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Einmal Himmelblau und zurueck

Einmal Himmelblau und zurueck

Titel: Einmal Himmelblau und zurueck
Autoren: Andrea Bielfeldt
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öffne.
    Bevor ich gänzlich an dieser Aufgabe verzweifeln kann, greift ein Arm von hinten um mich herum. Er schiebt mich sanft zur Seite, zieht die Tür auf und dirigiert mich hinein ins Warme. Ich brauche nichts zu sehen, um zu wissen, dass John mir gefolgt ist. Seinen Geruch werde ich vermutlich für den Rest meines Lebens in meiner Nase gespeichert haben. Auch wenn er mich nicht heiraten wird.
    Ich steuere direkt auf den großen Tresen zu. Tom hat Dienst und ich werfe ihm einen von diesen Blicken zu, die nur eins bedeuten: Schweig!
    Er zieht die Augenbrauen nach oben, sagt aber nichts. Er kennt mich mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass alles andere nach hinten losgehen könnte.
    Tom macht gerade meinen Dienst, denn diesen Sonntag hatte ich mir ja extra freigenommen ... Hat doch toll geklappt. Nach dem Desaster eben auf der Straße frage ich mich, ob heute eine Schicht im Brauhaus nicht besser für mich gewesen wäre.
    Ich setze mich auf den Barhocker, lege meine Hände auf den Tisch und starre Tom an. »Einen Sambuca. Einen doppelten«, höre ich mich sagen.
    »Zwei.« John hebt die Finger und zeigt Tom, wieviel er unter zwei versteht. Tom runzelt die Stirn, sagt aber immer noch nichts. Er greift gar nicht erst zu den Schnapsgläsern, sondern füllt gleich zwei Wassergläser jeweils zur Hälfte mit Sambuca. »Kaffeebohne?«, fragt er John, doch der schüttelt den Kopf. Wieder ein Pluspunkt, denke ich. Sambuca trinkt man in meinen Kreisen ohne.
    Tom stellt die Gläser vor uns ab. John sitzt jetzt neben mir, ich kann seine Schulter an meiner spüren, was es nicht einfacher macht. Aber ich setze alle Hoffnungen in das Getränk vor mir.
    Ohne ein Wort nehme ich mein Glas, schließe die Augen und kippe mir ein halbes Wasserglas mit 38%-tigem Alkohol auf Ex die Kehle runter. Bah, brennt das!
    Mit einem lauten Knall stelle ich das Glas auf den Tresen zurück. Ich öffne die Augen. »Noch einen«, krächze ich und schiebe Tom das Glas entgegen. Seine Augenbraue wackelt, doch ganz Barkeeper hält er den Mund und schenkt nach.
    Ich schaue nicht nach rechts. Es reicht mir, ihn neben mir zu spüren. Ansehen muss ich ihn nicht. Noch nicht. Vielleicht gleich. Das Glas mit frischem Sambuca schmiegt sich wie von allein in meine Hand. Der Gang zum Mund ist nur noch reine Formsache. Bäm!
    »Hast du jetzt genug?« Ich würde dieser Stimme ewig zuhören, wenn sie nicht so blöde Fragen stellen würde.
    Nein! Ich habe nicht genug. Ich will mich ins Koma saufen und alles vergessen, was ich heute Abend erlebt habe. Und gerade will ich mich zu ihm herumdrehen, um ihm das in aller Deutlichkeit an den Kopf zu werfen, da bricht es aus mir heraus. Blamage Nummer sechs. Ich fange an zu heulen.
    Oh. Mein. Gott.
    Nachdem Tom sich dezent zurückgezogen hat, steht John auf, schiebt seinen Barhocker beiseite und zieht mich sanft an seine Brust. Ich lasse es geschehen.
    Als ich versuche, ein paar zusammenhängende Wörter herauszubringen, schniefe ich und sabbere seine Jacke voll. Es gelingt mir nicht. Ob es am Alkohol liegt oder an seiner Nähe, kann ich nicht sagen. Fakt ist, dass ich besser die Klappe halte, bevor Blamage Nummer sieben auf dem Fuße folgt.
    Langsam versiegt der plötzliche Tränenstrom und John hält mir ein Taschentuch hin. Dankbar nehme ich es entgegen und putze mir die Nase. Einen Blick auf Augenhöhe mag ich noch nicht riskieren. Vermutlich sehe ich fürchterlich aus. Verheulte Augen, zerlaufene Wimperntusche, verschmierter Lippenstift. Super. Die Traumfrau schlechthin. Kann man das schon als Blamage Nummer sieben ansehen? Ich entscheide mich dagegen, denn dafür bräuchte ich erst einen Blick in den Spiegel. Gute Idee!
    Ich murmele etwas von Nase pudern oder so und befreie mich aus Johns Umarmung. So lässig wie möglich fliehe ich in Richtung der Toiletten. Nach dem ersten Blick in den Spiegel stelle ich fest, dass mein Gegenüber gar nicht so schlimm aussieht wie erwartet. Nein. Schlimmer.
    Meine Mütze ist verrutscht, so dass meine Haare strähnenweise aus ihr heraushängen. Schnell richte ich meine geliebte, selbstgestrickte Wollmütze und verstecke meine Locken wieder unter ihr. Besser. Ich durchsuche meine Tasche nach meinem schwarzen Kajal, mit dem ich meine Augen wieder einigermaßen herrichten kann. Die verlaufene Wimperntusche kann ich nur vorsichtig fortwischen. Noch schnell ein bisschen Gloss auf die Lippen getupft. Fertig.
    Nach dem Händewaschen setze ich mich auf die breite Ablage vor dem Spiegel und
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