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Einmal Himmelblau und zurueck

Einmal Himmelblau und zurueck

Titel: Einmal Himmelblau und zurueck
Autoren: Andrea Bielfeldt
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Decke gegangen, war stinksauer. Doch ich war endlich frei.“ Er grinst gequält. „Das Ende vom Lied war, dass er mich enterbt hat und ich mittellos in die Staaten ging. Vom Tellerwäscher zum Millionär hat nicht ganz geklappt, aber ich war dort bis vor Kurzem als Personal Trainer gefürchtet«, erzählt er und lacht kurz, bevor er wieder ernst wird. „Seitdem haben wir keinen Kontakt mehr.“
    »Das ist traurig«, sage ich und werde nachdenklich.
    »Ja, aber es ging nicht anders. Er wollte mich immer nur kontrollieren. Ich habe mich nur gewehrt. Wir hatten noch nie ein enges Verhältnis zueinander. Leider.« Er sieht traurig aus. »Wie kommst du mit deinen Eltern klar?«, lenkt er von seinem Leben ab.
    »Meine Eltern und ich telefonieren regelmäßig. Sie leben in London. Mein ...« Ich stocke, trinke einen Schluck von meinem Bier und spreche dann weiter, auch, wenn es mir schwerfällt. Aber vielleicht, denke ich, hilft es ein wenig. »Mein Dad hatte vor einem knappen Jahr einen schweren Unfall.«
    »Autsch.« Er legt sein Besteck beiseite, greift nach meiner Hand und drückt sie sanft. »Das tut mir unheimlich leid.«
    »Danke«, sage ich. »Es … Es hat gedauert, aber mittlerweile geht es ihm wieder gut. Aber es gab eine Zeit, in der wir dachten, dass wir ihn verlieren würden. Die Ärzte haben ihn lange im Koma behalten, damit sein Körper sich regenerieren konnte. Es war … Es war wirklich, als wäre er tot. Aber jetzt geht es ihm Gott sei Dank wieder besser.«
    »Den Verlust eines geliebten Menschen zu verkraften, ist nicht einfach«, sagt er mit seltsam belegter Stimme. »Ich freue mich, dass er es geschafft hat.«
    »Danke.«
    »Sind deine Eltern deswegen nach London gegangen?«
    »Nein. Wir haben schon vorher einige Jahre dort gelebt. Alle zusammen. London ist toll. Ich liebe diese Stadt, aber ich ... ich konnte nicht mehr bleiben. Ich musste fort von ...« Jetzt komme ich ins Straucheln. Das ist der Punkt, an dem ich nicht weiß, ob ich weitersprechen soll. John ist ein Fremder für mich, so gesehen. Kann ich ihn mit dieser Geschichte belasten? Ist das nicht ein bisschen zu viel für den Anfang? Bin ich überhaupt bereit, darüber zu reden? Ich horche kurz in mich hinein. Nein, beschließe ich. Das bin ich nicht. Und ich kriege die Kurve, indem ich einen Hustenanfall vortäusche. Es wirkt. John fragt nicht nach. Das Thema ist abgeschlossen.
    Während des Essens unterhalten wir uns über Belangloses, amüsieren uns über fremde Leute, über sein Missgeschick mit dem Kaffeeautomaten in der Glühweinbude und darüber, wie hart der Winter in Kanada sein kann.
    »Da kommst du mit Jeans und Parka nicht weit, was?«
    »Nein, da laufe ich weitaus dicker eingepackt herum. Besonders, wenn ich Eisangeln gehe.« Und schon ist wieder eine Stunde vergangen. Es ist so schön, ihm zuzuhören und ich genieße es, Dinge über ihn und aus seinem Leben zu erfahren. Ich möchte ihn kennenlernen, möchte ihn verstehen und einschätzen können. Und ich hoffe inständig, dass wir noch viel, viel Zeit miteinander verbringen können.
    Mir fällt auf, dass ich noch immer nicht weiß, wo John eigentlich wohnt. Aber der Abend ist noch jung und daher mache ich mir keine Sorgen darüber, sondern freue mich darauf, im Laufe der nächsten Stunden noch viele Dinge über ihn und sein Leben herauszufinden.
    Ich hoffe nur, dass sein Herz keiner anderen gehört. Zwar hat er mich geküsst, mich mit seinen Blicken tief berührt und auch sein Gepäck steht in meiner Wohnung, aber weiß ich, wie es wirklich in ihm aussieht?
    Hallo Jo! Denk mal nach! Wie lange kennt ihr euch jetzt? Weiß er denn, wie es um deine Gefühle steht? Nein. Es könnte ein One-Night-Stand werden oder auch auf was Ernsteres hinauslaufen. Warte ab und lass es auf dich zukommen!
    John mag Steak und Pizza. Er liebt das deutsche Bier und mag deutsche Frauen, wie er schmunzelnd zugibt. Dabei zwinkert er mir zu. Ich schmelze.
    Sein Traum ist es, Familie zu haben. Irgendwann mit einer Frau und einem Haufen Kinder in einem schönen Haus zu leben, einen Hund und ein paar Pferde zu halten. Das ist seine Definition von Glück. Faszinierend und gleichzeitig etwas, worüber ich nachdenken muss.
    Ich habe mir schon lange keine Gedanken mehr darüber gemacht, was ich eigentlich will. Familie? Fehlanzeige. Nach dem Desaster der Vergangenheit habe ich davor viel zu große Angst. Man soll niemals nie sagen, aber die letzten Jahre war das nicht mein Thema.
    »Was kann man hier noch
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