mich gegen die schwere Tür vom Brauhaus . Tränenverhangen schnalle ich nicht, dass ich es mit einer Kneipentür zu tun habe und die in der Regel nach außen aufgeht. Es ist ja nicht so, dass ich genau diese Tür zum ersten Mal
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